Rechtssicherheit
für die Überlebenden der NS-Zwangsarbeit
Die rotgrüne Bundesregierung hat
angekündigt, den Überlebenden der NS-Zwangsarbeit späte Gerechtigkeit
widerfahren zu lassen. In der Koalitionsvereinbarung heißt es:
"Die neue Bundesregierung
wird (...)unter Beteiligung der deutschen Industrie eine Bundesstiftung
"Entschädigung für NS-Zwangsarbeit" auf den Weg bringen."
Über neun Monate nach der
Ankündigung dieser politischen Initiative ist immer noch nichts zu deren
Umsetzung geschehen. Offensichtlich glauben die Bundesregierung und die sie
tragenden Parteien, die deutsche Wirtschaft wäre von sich aus bereit, ihre
ehemaligen Sklaven- und Zwangsarbeiter zu entschädigen.
Ein Trugschluß mit
schwerwiegenden Folgen für die überlebenden Opfer.
Im Februar 1999 haben Bundeskanzler
Schröder und führende deutsche Wirtschaftsunternehmen die Einrichtung einer
Stiftungsinitiative "Erinnerung, Verantwortung, Zukunft" angekündigt.
Damals hieß es, das Konzept dieser Stiftungsinitiative ermögliche es, "den
Opfern schnell und unbürokratisch zu helfen". Mit den Auszahlungen könne
voraussichtlich Ende September 1999 begonnen werden. Der Termin ist
verstrichen!
Die Überlebenden haben bisher keinen
Pfennig erhalten.
Nach den Vorstellungen der
Stiftungsinitiative soll das auch noch länger so bleiben, denn es soll erst
dann gezahlt werden, wenn alle Opfer nicht länger auf ihrem Recht auf
Schadenersatz für die erlittenen Qualen bestehen. Die beteiligten
Industrieunternehmen verlangen sogar, daß den Überlebenden dieses Recht für
alle Zukunft durch "wasserdichte" zwischenstaatliche Vereinbarungen aus der
Hand geschlagen wird. Ohne "Rechtssicherheit", so die Position der
Industrie, sei es ihr nicht zuzumuten, wenigstens mit kleinen
Abschlagszahlungen zu beginnen.
Rechtssicherheit für wen?
Über ein halbes Jahr nach Gründung der
Stiftungsinitiative besteht diese immer noch aus nur 16 Unternehmen. In fast
täglichen Verlautbarungen mahnt sie die Überlebenden zur Bescheidenheit. Nur
– wieviel es eigentlich für jeden KZ-Häftling, für jeden anderen
Zwangsarbeiter geben soll, darüber schweigt sich die Stiftungsinitiative
beharrlich aus. Die deutsche Wirtschaft fordert Sicherheit nur für sich
selber. Dabei sind es die Überlebenden, die endlich Rechtssicherheit
brauchen.
Wir appellieren an Bundestag und
Bundesregierung:
- Richten Sie eine Bundesstiftung ein
und sichern Sie die Beteiligung der deutschen Industrie.
- Liefern Sie die Überlebenden nicht
länger der Willkür und den Interessen der Wirtschaftsunternehmen aus.
- Sorgen Sie dafür, daß die
Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter noch zu Lebzeiten eine Entschädigung
erhalten.
An die deutsche Wirtschaft appellieren
wir:
- Zögern Sie die Zahlungen an die
Überlebenden nicht länger hinaus. Viele sind bereits über 80 Jahre alt.
Jeder Zehnte wird noch vor Ablauf eines Jahres sterben.
- Nehmen Sie sich ein Beispiel an VW und
SIEMENS, die jedem früheren Sklaven- und Zwangsarbeiter eine
Abschlagszahlung von 10.000 DM auszahlen.
- Stellen Sie die geplante
Entschädigungszahlung endlich auf eine breitere Grundlage. Fast jedes
deutsche Unternehmen hat Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter beschäftigt.
Deshalb sollten sich auch alle Unternehmen finanziell an einer
Bundesstiftung beteiligen.
- Belasten Sie die Verhandlungen nicht
durch immer neue Forderungen – zuletzt nach Rechtssicherheit für die
deutschen Banken für ihre Beteiligung an der Arisierung.
Köln, den 28. September 1999
Bundesverband Information und Beratung für NS-Verfolgte e.V.
Holweider Str. 13-15
D-51065 Köln
Tel: 0221-612041 / Fax: 0221-9624457
e-mail: nsberatung@netcologne.de
Hans Frankenthal
(Vorstandsvorsitzender)