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Kultur in Israel: CAMERI Theater in Tel Aviv
Peace through Enrichment Activities and Cultural Encounters

Alle Wege führen zum Tod:
REQUIEM

Autor und Regisseur: Hannoch Levin

Ein alter Mann steht Mitten auf der Bühne, vor dem Hintergrund eines endenden Tages mit dunklen Wolken über dem Licht, und fängt an darüber zu lamentieren, daß es für einen Sargtischler in einem Dorf wie seinem nichts zu tun gibt, ohne Kriege und Seuchen. Seine alte Frau bringt ihm das Essen, während er das Geld zählt, über Verluste klagt und die fehlende Absicherung für seine Frau - nach 52-jähriger Ehe.

Auf einmal sagt die alte Frau "Mann, ich sterbe". Um zu verhindern, daß die alte Frau Mutter und Vater folgt, begibt sich der alte Mann mit seiner Frau auf den Weg von ihrem Dorf Pupka nach Halupka zu einem Arzt. In dem Wagen befinden sich schon zwei Huren, die sich überhaupt nicht dafür interessieren, wie es den alten Leuten geht. Angekommen machen sie sich auf die Suche nach dem Doktor, einem nach Aussagen des alten Mannes "chronischen Alkoholiker" und finden ihn schlafend.

Dieser alte Doktor fragt den alten Mann nach dem Alter der Frau, und entgegnet auf die Anwort "Noch nicht 70! 69!", daß nun eben "alles seine Zeit hat." Dem alten Sargtischler bleibt nichts anderes übrig als dieser Antwort zuzustimmen. Doch bricht hier der Mensch hervor, der an seinem Leben hängt und nicht loslassen kann, als er entgegnet, daß dies zwar prinzipiell richtig sein möge, aber "jede Fliege möchte leben." Doch erkennt der alte Mann sofort, als ihm der Doktor eine Kompresse und Pulver  mitgibt, daß das ein schlechtes Geschäft war und seine Frau bald sterben würde, "wenn nicht heute - morgen."

Auf der Rückfahrt fahren sie mit zwei Trunkenbolden, bevor die alte Frau schließlich in ihrem Dorf angekommen stirbt. Drei immer witzelnde und lachende Engel geleiten sie hinweg. Der alte Mann bleibt verwirrt zurück, denn auf die Situation des Alleinseins hatte er sich nie vorbereitet. Über alles mgliche denkt er bei seinem Spaziergang nach, kommt an den Fluß und fragt sich, wieso er in den letzten "40 oder 50 Jahren" hier nicht mehr vorbei kam. Da kommt einem natürlich die Frage, nach dem eigenen Leben und Tun.

Am Fluß begegnet er einer jungen Mutter, einem Mädchen ohne Richtung, arm, ohne Entscheidungsfähigkeit, deren Baby mit kochendem Wasser übergossen wurde und seitdem keinen Laut mehr von sich gibt. Auch sie geht zu dem alten Arzt nach Halupka. Die junge Mutter möchte das unmögliche und fleht den Doktor an "ihn lebendig zu machen." Dieser gibt ihr nur den Tip zu "beten" und die Kompressen, bevor die drei Engel wieder erscheinen und einer davon wiederholt mit einer Geschichte über den unerkannten Prinzen beginnt. Gefolgt von den Dreien geht die junge Mutter zurück zu dem alten Mann und berichtet ihm vom Tod des Kindes. Am Flußufer wird das Kind bestattet und die Engel tragen es hinweg.

Nun fühlt sich der alte Mann selbst krank und macht sich auf den Weg. Wieder kommt der Wagen mit dem üblichen Pferd, gespielt von einem langjährigen Darsteller in Levins Truppe, gefangen vom Anfang und vom Ende. Die Trunkenbolde unterhalten sich wieder, als ob sie nichts in der Welt davon abhalten könnte. Auch nicht, wie sich ihr Kutscher fühlt, der berichtet "letzte Woche seine einzigen Sohn verloren zu haben." Doch niemand spricht mit ihm darüber.

