
Spurensuche in Thüringen:
Juden in Jena
Unter dem Titel 'Juden in Jena - eine Spurensuche'
publiziert der Jenaer Arbeitskreis Judentum anläßlich des 60. Jahrestages
der »Reichskristallnacht« in Buchform die Ergebnisse seiner Recherchen zu
Jenas jüdischen Bürgerinnen und Bürgern. Der Arbeitskreis entstand 1985 in
Zusammenhang mit der Vorbereitung der Friedensdekade der evangelischen
Kiche. In jenem Jahr fand erstmals eine Veranstaltung zum Gedenken an den
Pogrom von 1938 in der Friedenskirche statt, aus dieser Veranstaltung ist
inzwschen eine Tradition geworden.
Den Mitgliedern des Kreises sind auch wichtige
Erinnerungszeichen in unserer Stadt zu verdanken: Eine Gedenktafel am
Westbahnhof »Zum Gedenken unserer Jenaer Mitbürger, die rassisch
Verfolgten, Juden, Roma und Sinti, die von hier aus in die
faschistischen Todeslager deprotiert wurden.« – und ein Gedenkstein im
Paradies (dem Jenaer Stadtpark) mit einem Zitat des berühmten
chassidischen Rabbis Baal Shem Tov: »Erinnerung ist das Geheimnis der
Erlösung«.
Darüber hinaus bemühte sich der Arbeitskreis von Anfang an,
Spuren jüdischen Lebens in der Jenaer Region zu entdecken sowie Kontakte
zu Juden, Angehörigen von Opfern und zu Zeitzeugen aufzubauen. Ein Teil
der dabei gewonnenen Informationen wurde in den vergangenen Jahren in
den Gedenkveranstaltungen, bei Ausstellungen und mit Vorträgen der
Öffentlichkeit vorgestellt. Eine erste Zusammenfassung erfolgt nun mit
diesem Buch.
Dabei sind sich die Autorinnen und Autoren (sämtlich keine
professionellen Historiker) darüber im Klaren, daß auch sie vielfach nur
Anregungen geben können zum weiteren Fragen, Lesen und Forschen. Dr.
Brigitta Kirsche hat zwei Aufsätze beigetragen, die sich den jüdischen
Einwohnern Jenas vom Mittelalter bis zur beginnenden Emazipation und den
Juden an der Universität widmen. Dr. Albrecht Schröter stellt die
Geschichte der Juden seit dem Ende des 19. Jahrhunderts bis zu ihrer
Vertreibung und Vernichtung dar. In einem weiteren Aufsatz, gemeinsam
mit Sigrid Linke verfaßt, berichtet Schröter von Spuren jüdischen Lebens
nach 1945. Die Themen »Jüdische Geschäftsleute, Rechtsanwälte und Ärzte«
sowie »Jüdische Mitarbeiter bei Zeiss und Schott« haben Dr. Gabriele
Rönnefarth und Gisela Müller bearbeitet. Maria Schmid, die frühere
Direktorin des Romantikerhauses, würdigt jüdische Kunstförderer und
Künstler. Zwei jüdische Bographien im 20. Jahrhundert zeichnet Ulrike
von Wölfel nach.
Die genannten Themen zeigen den Materialreichtum des Buches an;
viele der Aufsätze enthalten bewegende Geschichten einzelner jüdischer
Schicksale.
Am Schluß des Buches schreibt Albrecht Schröter: "Für eine
dialogische Aufarbeitung des dunkelsten Kapitels deutscher Geschichte
ist es angesichts des hohen Alters der von den Repressalien der Nazis
Betroffenen fast zu spät. Und doch haben wir die beglückende Erfahrung
gemacht, daß der Dialog mit den Opfern, die gemeinsame Erinnerung und
Reflexion, die auch Schuld beim Namen nennt, ,das Geheimnis der
Erlösung‘ eröffnet. Nicht zu spät ist es dagegen, in den vielfach
vorhandenen schriftlichen, künstlerischen oder architektonischen Quellen
noch eine Fülle ungehobener Schätze jüdischer Geschichte in unserer
Region zu entdecken – Mosaiksteine, die das Bild, das verschollen
schien, noch vielfarbiger und klarer macht.
Viele fragen sich, ob es überhaupt möglich ist,
,wiedergutzumachen‘, was jüdischen Menschen auch in unserer Stadt
widerfahren ist. Diese Frage ist schwer zu beantworten. Was wir aber tun
können, ist, es in unserem Verhältnis zu jüdischen Menschen,
insbesondere zu den neuen jüdischen Bürgern in Jena besser zu machen als
mancher von uns oder unseren Vorfahren – es einfach 'gut zu machen’".
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Martin Stiebert:
Juden in Jena. Eine Spurensuche
herausgegeben vom Jenaer Arbeitskreis Judentum
200 Seiten, 115 Abb., br.
ISBN: 3-931743-18-7
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Zur Präsentation der Neuerscheinung "Juden in Jena -
Eine Spurensuche" laden wir Sie herzlich zu einem
literarisch-musikalischen Abend am 6. November 1998 um 19 Uhr in die
Jenaer Rathausdiele (am Markt) ein.
Wir freuen uns sehr, Charles H. Friedman und Minister
Dr. Gerd Schuchardt als Gäste begrüßen zu dürfen. Die Veranstaltung
steht unter der Schirmherrschaft von Oberbürgermeister Dr. Peter
Röhlinger.
Christine Jäger, Glaux Verlag Jena
Dr. Albrecht Schröter, Jenaer Arbeitskreis Judentum
haGalil onLine - Mittwoch 04-11-98 |