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'Arisierung'
Akten belegen die Raubzüge des Finanzamts

Das Bayerische Staatsarchiv gibt die Dokumente über die Arisierung jüdischen Eigentums für die Forschung frei
Die Papiere fallen jetzt nicht mehr unter das Steuergeheimnis - Auch Vertuschungsversuche der Behörden sind daraus ersichtlich

VON JIM G. TOBIAS

Die Generaldirektion des bayerischen Staatsarchivs hat die Nürnberger Zweigstelle angewiesen, alle Akten, welche die Verstrickungen der Finanzbehörden bei der Arisierung von jüdischem Eigentum belegen, mit sofortiger Wirkung der Forschung zugänglich zu machen. Bisher unterlagen die brisanten Dokumente dem Steuergeheimnis und sollten erst nach Ablauf einer Schutzfrist von 80 Jahren freigegeben werden.

Wie überall im "Reich" arisierte die Finanzverwaltung auch in Nürnberg eifrig das Eigentum der verschleppten jüdischen Bürger. Über den staatlichen Raubzug führten die Behörden peinlich genau Buch. Die Akten, die das schwärzeste Kapitel der Finanzverwaltung dokumentieren, wurden sorgsam unter Verschluss gehalten. Alle Versuche, Einblick in die gesperrten Aufzeichnungen zu bekommen, schmetterte die Finanz- und Archivverwaltung regelmäßig mit dem Hinweis auf das Steuergeheimnis ab.

Presseberichte und Anfragen der grünen Landtagsabgeordneten Christine Stahl über die Verstrickung des Fiskus in das NS-Regime haben die bayerischen Behörden nun aber zum Umdenken gebracht. Ab sofort sind die Akten einsehbar. Dem Autor liegt ein Schreiben der Generaldirektion der Staatlichen Archive aus München vor, in dem die "Benützung von Steuerakten" neu geregelt wird. Danach fallen "Akten der Finanzbehörden über deren Mitwirkung bei der Verwertung von eingezogenem Vermögen" nicht mehr unters Steuergeheimnis. Freilich dürfen bei den Recherchen "schutzwürdige Belange Dritter oder staatliche Interessen nicht gefährdet" werden.

Das Nürnberger Staatsarchiv verfügt über einen großen Bestand von Steuerakten der "ehemals rassisch Verfolgten". Hier finden sich die letzten Spuren der Ermordeten. Für Dina B., die man 1941 nach Riga verschleppte, ist neben Barguthaben, Einnahmen aus Hausrat, auch der Rückkaufswert für eine Versicherung verzeichnet. Regelmäßig sind auf den Karteikarten Einträge über "Schätzkosten" notiert. Die ausgeraubten Menschen waren verpflichtet, für die Auslagen des vom Amt gestellten Sachverständigen aufzukommen. Falls vor der Deportation der Schlüssel nicht weisungsgemäß bei der Hausverwaltung abgegeben wurde, musste die Tür gewaltsam aufgebrochen werden. Den Einbau eines neuen Schlosses beglich der Fiskus ebenfalls aus dem Verwertungsgewinn. Auch die Allgemeine Ortskrankenkasse wurde beim Finanzamt vorstellig, wenn Sie noch Beitragsrückstände für die getöteten Juden einfordern konnte. Für Simon B., den man im März 1942 nach Izbica deportierte, erhielt die AOK am 22. Juni 1942 noch 2,97 Mark. In der Wohnung von Sigmund G. befand sich vermutlich ein schönes Möbelstück, das der Oberfinanzdirektion gefiel. Auf dem Kontenblatt ist handschriftlich vermerkt: "Eigenentnahme OF Präs. Nürnberg".

Neben dem räuberischen Vorgehen des Fiskus während des NS-Regimes belegen die Unterlagen auch offensichtliche Vertuschungsversuche der Behörde in der Nachkriegszeit. Der Bruder der Cilly G., die mit der Deportation vom 24. März 1942 in den Tod geschickt wurde, fragte Mitte der 50er Jahre beim Nürnberger Fiskus nach dem Verbleib des Eigentums seiner Schwester. Das Finanzamt Nürnberg-Ost teilte dem Erben am 14. Mai 1956 lakonisch mit, dass keine "steuerlichen Unterlagen mehr vorhanden sind". Die Oberfinanzdirektion Nürnberg verbuchte 1942 für Cilly G. allerdings Erlöse aus Vermögensverwertung in Höhe von 5297,06 Reichsmark. Auf der Kontenkarte mit dem Aktenzeichen 0 5205-114/II sind Einnahmen aus Bankguthaben, Wertpapieren, Silber und Hausrat verzeichnet.

Bei der fränkischen Finanzverwaltung befinden sich offenbar noch weitere Akten, die Dokumente über die Verwertung jüdischen Eigentums enthalten könnten. Die Bezirksfinanzdirektion in Ansbach avisierte dem Staatsarchiv Nürnberg die baldige Überstellung von 740 laufenden Metern Wiedergutmachungsakten. Auch bei der Oberfinanzdirektion Nürnberg liegen noch 31 000 Rückerstattungspapiere, die abgegeben werden sollen. Auf Anfrage versicherte der Leiter des Staatsarchivs Nürnberg, Dr. Gerhard Rechter, dass das Material sofort nach Eintreffen der "wissenschaftlichen Forschung" zur Verfügung steht.

haGalil 08-99

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