Vertreter von Opferverbänden
haben mit dem Abbruch der Verhandlungen gedroht. Auch ein Sprecher der
deutschen Firmen schloss eine Aussetzung der Gespräche nicht aus. Der
Sprecher des Bundesverbandes Information und Beratung von NS-Verfolgten,
Lothar Evers, machte im Deutschlandradio Berlin die Entscheidung über einen
Ausstieg von der Höhe des deutschen Angebotes abhängig.
Betroffen sind rund 2,4 Millionen Menschen, die von Deutschen zur Arbeit
gezwungen wurden. Nach einem Bericht der "Frankfurter Rundschau"
(Donnerstagausgabe) wollen deutsche Unternehmen und die Bundesregierung
insgesamt sechs Milliarden Mark in einen Entschädigungsfonds einzahlen.
Davon sollen vier Milliarden von der Industrie kommen, zwei Milliarden aus
der Staatskasse, wie das Blatt unter Berufung auf Berliner Koalitionskreise
schrieb. In einem früheren Bericht der US-Zeitung "Washington Post" war von
6,9 Milliarden Mark die Rede.
Eine einfache Rechnung - 6 Milliarden für 2,4 Millionen verschleppte
Zwangsarbeiter, das wären 2.500-DM ingesamt für alles erfahrene Unrecht
eines Menschen. Der Sonderbeauftragte der Bundesregierung, Otto Graf
Lambsdorff, hat bislang keine der kursierenden Zahlen bestätigt.
Im Saarländischen Rundfunk forderte Evers, Sprecher des Bundesverbandes
Information und Beratung von NS-Verfolgten, die deutsche Industrie auf, mit
den Zahlungen schon vor Abschluss der Verhandlungen zu beginnen. Zur Höhe
der Zahlungen sagte Evers, er könne sich nicht vorstellen, dass eine Summe
von 10.000 Mark, wie sie inzwischen diskutiert werde, ausreichend sei. Wenn
die Opfer nach 54 Jahren erneut so gedemütigt würden, dass sie mit wenigen
Mark nach Hause gehen sollten, müsse man an einem bestimmten Punkt aus Stolz
und Überzeugung sagen: "Wir sind nicht Jahr um Jahr hier, um mit euch zu
sitzen und es kommt kein vernünftiges Angebot auf den Tisch".
Das Vorstandsmitglied des Zentralrates der Juden in Deutschland Michel
Friedman forderte die deutschen Wirtschaftsunternehmen auf, ehemalige
NS-Zwangsarbeiter schnellstmöglich zu entschädigen. Der "Saarbrücker
Zeitung" (Mittwochausgabe) sagte der CDU-Politiker: "Es ist nicht mehr fünf
vor zwölf, es ist schon zwölf. Den bisherigen Verlauf dieser Gespräche
nannte Friedman "ein unerträgliches Theaterspiel".