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Jüdische Weisheit
 
 

Nr.12: Dezember'97 / Jänner'98 - Kislev / Teweth 5758

Union progressiver Juden
in Deutschland, Österreich und in der Schweiz

Seit Ende Juni steht Rabbiner Walter Homolka der liberalen jüdischen Gemeinde "Beth Schalom" in München vor. "Es gibt praktisch keine Zusammenarbeit mit der orfhodox orientierfen Israelitischen Kultusgemeinde", sagt er, der hauptberuflich bei einem Verlag arbeitet.

Obwohl in Deutschland etwa drei Viertel der gut 70 000 Juden der liberalen Richtung zugerechnet werden oder kaum religiös aktiv sind, dominieren in den Gemeinden bis auf wenige Ausnahmen Vertreter eines orthodoxen Verständnisses des Judentums. Neben Homolka gibt es hierzulande nur drei liberale Rabbiner. Das hat nicht nur in München zu Spannungen in den "Einheitsgemeinden" geführt.

Unter dem Dach der örtlichen israelitischen Kultusgemeinden, die als Körperschaften des öffentlichen Rechts auch das Aufkommen der Abgaben ihrer Mitglieder erhalten und vergeben, sollte eigentlich Platz sein für die Anhänger unterschiedlicher Richtungen. Doch nicht alle fühlen sich in diesem gemeinsamen Rahmen wohl. Es zeigen sich Risse im Gebälk, sagt zum Beispiel der Frankfurter Stadtverordnete Micha Brumlik. So haben sich vor einigen Wochen liberale Juden in Deutschland neu formiert, um ihre Interessen wirksamer zu vertreten. Neun Gemeinden in Deutschland sowie Or Chadasch in Wien gehören der "Union progressiver Juden in Deutschland, Österreich und der Schweiz" an, deren Vorsitzender Brumlik ist. "Wir wollen keine Sezession", sagt der Erziehungswissenschaftler. Vielmehr strebe seine Organisation eine gute Zusammenarbeit mit den Gemeinden und dem Zentralrat an. Nur wenn es überhaupt kein Entgegenkommen gebe, sehe er die Gefahr einer Abspaltung.

Gebe es liberale Mitglieder in den Einheitsgemeinden, müßte man deren Wünsche auch berücksichtigen, verlangt Rabbiner Homolka, der stellvertretende Vorsitzende der Union. In München sei das jedoch nicht der Fall. Dort haben sich die Liberalen vor zwei Jahren auf Vereinsbasis zu einer eigenen Gemeinde zusammengeschlossen. Noch ist das Verhältnis zu der orthodoxen Einheitsgemeinde nicht endgültig geklärt. Eine Option sei aber die Trennung auf Gemeindeebene bei gleichzeitiger Mitgliedschaft im bayerischen Landesverband, sagt er.

In Frankfurt sind die organisierten Anhänger des liberalen Judentums zwar eine Minderheit, er sehe aber noch weitere Wachstumspotentiale, sagt der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, und schließt die Forderung an: "In der Einheitsgemeinde muß sich jeder wiederfinden können." Doch der Weg in die Gemeinde ist oft schwierig. Denn nur wer Jude ist, kann Mitglied werden. Aber die Anerkennung der jüdischen Herkunft und der Überfritt zum Judentum ist für einige zu einem fast unüberwindbaren Hindernis geworden. Nichtjüdische Ehepartner und Kinder sind davon ebenso betroffen wie russische Kontingentflüchtlinge. "Wir wollen denen, die konvertierten, die Möglichkeit dazu geben", sagt Rabbiner Homolka. In vielen orfhodoxen Gemeinden sei dagegen der Wechsel zum jüdischen Glauben sehr beschwerlich, wenn nicht gar unmöglich. Es habe sich ein Stau von Konversionswilligen gebildet. Besonders Einwanderer aus Rußland haben darunter zu leiden. Denn viele, deren früherer Paß sie als Jude ausgewiesen hat, sind nach jüdischem Religionsrecht nicht jüdisch. Wer etwa nur einen jüdischen Vater nachweisen kann, gilt nicht als Jude. Nur die Abstammung von einer jüdischen Mutter ist ausschlaggebend. Das sehen auch die Liberalen so. In Deutschland sind Einwanderer deshalb mit der Forderung konfrontiert, zum Judentum überzutreten, was für die Betroffenen oft nur schwer nachvollziehbar ist. Entscheiden sie sich für einen Übertritt, müssen sie sich noch einmal intensiv mit den Grundlagen des Judentums befassen. Es kann Jahre dauern, bis sie schließlich aufgenommen werden.

Angesichts der großen Zahl der Zuwanderer stößt in einigen Gemeinden die Integrationsbereitschaft auf Grenzen. Während in großen Städten die Kontingentflüchtlinge die Hälfte der Mitglieder stellen, sind es in kleineren 70 Prozent oder mehr - in Potsdam sogar 99 Prozent. Das hatte mancherorts Abwehr zur Folge. Im Zentralrat beobachtet man solche Fälle mit Sorge. So warten in Kaiserslautern mehr als hundert Einwanderer auf ihre Aufnahme in die jüdische Gemeinde.

Nach Hans-Christian Rößler, Faz, 23.8.97


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