Studie der Uni Innsbruck:
DIE HÄLFTE DER ÖSTERREICHER
IST FREMDENFEINDLICH
In Sachen Fremdenfeindlichkeit zeigt
Österreich das Bild einer in der Mitte gespaltenen Gesellschaft: Die eine
Hälfte steht Ausländern freundlich bis gemäßigt gegenüber, die andere Hälfte
ist fremdenfeindlich. 22 Prozent zeigen eine hohe und 26 Prozent sogar eine
sehr hohe Fremdenfeindlichkeit, ergab eine Studie von Ass. Prof. Günther
Rathner (Universität Innsbruck). Wichtigste Ursachen für
Fremdenfeindlichkeit sind Autoritarismus, gefolgt von Antisemitismus.
Außerdem zeigte die Studie: Fast jeder zehnte Österreicher ist rechtsextrem.

DiaGal 2001 |
Dementsprechend wurde in den
persönlichen Interviews mit 2.000 Österreichem zwischen 15 und 75 Jahren
auch eine Spaltung der Gesellschaft hinsichtlich
Autoritarismus ("tun, was verlangt wird" und auch "nach
unten treten"), Antisemitismus und Rechtsextremismus festgestellt:
Die Hälfte ist nicht autoritär, ein knappes Drittel mäßig, ein Viertel
sehr stark autoritär. Fast die Hälfte ist nicht oder nur leicht
antisemitisch, ein Drittel moderat - aber jeder fünfte Österreicher
ist stark (14 Prozent) oder sehr stark (sechs Prozent) antisemitisch. |
Außerdem ist
Fremdenfeindlichkeit verbunden mit - gestuft nach abnehmender Bedeutung
- höherem Alter, großer persönlicher Verunsicherung, politischer
Seibsteinstufung "eher rechts bis rechts", Pseudopatriotismus
("Österreich sind besser als die Bewohner anderer Länder"),
Rechtsextremismus, geringer Schulbildung und rigidem Verhalten. Zu erwähnen
ist aber auch die große wirtschaftliche Verunsicherung - sowie
übersteigerter Nationalstolz und Revanchismus
("Südtirol sollte wieder zu Österreich
kommen").
Entsprechend das Bild beim
Rechtsextremismus, wo die Haltung zu Sätzen wie "Hitlers Fehler war
der Zweite Weltkrieg, ansonsten waren die Nationalsozialisten vernünftige
Leute" abgefragt wurde. Die Hälfte der Befragten ist eindeutig nicht
rechtsextrem. Ein knappes Viertel zeigt niedrigen Rechtsextremismus. Aber
fast jeder zehnte Österreicher (sechs Prozent hoch, drei Prozent sehr hoch)
ist als rechtsextrem einzustufen. Außerdem gibt es 17 Prozent, die sich
"neutral, unentschieden"
zeigen - und damit zum Rekrutierungspotenzial der Rechtsextremen gehören.
Das Muster von Fremdenfeindlichkeit,
Autoritarismus und Antisemitismus ist laut der Studie in größeren Städten
weniger häufig anzutreffen. Betrachtet nach der bevorzugten politischen
Partei, zeigten ÖVP- und SPÖ-Wähler so gut wie keine Unterschiede, sie
zeigten auf vielen Skalen die gleichen Werte. FPÖ-nahe Befragte hatten auf
allen Skalen die höchsten Werte, Grün-Sympathisanten zeigten die geringsten
Werte bei Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Rechtsextremismus und
Autoritarismus. Wenig Gewicht haben laut der Studie Beruf, Einkommen,
Geschlecht, politische Richtung der Eltern und politische Informiertheit.
Erstmals Anwendung der
California Faschismus-Skala
Die Antworten der 2.000 befragten
Österreicher zwischen 15 und 75 Jahren wurden von dem Forschungsteam um den
Innsbrucker Ass.Prof. Günther Rathner in "Skalen" mit jeweils fünf
Kategorien - von sehr niedrig bis sehr hoch - zusammengefasst. In der "Ausländerablehnungsskala",
in der die Fremdenfeindlichkeit gemessen wurde, kamen elf Prozent auf "sehr
niedrig", 15 auf "niedrig", 26 auf "moderat", 22 auf "hoch" und 26 auf "sehr
hoch".
Erstmals wurde mit dieser Studie in
Österreich, so Rathner, die in den USA entwickelte "California Faschismus-
Skala" eingesetzt. Die Werte darauf:

DiaGal 2001 |
Sieben Prozent "sehr niedrig", 16
Prozent niedrig, 33 Prozent "moderat", 29 Prozent hoch und 15 Prozent
sehr hoch. Ein Durchschnitt aus dieser und anderen Skalen ergab die "Autorismus"-Werte.
In der Rechtsextremismus-Skala
gibt es den mit Abstand höchsten Wert, 51 Prozent, bei "sehr niedrig".
23 Prozent weisen "niedrig" auf, 17 Prozent "moderat". 6,4 rangieren
allerdings unter "hoch" und 2,8 Prozent unter "sehr hoch" - womit zehn
Prozent der Österreicher als rechtsextrem einzustufen sind.
Die Verteilung beim
Antisemitismus ist: 21 Prozent "sehr niedrig", 24 Prozent "niedrig",
35 Prozent "moderat", 13,5 Prozent "hoch" und 5,9 Prozent "sehr hoch". |
Rathner ist - derzeit karenzierter -
Assistenzprofessor an der Medizinischen Fakultät der Universität Innsbruck.
Dass er trotzdem ein, vom Wissenschaftsministerium unter der früheren
SP-VP-Regierung gefördertes, Forschungsprojekt zum Thema
Ausländerfeindlichkeit durchgeführt hat, erklärt er damit, dass er nicht nur
Psychologe, sondern auch Soziologe sei - und sich schwerpunktmäßig mit
Epidemologie befasse, also häufigen Störungen oder Krankheiten in der
Bevölkerung.
Dezember 2001 - Kislew/Tewet 5762 / Gemeinde
/ Wien 12-2001
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