politik-digital:
Bonner Kompetenzgerangel um Multimedia-Politik
Hamburg - Nach dem Amtsantritt von Gerhard Schröder sind die
Kompetenzen für Neue Medien auf Kabinetts- und Bundestagsebene neu verteilt
worden. Wichtigste Wende unter der Rot-Grünen-Regierung: Multimedia ist zum
Wirtschaftsthema geworden. Darüberhinaus bleiben allerdings eine Reihe von
Aufgabenverteilungen strittig, wie politik-digital berichtet (http://www.politik-digital.de).
Die Zuständigkeit für das Feld der Informations- und
Kommunikationstechnologie ist vom Bildungs- und Forschungsministerium in
das Bundeswirtschaftsministerium gewechselt. Als neuer parlamentarischer
Staatssekretär im Wirtschaftsministerium wird damit der
SPD-Medienpolitiker Siegmar Mosdorf zum zentralen Gestalter der Bonner
Multimedia-Politik.
"Nachdem Stollmann als Kandidat für das Wirtschaftsministerium
ausgestiegen ist, heißt der Multimedia-Mann in der neuen Bundesregierung
eindeutig Mosdorf", stellt Bildungspolitiker Matthias Berninger (www.berninger.com)
von Bündnis90/ Die Grünen fest. Der Multimedia-Wirtschaft ist diese
Neuakzentuierung nur Recht. Alexander Felsenberg, Geschäftsführer des
Deutschen Multimedia-Verbandes (DMMV): "Unsere wichtigsten
Ansprechpartner sitzen ohnehin im Wirtschafts- und Finanzministerium."
Bedauert wird diese Entwicklung jedoch in den eigenen Reihen. So
wähnte sich der SPD-Bildungspolitiker und bundespolitische
Internet-Experte Jörg Tauss (www.tauss.de)
schon arbeitslos. "Ich würde es sehr bedauern, wenn wir künftig
Multimedia nur noch als Wirtschaftsfaktor diskutieren und andere
Perspektiven der neuen Medien in der Gesellschaftspolitik
vernachlässigen", erklärt er im politik-digital-Interview.
Deshalb planen Bildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) und ihr
parlamentarischer Staatssekretär Wolf-Michael Catenhusen (SPD) bereits
die Gegenoffensive, um das Feld Multimedia nicht allein den
Wirtschaftspolitikern in der Schröder-Regierung zu überlassen. Im Auge
haben Sie dabei insbesondere die von CDU-Amtsvorgänger Jürgen Rüttgers
mit Hilfe der Telekom gestartete und vielkritisierte Initiative "Schulen
ans Netz".
Neben der Wirtschafts- und Bildungspolitik wird Multimedia in
der neuen Regierung aber auch eine Angelegenheit der Kulturpolitik.
Michael Naumann, neuer Staatsminister für Kultur und Medien im
Kanzleramt, will sich neben Buchpreisbindung, Holocaust-Denkmal und
deutschem Film künftig auch mit den Neuen Medien befassen. Ein
Kompetenzstreit scheint vorprogrammiert.
Hinzukommt, daß im Bundestag die Kulturpolitiker das Thema Neue
Medien entdeckt haben. So wurde in letzter Minute der Ausschuß für
Kultur um den Bereich Medien erweitert. Vorsitzende des Ausschusses für
Kultur und Medien
(www.bundestag.de/gremien/gremien/a23.htm)
wird die SPD-Abgeordnete und Publizistin Dr. Elke Leonhard (www.dr-elke-leonhard.de),
zu ihrer CDU-Stellvertreterin wurde die ostdeutsche Diplombildhauerin
Dr. Margarete Späte gewählt.
Angesichts der geteilten Zuständigkeiten von Wirtschafts-,
Kultur- und Bildungspolitik fürchtet die CDU/CSU-Opposition eine
"Zerstückelung in der Medienpolitik", wie der CSU-Abgeordnete
Mayer formuliert. Aber auch in den Reihen der Regierungspartei herrscht
Unzufriedenheit über die mehrfache Kompetenzüberschneidung in Sachen
Neue Medien. Tauss: "Sicher, ich hätte mir auch gewünscht, daß
das an einer Stelle und in einer Person gebündelt ist. So wie in den
USA, wo mit Vizepräsident Al Gore die Internetförderung zur absoluten
Chefsache erklärt worden ist, und der Vizepräsident persönlich den Weg
des Staates auf den InformationHighway politisch federführend gestaltet
hat. Ein deutscher Al Gore aber ist noch nicht in Sicht."
Es ist schon erfreulich, dass in der deutschen Politik das Wort
Internet mittlerweile schon als eine vorhandene Größe wahrgenommen wird.
Wir können hoffen???
Verantwortung, Information und Kommunikation:
Die Jugend ist
ihren Lehrern weit vorraus
haGalil onLine -
Mittwoch 04-12-98 |