Nur wenige Juden in
Mittel- und Osteuropa haben den Holocaust überlebt. Die meisten von ihnen
leiden bis heute an physischen und psychischen Spätschäden der Verfolgung.
Die Überlebenden des Holocaust in den nach 1945 kommunistisch regierten
Ländern Mittel- und Osteuropas sind nach 1945 ohne jede Entschädigung
geblieben. Während des Kalten Krieges verweigerte die Bundesrepublik
Deutschland jede Zahlung an die überfallenen Länder Mittel- und Osteuropas.
Erst nach der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten hat die
Bundesregierung der Einrichtung von Stiftungen in Polen, Weißrußland, der
Russischen Föderation und der Ukraine zugestimmt. Die hierbei von der
deutschen Regierung zur Verfügung gestellten Summen von 500 Millionen DM
(Polen) und 1 Milliarde DM (GUS) ermöglichen den dort eingerichteten
Stiftungen lediglich die Zahlung einmaliger Beträge von wenigen hundert bis
maximal einigen tausend Mark. Dies ist angesichts des den Verfolgten dieser
Staaten zugefügten Unrechts nicht mehr als ein Almosen. Die Überlebenden
brauchen zur Sicherung ihrer Menschenwürde verläßliche monatliche
Rentenzahlungen.
Eine angemessene Entschädigung der
Überlebenden des Holocaust in Mittel- und Osteuropa ist überfällig!
Der Jewish Claims Conference als Vertretung
der jüdischen Verfolgten gelang es, wenigstens für diejenigen Überlebenden
aus Mittel- und Osteuropa, die ihre Heimatländer inzwischen verlassen haben
und heute in Deutschland, |
den USA, Australien
oder Westeuropa leben, Härtefonds zu erstreiten. Überlebende, die mindestens
sechs Monate in einem Konzentrationslager inhaftiert waren oder die
mindestens 18 Monate in einem Ghetto festgesetzt wurden oder unter
menschenunwürdigen Bedingungen versteckt leben mußten, können aus diesen
Fonds einmalig 5.000 DM sowie monatlich 500 DM erhalten. Diese Möglichkeit
gilt jedoch nicht für diejenigen, die in Mittel- und Osteuropa geblieben
sind bzw. dorthin zurückkehren. Das
bedeutet:
Nachdem die Überlebenden über 50 Jahre auf
jede Entschädigung warten mußten, nötigt man sie jetzt, ihre Heimatländer zu
verlassen, wenn sie eine Rentenzahlung erhalten wollen. Diese schwer
traumatisierten alten Menschen dürfen nicht in die Emigration getrieben
werden. Die Mehrzahl der Überlebenden ist über siebzig Jahre alt. Die
meisten leben in bitterer Armut ohne adäquate medizinische und soziale
Unterstützung. Eine weitere Verzögerung einer angemessenen finanziellen
Entschädigung nimmt den Tod dieser Verfolgten in Armut und Bitterkeit in
Kauf.
Wir fordern daher die Regierung der
Bundesrepublik Deutschland und den Deutschen Bundestag auf, umgehend für die
Gleichbehandlung der Überlebenden des Holocaust zu sorgen. Mit der Jewish
Claims Conference ist schnellstens eine Vereinbarung zu treffen, die
laufende Rentenzahlungen auch für Überlebende in Mittel- und Osteuropa
ermöglicht. Hierzu sind die bestehenden Richtlinien zu überarbeiten und die
erforderlichen Mittel bereitzustellen. |