Deutschland stellt sich den Ungerechtigkeiten bei der Rente für
Naziverbrecher nur ungenügend:
Leiter des Wiesenthal-Centers in Jerusalem fordert
Gerechtigkeit
Der Beschluß des Bundessozialgerichtes in Kassel, der
Mitte Dezember 1998 lettischen SS Veteranen eine Rente aus Deutschland
zusicherte, schlug hohe Wellen. Efraim Zuroff, Leiter des
Wiesenthal-Centers in Jerusalem, trat bei seinem Besuch in Bonn letzte
Woche gegen die Ungerechtigkeit auf, die zahlreichen Kriegsverbrechern
der Nazi-Maschinerie eine Invalidenrente zusichert.
Insgesamt handelt es sich um 930 000 Personen, an die eine
rente von Deutschland bezahlt wird. Etwa die Hälfte der Bezieher sind
Witwen und Waisen.
Vor einem Jahr verpflichtete sich der damalige Minister Norbert Blüm
alle Invalidenrenten zu untersuchen. Die Bezieher von Pensionen, die an
Morden beteiligt waren, sollten keine Zahlungen mehr erhalten.
Nach Gespächen mit Ministerialbeamten im Arbeits- und Sozialministerium
beklagte Zuroff strukturelle Hindernisse. So wurden erst 5 Pensionen
gestrichen, in 14 weiteren Fällen besteht eine realistische Aussicht,
dass die Auszahlung der Rente ausgestellt wird.
Nach Gesprächen mit dem Ministerialdirigenten Jürgen Becker kam Zuroff
zur Einsicht, dass die ursprüngliche Ankündigung nicht durchgeführt
wurde. Vor einem Jahr kündigte Norbert Blüm an, an Kriegsverbrechen
beteiligte würden die Rente verlieren. In der Realität werden nur
Verurteilte Kriegsverbrecher ihrer Rente verlustig.
Der an der Gesetzesnovelle beteiligte Abgeordnete der Grünen Volker Beck
stellte eine weitere Novelle des Gesetzes in Aussicht. Bei seinem
Treffen mit dem Bundestagsabgeordneten Winni Nachtwei, der sich
jahrelang gegen die ungerechte Behandlung von Opfern der Shoa im
Baltikum zur Wehr setzte, versuchte Zuroff die Mobilisierung einer
breiteren Öffentlichkeit in Europa zu erörtern.
Die Schwierigkeiten, die auch die neue rot-grüne Regierung in Bonn zu
haben scheint, Entschädigungen an die Opfer der Shoa in Osteuropa
auszuzahlen, ist ein weiteres Indiz dafür, dass von Schlussstrich keine
Rede sein kann. Die juristische Aufarbeitung jedoch ist um einige Grade
schwieriger.
Das Wiesenthal-Center hat im letzten Jahr eine grosse Menge von Akten
dem Ministerium Blüms zur Verfügung gestellt. Die geringe Zahl der
Erledigungen scheint für sich zu sprechen, die weitere Entwicklung
werden wir gespannt verfolgen.
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Sonntag 07-02-99 |