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vom 05.03.1998 NewsBote
Sammelklage: Ford soll Exzwangsarbeiter
in Köln entschädigen
Newark (dpa) - Der amerikanische Ford-Konzern soll ehemalige
Zwangsarbeiter entschädigen, die während des Zweiten Weltkriegs im deutschen
Ford-Automobilwerk in Köln eingesetzt waren. Das ist das Ziel einer
Sammelklage, die am Mittwoch (Ortszeit) bei einem Bundesgericht in Newark
(Bundesstaat New Jersey) eingereicht wurde.
In einer Ford-Stellungnahme hieß es, daß die deutsche Fabrik nach
Erkenntnissen prominenter Historiker unter Nazi-Kontrolle gestanden und es
während des Krieges "keine Berührung" mit der amerikanischen Werkszentrale
gegeben habe.
Wie Schriftführer John Rintamaki weiter erklärte, habe Ford jedoch
aufgrund jüngster Berichte der britischen Rundfunk-und Fernsehanstalt BBC
über die angeblichen Vorgänge während der Kriegszeit eine neue intensivere
Untersuchung der Frage sowohl in den USA als auch in Deutschland veranlaßt.
In der vom Anwalt Melvyn Weiss eingereichten Klage wird dem Ford-
Konzern vorgeworfen, daß er von der Zwangsarbeit Tausender Zivilisten in der
Lastwagen-Fabrik in Köln profitiert habe. Die deutsche Ford- Tochter habe
die Profite nach dem Krieg behalten.
Nach einem Bericht der "New York Times" wird in der Klage, die im
Namen der Belgierin Elsa Iwanowa erhoben wurde, eine Auszahlung der
eingestrichenen Einkünfte und zu verhängender Strafgelder an überlebende
ehemalige Zwangsarbeiter gefordert.
Es gehe um "endgültige Gerechtigkeit für Hunderte von Tausenden
Opfern", deren Arbeit der deutschen Kriegsmaschinerie geholfen habe, sagte
Weiss. Der Anwalt vertritt auch mehrere Überlebende und Erben, die Schweizer
Banken wegen der Einbehaltung von Geldern nach dem Krieg verklagt haben.
Der Klage zufolge soll das Ford-Management in den Vereinigten
Staaten von der Zwangsarbeit in der deutschen Fabrik gewußt haben. Der
Werksvorstand habe die deutsche Regierung bereits vor dem Krieg gebeten, die
Fabrik im Fall von "Feindseligkeiten" nicht zu konfiszieren, zitierte die
"New York Times" aus den Gerichtspapieren.
Tatsächlich, heißt es in der Klage, sei das Werk nicht übernommen,
sondern lediglich unter Nazi-Verwaltung gestellt worden. Rund die Hälfte der
6000 Beschäftigten im Werk in Köln hätten während der letzten Kriegsjahre
ohne Bezahlung arbeiten müssen.
Ford verwies dagegen in seiner Stellungnahme auf die Erkenntnisse
von Historikern, nach denen der Konzern durch die Nazi-Verwaltung die
Kontrolle über das Werk völlig verloren und erst 1948 zurückerhalten habe.
Rintamaki sagte, man erhoffe sich aber durch die in die Wege
geleiteten neuen Untersuchungen zusätzliche Aufschlüsse. Wenn die Ergebnisse
der Bemühungen vorlägen, dann werde man von diesem Punkt aus weiter
verfahren. Bereits zuvor hatte Konzern-Sprecher Ian Slater gegenüber dpa
erklärt, daß die amerikanische Gesellschaft nicht mit den Nazis kooperiert
habe.
Laut "New York Times" wird in der Klage der Vorwurf erhoben, daß
Ford wegen einer persönlichen Beziehung zwischen Adolf Hitler und Henry Ford
Senior eine "Sonderbehandlung" erfahren habe.
Insgesamt, so heißt es in der Klageschrift, seien im Werk Köln
neben französischen Kriegsgefangenen russische, ukrainische, italienische
und belgische Zivilisten sowie einige Insassen des Konzentrationslagers in
Buchenwald zwangsweise eingesetzt worden. Elsa Iwanowa gehöre zu rund 2 000
Kindern, die in den 40er Jahren aus Rostow in Rußland nach Deutschland
verschleppt worden seien.
©dpa
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