Nada Sakic aus der Haft entlassen:
Kroatische Behörden tun sich schwer
mit dem Erbe der Ustascha
|
Zagreb/ Jerusalem Kroatien hat die
Untersuchung gegen die ehemalige KZ-Aufseherin Nada Sakic eingestellt.
Die 72jährige Nada Sakic Luboric leidet nach Angaben der Justizbehörden
in Zagreb an der Parkinsonschen Krankheit. Die Beweise reichten laut
Auskunft der Staatsanwaltschaft nicht für eine Anklage aus. Sakic war im
Juli 1998 in Argentinien festgenommen und nach Kroatien ausgeliefert
worden. Die Vorwürfe, während des Zweiten Weltkriegs im Frauenlager
Frauen gefoltert zu haben, hatte sie stets bestritten. |
Der Leiter des Wiesenthal-Centers in Jerusalem Efraim
Zuroff protestierte scharf gegen die Entlassung. Im Juli 1998 übergab er
den Justizbehörden in Zagreb Dokumente, die die Rechtfertigung von Nada
Sakic erschüttern könnten. Agenturberichte, nach denen Efraim Zuroff die
Auslieferung der für ihre Grausamkeit berüchtigten Aufseherin im
Konzentrationslager Stara Gradiska nach Jugoslavien forderte, vermochte
der "Nazi-Jäger" der JR gegenüber nicht zu bestätigen.
In Jugoslawien wäre ein Prozess
gegen Sakic eine Art Tribunal gegen das "faschistische" Kroatien.
Diesen Hintergrund kennend ist der Ehrgeiz der Behörden in Zagreb
Nada Sakic nach Kroatien zu bekommen, verständlicher. Kroatiens
Präsident Franjo Tudjmann tat sich seit der Unabhängigkeit der
ehemaligen jugoslawischen Republik sehr schwer mit den langen
Schatten der NDH, der mit den Deutschen kollaborierenden Regierung
zwischen 1941 und 1944, umzugehen. Zu groß war die Dankbarkeit
Kroatiens für die Hilfe der Landsleute im Exil in der Zeit des
Bürgerkrieges Jugoslawiens. Unter den Exilanten gab es eine rabiate
terroristische sich dem historischen Vorbild nach Ustascha (die
Aufständischen) nennende Bewegung. Diese Gruppierung machte vor
allem in den 70er Jahren durch terroristische Anschläge auf sich
aufmerksam. |
Nada und Dinko Sakic |
Am möglichen Ende seines Regimes wird der südslawische
Feldmarschall Tudjmann an die dunkelsten Kapitel der Geschichte
Kroatiens erinnert. Durch die Krankheit gezeichnet, straft Tudjmann all
diejenigen Lügen, die den moderaten Worten seines Außenministers Mate
Granic glauben. Die montenegriner Fraktion im Machtgefüge Zagrebs ist
der größte Gegner Granics bei einer möglichen Tudjmann-Nachfolge. Diese
radikale Gruppierung hält die Verbindung zu den ehemaligen Exilkroaten
aufrecht. So sitzt eine in den USA wegen einer Flugzeugentführung zur
lebenslänglicher Haft verurteilte Ustascha-Teroristin im Vorzimmer
Tudjmanns. Ihr Spezialgebiet: "jüdische Fragen."
Die jetzt erfolgte Freilassung ist ein kräftiges
Zeichen der Fraktion der Hard-Liner, die unter Tudjmann zur Macht und
wirtschaftlichen Positionen gelangt sind. Auf den weiteren Umgang mit
dem Kommandaten des Lagers Jasenovac Dinko Sakic darf man mit Recht
gespannt sein. Der Prozess dürfte im März beginnen. Dinko Sakic hat
zugegeben, von 1942 bis 1944 Leiter des Konzentrationslagers Jasenovac
gewesen zu sein.
Nach Umfragen in Kroatien dürfte der mutmaßliche
Kriegsverbrecher Präsident Tudjmann an Popularität übertreffen.
Tommy Bear von der Bnai Brith in New York fand
die Erklärungen und Verständnis für das Verhalten der Zagbreber
Behörden: "Die Zeugen sind zu alt, die Beweise sind zu dürftig," sagte
er auf Anfrage kroatischer Medien. Seine Aussagen sorgten bei jüdischen
Organisationen für einen Sturm der Entrüstung. Dr. Efraim Zuroff
bezeichnete diese "geistig inkompetent."
haGalil onLine - Dienstag 16-02-99 |