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Grigory Jawlinski:
Russischer Wunderrabbi oder Zweckoptimist?

Exklusivinterview mit Russlands profiliertestem Reformer

Vor zwei Wochen wurde die bekannteste Politikerin in Russland getötet. Galina Starowoitowa, die sich im Jahr 2000 um das Präsidentenamt bewerben wollte, hatte unter den politischen Extremisten Rußlands viele Feinde. Erst kürzlich hatte sie sich für ein Strafverfahren gegen den kommunistischen Duma-Abgeordneten Albert Makaschow eingesetzt. Der Exgeneral war mit Parolen wie «Alle Juden ins Grab» unrühmlich bekannt geworden und hatte damit eine Diskussion um ein Verbot der Kommunistischen Partei ausgelöst.

Am Mozae Shabbat hatte haGalil Gelegenheit,mit Grigory Jawlinski zu sprechen. Der Chef von "Jabloko" (Der Apfel) vereinigt die verbliebenen Hoffnungen der Reformer in Russland, die Premier Primakow noch Freitag früh für alle derzeitigen Schwierigkeiten verantwortlich machen wollte.

Der 46 jährige Jawlinski hielt sich anläßlich einer Konferenz der Herbert Quandt Stiftung in Berlin auf, an der unter anderen die Präsidenten Litauens, Moldawiens und Mazedoniens teilnahmen. Wirtschaftkapitäne wie der deutsche Bundesbankpräsident Tietmeyer oder Wallenberg-Chef Barnevik diskutierten mit Jaques Santer, Romano Prodi und anderen über die wirtschaftlich Zukunft Europas. An Geist, Esprit und Verve schien Grigory Jawlinski all diese Herren zu überragen.

haGalil: Wie sehen Sie die Zukunft ihrer Kinder, werden Sie eine haben? (Jawlinski hat zwei Kinder, im Alter von 17 und 27, Anm. der Redaktion)

Jawlinski: Genau daran arbeite ich. Es ist sozusagen Thema unseres Gespräches, oder?

haGalil: Wo sehen Sie die Chancen ihrer Bewegung, mehr Einfluss im politischen Spektrum zu gewinnen. Ist ihr Elektorat ausgeschöpft?

Jawlinski: Wir hatten etwa 12% der Wähler bei den letzten Wahlen zur Duma. Dies ohne wirklichen Zugang zu den elektronischen Medien. Es gibt 96.000 Wahlzellen in Russland. Wir hatten in JEDER Wähler. Manchmal nur 0.5 oder 1%, aber meine Wähler sind überall in Russland zu finden. Die "Brüder im Geiste" (Jawlinski wiederholt beschwörend in Russisch: "bratja po razumu") leben wirklich überall. Wir haben ein Potential von 15-20%. Junge Leute, die mehr Zugang zu Information haben sind unser Versprechen für die Zukunft. Ja, wir haben eine vielversprechende Zukunft, denke ich.

haGalil: Wie betrachten Sie den Mord an Galina Starowoitowa am Freitag?

Jawlinski: Wir sehen dies als Warnzeichen für liberale und demokratische Kräfte. Wir müssen durch Wahlen Macht gewinnen. Das muss unsere Antwort sein. Es müssen faire Wahlen sein. Wir müssen selbst für unsere Zukunft kämpfen. Wir dürfen nicht nochmal über den Tisch gezogen werden von der früheren Sowjet-Nomenklatur wie letztes Mal.

haGalil: Wie beurteilen Sie die antisemitischen Aussagen des Exgenerals und stellvertretenden Chefs der Kommunisten Makaschov? Deutet dies auf eine Spaltung der Kommunisten hin?

Jawlinski: Hören Sie, ich bin kein Experte für Kommunisten. So fern ich diese beurteilen kann, ist eine Art von Spaltungsgruppe innerhalb der KP. Etwa ein Drittel dürfte die Ansichten Maschkarovs teilen, etwa 2/3 dürften den anderen Flügel unterstützen.

haGalil: Würde es ihren politische Zielen passen, wenn es eine Spatung der Kommunisten gebe?

Jawlinski: Ja, es sollte einen linken zivillisierten Flügel geben. Meine Partei ist eher rechtsliberal im westlichen Sinn, ein linker Flügel wäre gut für uns und unsere Demokratie. Es muss einen linken Flügel geben, ja. Ich würde gerne Gesprächspartner haben, mit denen ich sprechen kann. Mit den jetzigen Kommunisten ist dies nicht möglich.

haGalil: Sehen Sie eine Zukunft für Juden Russland?

Jawlinski: Erstmals muss ich betonen, dass es keinen weitverbreiteten Antisemitismus in Russland gibt ("On the grass root level", so Jawlinski im Original). Jetzt weiss ich, dass Antisemitismus in Russland hauptsächlich STAATLICHER Antisemitismus war. Die einfachen Leute sind an sich sehr freundlich. Natürlich gibt es Antisemitismus. Er wird nicht größer als in Deutschland oder Frankreich sein, schätze ich. Antisemitismus gibt es ja leider überall.
Zur Frage nach der Zukunft: Ja, es gibt eine Zukunft für Juden in Russland. Sehen Sie Moskaus Bürgermeister Luschkow. Er eröffnet Synagogen, zieht sich brav eine Kippa (Jawlinski ringt sichtlich nach dem Wort) an. Der Mann kämpft um das Präsidentenamt. Judentum ist modern in Russland. Nicht gerade sehr modern, aber es ist doch zumindest kein Hindernis mehr, Jude zu sein.

haGalil: Ist die Verbindung zwischen Juden und Liberlismus eine Gefahr , politisch gesehen?

Jawlinski: Nein; früher gab es nicht so wenige Juden unter den führenden Kommunisten. Denken Sie an die engsten Mitarbeiter von Lenin beispielsweise. Heute sind die meisten Juden liberal, das stimmt. Gefahr sehe ich keine darin. Es gab also ganz verschiedene Juden in Russlands Geschichte. Nicht wahr?

haGalil: War es jemals für Sie ein Hindernis, Jude zu sein?

Jawlinski: Nein, niemals.

haGalil: Haben Sie je an Auswanderung gedacht?

Jawlinski: Nein, ich bin Russe, das ist meine Heimat. Ich bin tief in der russischen Kultur verwurzelt. Es ist immer das Gefühl da: "Das ist mein Land".

haGalil: Sind sie eigentlich auf westliche Partner für die Finanzierug ihrer Partei angewiesen?

Jawlinski: Eine schlichte und einfache Antwort: Dies ist bei uns illegal. Gebe es Leute im Westen, die meine Ideen unterstützen und teilen, wäre ich sehr dankbar.

Hagalil : Sie erwähnten Luschkow. Ist er für Sie der aussichtsreichste Kandidat für den Nachfolger Jelzins als Präsident?

Jawlinski: Ich halte mich für den aussichtsreichsten Kandidaten , sonst würde ich nicht kämpfen (lacht). Letztes Mal wurde ich vierter, nächstes Mal hoffe ich auf mindestens den dritten Platz. Eine rechte liberale Partei, die für eine offene zivile Gesellschaft, die Menschenrechte, eine faire Gesetzgebung, eine Landreform, stabile Währung und Wohlstand eintritt, muss sich langfristig in Rußland durchsetzen. Dafür werde ich kämpfen.Galina (19kB)

SLW

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haGalil onLine - Dienstag 08-12-98

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