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Koscher leben...
Jüdische Weisheit
 
 

70. Jahre nach dem deutschen Einmarsch in Prag
Wirtschaftsverbrechen: Der Fall "Böhmische Escompte-Bank"

Vor siebzig Jahren wurde die "Tschechei" zerschlagen:
Protektorat Böhmen und Mähren

..."Eins, zwei, drei, endlich ist's vorbei
- mit der "Mist-Tschechei",
und nach dem ersten Tank
- kommt die Dresdner Bank!"...

..."Sehr geehrter Herr Dr. Rasche! Wir hören aus unserem Kundenkreis einen kleinen scherzhaften, für Sie aber sehr schmeichelhaften Vers: Wer marschiert hinter dem ersten deutschen Tank? Das ist der Dr. Rasche von der Dresdner Bank!
Dieser nette Vers wurde... soeben anläßlich einer Unterhaltung... über unsere Affiliationen, die einen außergewöhnlichen Umfang angenommen haben, mitgeteilt."...

So schrieb die Filialdirektion Krefeld der Dresdner Bank AG im Herbst 1943 an jenes Vorstandsmitglied der Berliner Zentrale, das für die westdeutschen Filialbezirke, aber auch für Belgien, Holland, die Baltischen Staaten und die Tschechoslowakei (»Protektorat Böhmen und Mähren«) zuständig war.

Was sie nicht wußte: der Vers, den sie kolportierte, war wahrscheinlich vier Jahre zuvor als Refrain zu einem Spottlied der tschechischen Widerstandsbewegung entstanden. Und er bezog sich ursprünglich auf ein Ereignis, über das es in einem tschechoslowakischen Regierungs-bericht heißt:

»Am Tage der Besetzung Prags durch das deutsche Militär, am 15. März 1939, erschien in der Böhmischen Escompte-Bank der Direktor der Dresdner Bank Reinhold von Lüdinghausen mit einem Stab von Mitarbeitern mit der Begründung, daß die Dresdner Bank die Böhmische Escompte-Bank übernehme. Die jüdischen Mitglieder des Vorstandes wurden aufgefordert, ihre Funktionen niederzulegen und die übrigen Funktionäre wurden der Leitung der Vertreter der Dresdner Bank unterstellt.«

Karl Rasche war bei der Besetzung der Bank nicht anwesend. Aber er begann sofort im Hintergrund zu handeln. In den Berichten der Verfolgten als eiskalter Geschäftsmann und raffinierter Diplomat beschrieben, trieb er ein Spiel, das er schon vor der Annexion der Westprovinzen der Tschechoslowakei (»Sudetengebiete«) im Herbst 1938 zusammen mit leitenden Beamten des Reichswirtschafts- und -finanzministeriums sowie der Reichsbank eingefädelt hatte. Der Einsatz war hoch. Es ging um die »Übernahme« eines tschechischen Bankinstituts, an dem die Dresdner Bank keinerlei Beteiligungen hatte, zum Nulltarif. Einen Monat vor der Besetzung der »Rest-Tschechei« hatte ein Spitzenbeamter des Reichsfinanzministeriums in einer Aktennotiz festgehalten, was den Generalreferenten Hans Kehrl Im Reichswirtschaftsministerium bewogen hatte, den Plan der Dresdner Bank gutzuheißen:

»Die Gründe, die für das Reichswirtschaftsministerium maßgebend sind, ein großes deutsches Bankinstitut in Prag unter deutschen Einfluß zu bringen, sind neben der... Betreuung der deutschen Industrie die Ermöglichung der Einschaltung bei den in der Tschecho-Slowakei bevorstehenden Arisierungen, die sicherstellen soll, daß der Jüdische Besitz in deutsch-arische Hände überführt wird, und die Anbahnung von Beziehungen nach dem Südosten. Die Auswahl der Böhmischen Escompte-Bank erklärt sich noch besonders daraus, daß diese über wertvolle deutsche Beteiligungen in der Tschecho-Slowakei verfügt ...« »Deutsch« besagt in diesem Zusammenhang nur, daß es in der Bank und den Industrieunternehmen einige deutsch sprechende Direktoren tschechoslowakischer Nationalität gab, auf deren Kollaborationsbereitschaft man baute.

Die Prozedur des »Erwerbs« selbst war ein Gemisch aus Erpressung, abenteuerlichen Devisenoperationen und Währungsmanipulationen. Im Herbst 1938 »übernahm« die Dresdner Bank die »Sudeten«-Flialen der Böhmischen Escompte-Bank und brachte dabei neben einem Reichsmarkbetrag von unbekannter Höhe 80.000 Pfund Sterling in ihr Portefeuille. Dem damaligen Umrechnungskurs (1:12) zufolge waren etwa eine Million Reichsmark für diese englischen Noten zu bekommen. Mit Erlaubnis des Reichswirtschaftsministeriums tauschte die Dresdner Bank jedoch nicht zu diesem amtlichen Kurs, sondern in blockierten Reichsmarkbeträgen (»Sperrmark«), die erheblich abgewertet waren -in diesem Fall 10:1 -, und erhielt so zehn Millionen Sperrmark. Mit diesem Betrag ging sie dann zur tschechoslowakischen Nationalbank, bei der die Reichsbank inzwischen die Übernahme aller im »Sudetenland« sistierten tschechischen Kronen mit unbeschränkter Konvertierbarkeit zu einem extrem überbewerteten Reichsmarkkurs erzwungen hatte, und tauschte den Sperrmarkbetrag in 125 Millionen tschechische Kronen ein. Ohne einen Pfennig aus den eigenen Depots lockerzumachen, hatte die Dresdner Bank die Sudetenfilialen der Böhmischen Escompte-Bank »gekauft«. Die verbleibende Summe tschechischer Kronen war so groß, daß auch gleich noch von den wichtigsten Industriebeteiligungen der Böhmischen Escompte-Bank im »Sudeten«gebiet (Poldihütte und Brünner Maschinen) Minderheitsbeteiligungen von je 25 Prozent des Aktienkapitals »erworben« werden konnten.

