Das Leben der Ärztin
veränderte sich, als sie und drei andere Ärzte von Amnesty International
gebeten wurden, sich einige politische Gefangene des verbrecherischen
griechischen Obristenregimes anzuschauen. Von ihren Leiden ergriffen,
begann sie mit der Arbeit an einer Studie über Folter, ihre Folgen sowie
die Behandlung der Opfer.
"Am Anfang dachten wir: Gut, wir
flicken sie zusammen, richten die Knochenbrüche und schicken sie wieder
nach Hause", sagt Dr. Genefke. "Aber wir begriffen bald, daß es der
Schmerz in ihren Seelen war, an dem sie zugrunde gingen." Damit begab
sich die Ärztin auf ein unbekanntes Gebiet der Medizin. Sie und ihre
Arbeitsgruppe machten sich daran, Heilungsmöglichkeiten für Folteropfer
zu suchen. Mit Erfolg: Therapiezentren auf der ganzen Welt nutzen
mittlerweile die Studien und Rehabilitationsprogramme.
Dr. Genefke begann auch, den Schleier
der Gleichgültigkeit und Unwissenheit zu zerreißen, unter der Folter
gedeiht: Sie organisierte Seminare, sprach auf Versammlungen und
sammelte Geld. Was sie und ihre Mitstreiter in aller Welt tun, hat das
Leben zehntausender Gezeichneter, Geschundener, Verletzter verändert.
Für diese außerordentliche humanitäre
Leistung wurde sie jetzt von Reader's Digest zur Europäerin des Jahres
gekürt. "Folter gehört seit Jahrhunderten zu den dunklen Seiten der
Menschheitsgeschichte", sagt Dr. Genefke in der Januarausgabe von Das
Beste - Reader's Digest. Über ein Drittel aller 185 Mitglieder der
Vereinten Nationen wendet Folter an oder toleriert sie. Zum 50.Jahrestag
der Menschenrechtserklärung am vergangenen Freitag haben Politiker und
Verbände einen international verstärkten Kampf gegen Folter, Gewalt und
Willkür gefordert. Dr. Genefke hat diesen Kampf vor über 20 Jahren
aufgenommen. Dafür wurde sie jetzt von den Chefredakteuren der
europäischen Ausgaben der Zeitschrift ausgezeichnet.
Am 11. Januar 1999 wird Dr. Genefke den
Preis in Kopenhagen in Empfang nehmen. Damit verbunden ist eine Spende
von 10.000 US $ an die von ihr gegründeten Organisationen für die
Behandlung von Folteropfern.