
Oder vielleicht lieber doch nicht?
Michael Naumann will Holocaust-Museum statt Mahnmal
Planung auf dem für das
Mahnmal vorgesehenen Gelände - Bubis und Rosh lehnen Vorschlag ab -
Opposition kritisiert Vorgehen
Bonn/Berlin- Die deutsche Bundesregierung überlegt , statt des in
eine heftige Kontroverse geratene Mahnmals an die ermordeten Juden Europas,
in Berlin ein Museum zu errichten, das ständig an die Shoah erinnern soll.
Diesen Plan präsentierte der Kulturbeauftragte der Bundesregierung, Michael
Naumann, am Montag in Bonn.
Naumann hatte schon im Wahlkampf zur deutschen Bundestagswahl am 27.
September seine Bedenken gegen das in der Nähe des Brandenburger Tores von
Peter Eisenmann geplante Monument geäußert.
Das Grundstück des Bundes zwischen Brandenburger Tor und Leipziger
Platz sei mindestens 150 Millionen Mark wert. Der Architekt Peter
Eisenman, dessen Mahnmal-Entwurf eines «Stelenfeldes» mit etwa 2.500
Betonsäulen lange als wahrscheinlichste Lösung galt, soll an der neuen
Konzeption mitwirken. Er werde mit ihm am 19. Dezember in Berlin
zusammentreffen, sagte Naumann.
Michel Friedmann und Lea Rosh zeigten sich von Naumanns Plan wenig
angetan. "Deutschland ist nicht fähig, der jüdischen Toten zu gedenken"
meinte die Vorsitzende des privaten Förderkreises zur Errichtung des
Denkmals für die ermordeten Juden und Intendatin des NDR Leah Rosh. Sie
nannte Naumanns Vorschläge den "verzweifelten Versuch, kein Denkmal
bauen zu wollen".
Der Kulturbeauftragte und künftige Staatsminister Naumann setzte sich
für eine neuartige Gedenk- und Ausstellungsstätte mit umfangreicher
Bibliothek sowie einem Forschungszentrum ein. Als Möglichkeit zur
Finanzierung nannte er den Verkauf eines Teils der jetzigen Brachfläche.
Zur Frage von Mahnmalen gab der Kulturbeauftragte zu bedenken,
daß sie letztlich nicht geeignet seien zum ständigen Erinnern. Das bisher
diskutierte Denkmal könnte auch als ein «marmorierter Schlußstrich» unter
die Vergangenheit mißverstanden werden, gab Naumann zu bedenken. Eine Gruppe
von Künslern und Intellektuellen unter Führung von Georgy Konrad und Günther
Grass hatte ähnliche Bedenken kundgetan.
Als geeignete Orte des Gedenkens hätten sich die Mahnstätten in den
Konzentrationslagern erwiesen. Sie bedürften jedoch der besseren
Betreuung, so Naumann. Naumann sagte, er habe bereits den Vorsitzenden
des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, über die
Vorstellungen unterrichtet. Bubis habe das Projekt «mit Interesse zur
Kenntnis genommen». Das nun geplante Museum solle sich auf die
Verbrechen an den Juden konzentrieren.
Dagegen sagte Bubis der Berliner Zeitung «Der Tagesspiegel», Naumanns
Vorschlag habe nichts mehr mit einem Mahnmal zu tun. Statt dessen ein
Museum zu errichten, sei für ihn nicht akzeptabel. Allerdings könne man
über ein Museum als zusätzliche Einrichtung zu dem Mahnmal reden.
Politiker der Opposition und von den Grünen kritisierten, daß Naumann
seine Vorschläge bekanntgegeben habe, ohne vorher den Bundestag zu
informieren. Dieser wies darauf hin, daß noch nichts konkret entschieden
sei. Es gebe weder einen Zeitplan noch ein Finanzierungskonzept.
Zugleich gab Naumann bekannt , daß Bundestagspräsident Wolfgang Thierse
die parlamentarische Behandlung des Fragenkomplexes vorbereiten wolle.
Die Saison des Schlußstriches hält an.
Zuerst lenkt Bubis ein, anschließend walsert Naumann das Denkmal an die
Shoah nieder.
Die Berliner Republik läßt schön grüssen.
SLW
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Dienstag 15-12-98 |