Bis zum Münchner Abkommen war die Böhmische Escompte-Bank ein wohlfundiertes Institut mit einem Eigenkapital von 130 Millionen tschechischen Kronen gewesen. Erst nach der Herauslösung ihrer Filialen und Industriebeteiligungen Im westlichen Grenzgebiet der CSR war sie in Schwierigkeiten geraten. Auf just diese politisch erzwungene Bilanzverschlechterung setzten die führenden Köpfe der Dresdner Bank, Carl Goetz und Karl Rasche, als sie seit dem Oktober 1938 die nächsten Schritte planten und dann von der Ministerialbürokratie im Februar 1939 grünes Licht erhielten.

Da die Dresdner Bank ja noch immer keine Aktienbeteiligung an der Böhmischen Escompte-Bank hatte, konnte sie eine Majorität nur gewinnen, wenn sie das Kapital der tschechischen Bank unmittelbar nach der Besetzung und Übernahme der Leitung zusammenlegte und anschließend mit »eigenen« Geldern wieder aufstockte.

So geschah es: unter der Regie des selbsternannten Verwaltungsrats-präsidenten Rasche wurde nach der Besetzung das Stammkapital von 130 Millionen tschechischen Kronen auf 32,5 Millionen herabgesetzt und unmittelbar danach wieder auf 100 Millionen erhöht. Die Gelder für diese Zweidrittel-Beteiligung erhielt die Dresdner Bank auch diesmal von der Tschechischen Nationalbank, die ein Reichsbank-Kommando ebenfalls am 15. März 1939 besetzt und ihrer Gold- und Devisenreserven beraubt hatte. Weitere Millionenbeträge von tschechischen Kronen wurden für den »Erwerb« der noch verbliebenen Industriebeteiligungen der Böhmischen Escompte-Bank und für die Enteignung jüdischer Unternehmen mobilisiert, darunter allein 160 Millionen tschechische Kronen, um französische und belgische Beteiligungen auszukaufen.
Alles in allem hatte die Dresdner Bank zwischen September 1938 und Frühjahr 1940 die Böhmische Escompte-Bank und zusammen mit ihr Schlüsselsteilungen in der tschechoslowakischen Industrie zu einem Betrag von etwa 500 Millionen tschechischen Kronen »erworben«. Das eigene schmale Portefeuille war weitgehend unangetastet geblieben. Die Hauptmasse der Vermögenswerte war der Bank von den deutschen Kommissaren der Tschechischen Nationalbank zugewiesen und teilweise mit Hilfe von kombinierten Sperrmarktransaktionen zu zusätzlichen Devisenmanipulatfonen benutzt worden. Die Kapitalvermögen, die die Dresdner Bank auf diese Weise unter ihre Kontrolle brachte, wurden fast vollständig der Substanz der tschechoslowakischen Volkswirtschaft entnommen.

Der Einsatzstab der Dresdner Bank wußte also, warum er sich zusammen mit der Einsatzgruppe der Deutschen Reichsbank hinter die ersten deutschen Panzerspitzen begeben hatte. Was im März 1939 in Prag geschah, war ein unerhörtes Ereignis, das es in dieser Kombination von offener Gewalt, Erpressung, Währungsmanipulation und Devisentransaktionen noch nie gegeben hatte. Bis zum Beginn der Blitzkriegsoperationen 1938/39 galten die Bankiers des »Dritten Reichs« im großen und ganzen noch als Leute, die auf Formen und Diskretion achteten und den freilich schon beträchtlich angeschwollenen schmutzigen Teil ihrer Geschäfte mit einem dichten Schleier der Geheimhaltung umgaben. Was hatte die Dresdner Bank dazu bewogen, sich nun derart sichtbar zu exponieren? Was hatte ihre Spitzenmanager veranlaßt, nicht wie die anderen Großbankkollegen zu warten, bis sie die wirtschaftspolitischen Früchte der Nazi-Eroberungen einheimsen konnten? Warum haben sie 1938/39 bei der wirtschaftspolitischen Planung der ersten Blitzkriegseroberungen an führender Stelle mitgemacht? Und warum machte dieses Verhalten danach allgemein Schule?

Wir leben sieben Jahrzehnte nach diesen Ereignissen, und die Distanz zu ihnen wird immer größer. Unmittelbar nach dem Kriegsende war es noch anders. Eine Arbeitsgruppe der amerikanischen Militärregierung versuchte, den Geheimnissen der Dresdner Bank AG auf die Spur zu kommen. Sie schloß ihre Untersuchungen Ende April 1946 mit einem Bericht ab, der sich über weite Strecken wie ein Kriminalroman über ein gigantisches Wirtschaftsverbrechen liest.

Mit der Veröffentichung der OMGUS-Akten wurde versucht, die Untersuchungsergebnisse unter Zuhilfenahme heute zugänglicher Urkundenbestände wirtschaftsgeschichtlich zu vertiefen.
buchhandlung-greno.de.

Siehe dazu auch "Geteilte Erinnerung", von Samuel Salzborn

O.M.G.U.S.
OFFICE MILITARY GOVERNMENT FOR GERMANY; UNITED STATES
FINANCE DIVISION - FINANCIAL INVESTIGATION SECTION

Militärregierung der Vereinigten Staaten für Deutschland
Finanzabteilung - Sektion für finanzielle Nachforschungen
Ermittlungen gegen die Deutsche Bank (1946/1947)

[Diskussion]


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