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Eine weitere Farce zeichnet sich ab:
Zweiter Prozess gegen Nazikriegsverbrecher in Litauen
vertagt
Vilnius - Am Dienstag ist der Prozeß gegen den NS-Verbrecher und
stellverttretenden Leiter der litauischen Sicherheitpolizei "SAUGUMAS" Kazys
Gimzauskas in der litauischen Hauptstadt Wilna vertagt worden, weil der
92jährige Angeklagte nicht erschien.
Sein Anwalt sagte dem Gericht, Gimzauskas sei erkrankt und müsse im
Bett bleiben. Der Richter setzte den Beginn des Prozesses daraufhin auf
Mittwoch an. Am Mittwoch wurde in einer vier Minuten dauerdnden
Verhandlung festgesetzt, eine neuerliche medizinische Untersuchung zu
veranlassen.
Gimzauskas ist angeklagt, während der Besetzung Litauens von 1941 bis
1944 zahlreiche Juden einem deutschen Erschießungskommando überstellt zu
haben. Zu diesem Zeitpunkt gehörte er in leitender Funktion der
litauischen Geheimpolizei an. Mehr als 95% Prozent der 240.000
litauischen Juden kamen während der Besetzung ums Leben. Litauer waren
in den Hilfsploizeieinheiten wie als Spitzel oder als Räuber jüdischen
Besitzes aktiv. So waren etwa 40% der Wohungen in Wilna anno 1939 im
jüdischen Besitz, so die Wochenzeitung "VEIDAS".
Viele Litauer befürchten Forderungen von jüdischer Seite. Moralische
Fragen anderer Art sind in der postkommunistischen Gesellschaft noch
immer tabuisiert. Alle Schichten der litauischen Gesellschaft scheinen
in großem Ausmaß am Holocaust beteiligt zu sein. Die Diskussion über die
Beteiligung von Litauern am Holocaust wird durch Mythen und Legenden
überschattet. So forderte der stellvertetende Vorsitzende des SEIMAS,
des litauischen Parlaments, Ozolas in einem Schreiben, Juden vor Gericht
zu stellen, die angeblich massenhaft Litauer getötet haben sollen.
Unterstützt wurde der Anführer der "Zentristen" von Rimantas Smetona,
Nachfahre des litauischen Diktators von 1926-1940 Antanas Smetona und
Ultranationalist, sowie dem früheren Bildungsminister Zinkevicius, der
in seiner Amtszeit die Schulen der polnischsprachigen Minderheit in
Litauen schliessen wollte. Beweise für Verbrechen von Juden an Litauern
nannte Romualdas Ozolas, dessen Partei angeblich der Liberalen
Internationale angehört, keine.
Kazys Gimzauskas wanderte nach dem Krieg in die USA aus und war dort
als Mechaniker tätig .Im Jahre 1993 wurde ihm nach einer Untersuchung
des Office of Special Investigation seine US-Staatsbürgerschaft
per Gericht aberkannt , da er falsche Angaben über seine Vergangenheit
gemacht hatte. Daraufhin kehrte er nach Litauen zurück.
Der Angeklagte war bei der Geheimpolizei Saugumas in den Jahren
1941-1944 Stellvertreter von Aleksandras Lileikis, der wegen ähnlicher
Verbrechen angeklagt ist. Dessen Verfahren mußte wiederholt aufgrund
seiner schwachen Gesundheit verschoben werden. Am Donnerstag findet die
nächste Verhandlung gegen Lileikis statt.
Efraim Zuroff, Leiter des Wiesenthal Centers in Jerusalem, drückte
haGalil am Telefon seine Hoffnung aus, daß die nunmehr stattfindenden
Prozesse die Gesellschaft in Litauen dazu ermuntern werden, sich den
dunklen Kapiteln der Vergangenheit Litauens zu stellen.
Es war der Druck jüdischer Organisationen wie des Wiesenthal Centers
und des US-Justizministerium, welcher die litauischen Behörden bewog,
nach langem Schweigen die Untersuchung einzuleiten. Die fehlende
Bereitschaft des litauischen Präsidenten Valdas Adamkus, sich mit Efraim
Zuroff zu treffen, scheint darauf hinzudeuten, daß noch ein langer Weg
vor uns liegt.
Einem Team des ZDF sagte Adamkus, eine Angebot für ein Treffen des
Wiesenthal Centers Jerusalem wäre gar nicht an ihm herangetragen worden.
Er würde die Tätigkeit Zuroffs "begrüssen", so Adamkus. Ist der
litauische Präsident von den falschen Beratern umgeben?
haGalil
onLine - Mittwoch 06-01-99 |