Pessach
Restitution und Sklavenarbeit
Von Oberrabbiner Chaim Eisenberg / Wien
Der Talmud im Traktat Sanhedrin (91a) berichtet von einem
Rechtsstreit, der vor Alexander dem Großen von Mazedonien abgehalten wurde.
Die Ägypter verlangten von den Juden alles zurück, was die Juden bei ihrem
Auszug aus Ägypten mitgenommen hatten.
Sie
beriefen sich auf die Schilderung der Thora. In Schmot (12.35 und 36)
heißt es:
"Die Kinder Israels aber taten, wie Moses ihnen geheißen hatte und sie
liehen (eine zweite Ubersetzung könnte lauten erbaten) von den Agyptern
silberne und goldene Geräte und Kleider. Und der Ewige hatte die Gunst
der Ägypter dem Volk zugewandt und sie liehen ihnen, so daß sie (die
Juden) Ägypten ausnützten." Basierend auf die in der Thora berichteten
Verse verlangten nun die Ägypter ihre Wertgegenstände zurück.
Der jüdische Vertreter bei diesem Rechtsstreit aber führte als
Argument, die Tatsache, daß die Juden hunderte Jahre Sklavenarbeit für
die Ägypter geleistet hatten und ihnen viel mehr gebührt hätte, als nur
das wenige, das sie mitgenommen hatten.
Dieses Argument konnten die Ägypter nicht widerlegen, sie verzichteten
nicht nur auf ihre Forderung, sondern ließen daraufhin auch zusätzliche
Felder und Weinberge.
Nach Meinung vieler Gelehrter hatten die Juden von den Ägyptern schon
ursprünglich diese Dinge nicht als Leihgabe verlangt. Doch selbst wenn
man der Meinung ist, daß die Juden den Ägyptern den Eindruck
hinterließen, daß sie sich die Sachen nur ausgeborgt hatten, war das
Argument der nichtbezalten Sklavenarbeit so stark, daß die Ägypter
sofort ihre Forderungen aufgaben.
Die Parallele zu den heutigen Restitutionsgesprächen ist natürlich
nicht genau. Im Falle der Schoah war es immer nur eine
Seite, die sich schuldig gemacht hatte. Die Nazis haben geraubt und
geplündert, die Nazis haben gemordet, die Nazis haben Menschen (nicht
nur Juden) versklavt und die Rückgabeforderungen wurden lange Zeit nicht
ernst genommen.
Es wird heute auch die Frage gestellt, wem man Geld zurückgeben soll,
wenn die eigentlichen Geschädigten nicht mehr leben. Hierzu eine
Geschichte, die sich bei Baron Rotschild zugetragen haben soll:
Zwei arme Brüder bekamen jedes Jahr von Baron Rotschild eine Spende von
je 100 Gulden. Als einer der Brüder gestorben war, kam der zweite wieder
zum Baron Rotschild um sein Geld zu bekommen. Baron Rotschild gab ihm,
wie im jeden Jahr, 100 Gulden. Der arme Mann aber fragte, was ist mit
100 Gulden seines Bruders. Darauf antwortete der Baron, daß der Bruder
nicht mehr lebte. Darauf der Arme: "Herr Baron, sind Sie der Erbe meines
Bruders?!"
Einen fröhlichen und koscheren Pessach
wünscht der Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg
Termine im Tempel
ZUM GEDENKEN:
OBERRABBINER AKIBA EISENBERG
S.L.
Am Schabbat, dem 10. April 1999
(24.Nissan 5759) jährt sich zum 16.Mal der Todestag von Oberrabbiner
Prof. Dr. Akiba Eisenberg s.L. Aus diesem Anlaß wird Oberrabbiner Chaim
Eisenberg am Schabbat, dem 10. April um 18.30 Uhr vor dem Mincha-Gebet
im Stadttempel einen Lehrvortrag (Schiur) zum 1. Abschnitt der Pirke
Awot (Sprüche der Väter) halten.
Nach dem Mincha-Gebet lädt die Familie des Verstorbenen
zu einer Seuda Schlischit.
"Wenn ich das Gebet erlerne,
komme ich in den Tempel gerne"
Ab 9. 4. 1999 findet wöchentlich (bis auf Widerruf),
jeden Freitag um 18.30 Uhr ein Einführungskurs zu den Gebeten des
Schabbats statt. Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg wird im kleinen
Tempel für diejenigen, die sich im
Siddur
noch nicht auskennen, eine Gebrauchsanweisung geben. Anschließend
praktische Durchführung beim G‘ttesdienst.
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