Muzicant der ausdrücklich den Politikern keine
Ratschläge geben wollte, hat "das Gefühl, daß die verantwortlichen
Politiker in diesem Land verantwortungslos sind gegenüber Kärnten". Es
gehe um Österreichs Ansehen im In- und Ausland - "wie wir alle im Ausland
dastehen werden". Daß bereits Einbrüche im Tourismus befürchtet oder die
Olympischen Spiele "senza confini" als gefährdet erachtet werden, "muß den
Menschen zu denken geben". Muzicant bezog sich auf Haiders Aussagen, daß
es im Dritten Reich eine "ordentliche Beschäftigungspolitik" (1991)
gegeben habe, daß Waffen-SS-Mitglieder "anständige Menschen mit Charakter"
(1995) seien und seine Bezeichnung der Konzentrationslager als
"Straflager" (1995). Auch wenn 139.000 Menschen in Kärnten die FPÖ gewählt
haben, sei dies keine Legitimation für solche "Sprüche". "Ich verstehe das
nicht, ich billige das nicht und ich werde nicht den Mund halten", sagte
Muzicant. Demokratie sei auch, "daß man sich wehrt und sagt: Wehret den
Anfängen".
Ohne Haider mit Hitler vergleichen zu wollen - "das
wäre zu viel Ehre für beide Seiten" - verwies Muzicant auf 1938: Damals
hätte es "anders ausgehen können, wenn sich die anderen demokratischen
Kräfte ihrer Verantwortung bewußt gewesen wären. Der Welt und uns allen
wäre eine Menge erspart geblieben." Im Vergleich der politischen Situation
müsse man darauf hinweisen, daß "in einer solchen demokratischen Situation
die Mehrheit eine Verantwortung hat und sich nicht darauf ausreden kann,
daß sich 42% anders entschieden haben". Zwar "geht die Welt nicht unter,
wenn Haider LH wird. Man sollte nicht in Hysterie verfallen - aber es ist
wichtig, sich zu Wort zu melden, so Muzicant.
Als Vertretung der Juden und all jener Menschen, die
nicht wollen, daß das, was passiert ist, sich wiederholt, könne die IKG
"nicht zulassen, daß NS-Gedankengut von einem führenden Politiker
ausgesprochen wird und dann geht man zur Tagesordnung über und macht ihn
zum Landeshauptmann".
Muzicant betonte, daß er nicht Parteipolitik machen
wolle und es nicht Aufgabe der IKG sei, Haider zu bekämpfen. Aber als
"moralische Instanz", Vertretung der Juden und jener Menschen, die nicht
wollen, daß, was passiert ist, sich wiederholt, müsse sie sich zu Wort
melden. "Es geht uns darum, daß man nicht wegsieht"." Wir müssen zur
Wachsamkeit aufrufen. Zu schweigen, wäre ein Verbrechen an der Zukunft",
sagte Muzicant. Haider selbst könnte, so Muzicant die Situation bereinigen
und die Partei in eine andere Richtung führen. Muzicant will seine
Stellungnahme weder als "parteipolitische Einmischung", noch als "Lamento"
oder "Alibihandlung" verstanden wissen: Ihm geht es darum, daß "zumindest
wir uns morgen in der Früh noch in den Spiegel schauen können". Bewußt
habe er sich nicht vor der Wahl zu Wort gemeldet, weil ihm dies wohl als
parteipolitische Einmischung ausgelegt worden wäre.