Nazi-Etiketten bringen Gewinn:
Ein saurer Tropfen
Geschichte auf dem Flaschenetikett: Das
ist der Slogan des Weinhändlers Alessandro Lunardelli aus der
norditalienischen Provinz Udine, der umstrittene historische
Persönlichkeiten wie Hitler, Mussolini oder Stalin auf Weinfiaschenetiketten
verewigt.
Seit sechs Jahren sorgt der Winzer aus der
hügeligen Ortschaft Pasian di Prato mit seinen Kreationen in Italien und im
Ausland für Aufruhr. Weine wie Cabernet Blanc, Merlot, Tocai und
Gewürztraminer sind mit Etiketten von historischen Persönlichkeiten
versehen, die manche Kunden vor Empörung hell aufschreien lassen.
Die Sammlung begann mit einem Roten namens
"Mussolini",
der in Italien zu einem "Runner" an der Theke wurde. Wegen der Etikette
mit dem Bild des "Duce" kamen Lunardelli und sein Sohn Andrea, der für die
,historischen Kollektionen" verantwortlich ist, nicht nur in die
Schlagzeilen, sondern auch vor Gericht. Lunardelli ließ sich aber nicht
einschüchtern und brachte kurz danach einen "Hitler" auf den Markt.
Auch Flaschen mit dem Motto "Ein Volk, ein Reich, ein Führer" sowie
mit Bildern von Feldmarschall Erwin Rommel und Hermann Göring
landeten in Supermärkten und Weingeschäften von ganz Italien.
Lunardelli weist jeglichen Vorwurf der
Nostalgie und Verharmlosung von Faschismus und Nationalsozialismus zu rück.
"Vollkommen unparteiisch" biete er auch der politisch links orientierten
Kundschaft Flaschen mit den Etiketten Marx, Stalin, Lenin oder Che
Guevara
an. "Komisch, Stalin hat 15 Millionen Menschen ermordet, aber niemand
regt sich über die Flasche auf. Wegen der Etiketten mit Hitler und Mussolini
bin ich aber vor Gericht gelandet", sagt der 36-jährige Andrea
Lunardelli, der 1995 die Kollektion entworfen hat.
Die inzwischen 50 verschiedenen Etiketten
wurden zum - fragwürdigen - Kultobjekt für so manche Sammler. Der Friaulaner
musste sich schon vor sechs Jahren vor einem Gericht in Bozen wegen
"Verharmlosung des Faschismus" verantworten, konnte aber glaubhaft
machen, dass er keine politischen Ziele verfolgt. Er wurde freigesprochen.
"Man kann mir nichts vorwerfen, ich
verwende nur Bilder, die in jedem Geschichtsbuch zu sehen sind. Das
italienische Gesetz erlaubt den Vertrieb von Bildern aus dem Faschismus und
der Nazizeit",
sagte Lunardelli im Gespräch mit der APA.
"In Italien sind die Mussolini-Etiketten besonders gefragt. Touristen aus
Österreich und Deutschland kaufen lieber die Hitler-Flaschen. Österreicher
lieben auch die Sissy und Franz-Joseph-Etiketten. Vor allem Franz Joseph in
seinen alten Jahren ist sehr gefragt."
Die "historische" Kollektion mache in
zwischen die Hälfte des Umsatzes seines Betriebs aus, sagt Andrea
Lunardelli. Am Anfang habe er gegen Bedenken seines Vaters anzukämpfen
gehabt:
"Er hatte vor Schwierigkeiten Angst. Man
hat auf unterschiedlichste Weise versucht, mir Steine in den Weg zu legen.
Doch man kann mir nichts vorwerfen, weil meine Aktivität vollkommen legal
ist."
Im Herbst will Lunardelli einen
"Tito" auf den Markt bringen. "Vor allem aus Slowenien und Kroatien
ist die Nachfrage groß", meint der Händler, der nicht nur Hitler & Co
auf Lager hat:
"Ich richte mich nach der Nachfrage des
Markts. Für jüngere Kunden gibt es zum Beispiel eine Bob-Marley-Flasche."
Der Unternehmer orientiert sich auch an der
aktuellen italienischen Politik. So können sich die Anhänger der
rechtspopulistischen Lega Nord ein Tröpferl namens "Padania" gönnen.
So soll der norditalienische Separatstaat heißen, von dem viele
Lega-Anhänger träumen.
APA / Gemeinde
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