Beim Arzt läuft es bekanntermaßen ab und der alte Mann erkennt sein baldiges Schicksal. Zurück träumt er nochmal von der Zeit mit der alten Frau und stirbt. Davor hatte der Kutscher endlich jemand gefunden, nämlich das Pferd, das ihm zuhört als er das Leid über den Verlust des Sohnes klagt. "Atah mewin" (Du verstehst) endet er schließlich und fährt weiter in die Nacht, ins Unbekannte, auf einem Weg, der nur von ein paar Blitzen erhellt wird.

Kein Wunder, dass keiner in diesem Stück jemand findet, mit dem er über den Tod sprechen kann, gehört der Tod doch zu den Themen über die es der Mensch meist vermeidet nachzudenken oder gar zu reden. Dies trifft vor allem auf Tel Aviv zu, einer Stadt, in der man jung sein muß, um mit der Geschwindigkeit mitzuhalten. In der Metropole in der man 24 Stunden unterwegs sein kann, geht es um Spaß, Fun und Leben und um nichts anderes.

Dem begegnet Hannoch Levin, der wohl bedeutendste israelsche Theaterautor seiner Zeit, mit diesem poetischen Drama Requiem. Brilliant illustriert er das ureigenste Thema des Menschen. Besonders gelungen scheint der reiche Einsatz und Anordnung der verschiedenen Elemente der Sprache, Darstellung Gesang und Musik. Den Zuschauern wird indirekt ein kleiner Spiegel vorgehalten.

Damit liegt das Stück ganz auf Levins Linie der Sozial-, Politik- und Gesellschaftskritik und existentielle Probleme Israels, die seine Stücke kennzeichnen und mitunter zu nationalen Debatten geführt haben. Levin agiert als Seismograph seines Landes, das er mit Realitäten in ungewöhnlicher Sprache und Vorstellung konfrontiert. Provokativ wird der Zuschauer gezwungen, trotz einer allgemeinen Abhärtung der Gefühle wegen der nicht endenden Gewalt, sich zu besinnen, den Schmerz zu konfrontieren und die sinnvollen Lösungsansätze durchzudenken. Unausweichlich steuert Levin Realitäten an und deren unvermeidbare Auswirkungen auf die Zukunft.

In Anerkennung seiner Lebensleistung und seine Verdienste um das Theater in Hebräischer Sprache wurde Hannoch Levin mit dem begehrten Israel-Preis (1983) ausgezeichnet. Daß das etwa 90minütige Stück Requiem um das letzte Stündlein jedes Menschen gehen würde, hatte man erwartet. Warum Levin in seinem neueste Werk dieses Thema anriß, bleibt bis auf weiteres ein Geheimnis des eher Öffentlichkeit scheuenden Autors. Bei diesem Titel asoziierte man als Mitteleuropäer als erstes Mozarts letztes unvollendetes Werk, doch wird einem heute dazu immer diese unvergeßliche theatrale Poesie aus dem Cameri einfallen.

P.E.A.C.E. Peace through Enrichment Activities and Cultural Encounters
Cameri leShalom - Theatre For Peace

haCameri:
Jeden Dienstag mit Übersetzung

Das CAMERI in Tel Aviv gilt nach dem Habima als das zweite Theater in Israel. Die führenden Schauspieler des Landes treten hier auf. Um den internationalen Gästen und dem Tel Aviver Flair einer Weltmetropole gerecht zu werden, wird Dienstags prinzipiell eine Übersetzung über Kopfhörer ins Englische angeboten.

Wer an einem Besuch des CAMERI interessiert ist, wende sich am besten direkt dorthin:
CAMERI THEATRE
Hausadresse: 101 Dizengoff Street
Postadresse: POB 3014; Tel Aviv 61030; Israel

Tel: +972-3-527 98 88 / Fax: +972-3-524 60 68

Ben Atid

In Jerusalem?
CINEMATEK

 

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