Ein Fass ohne Boden?
Antijüdische Stereotype
Die österreichische Wochenzeitung "Zur Zeit", gegründet vom ehemaligen
Chefideologen Jörg Haiders, Andreas Mölzer, nimmt in seiner jüngsten Ausgabe
"Juden in Österreich" und "Jüdische Forderungen" als "Thema der Woche" ins
rechte Visier. Die Frage im Übertitel: "Geht es um Recht oder bloss um Geld
und Rache?" wird schon im Haupttitel mit "Ein Fass ohne Boden" beantwortet.
Im Leitartikel der Zeitung, die eigenen
Angaben zufolge mit der Berliner Wochenzeitung "Junge Freiheit"
kooperiert, schreibt Chefredakteur Mölzer, die "Eidgenossen" fühlten
sich "zweifellos erpresst" und hofften - aufgrund der Einrichtung eines
Solidaritätsfonds und der jüngsten Einigung mit den Schweizer Banken -
"nach dem monatelangen Trommelfeuer endlich Ruhe zu haben". Bei der
Diskussion um "ähnliche Forderungen" gegenüber deutschen und
österreichischen Banken kommen dem Leitartikler zufolge "unangenehme
Emotionen" auf. "US-amerikanische 'Krokodil-Anwälte'" würden sich selbst
zu "Staranwälten" ernennen und - so lassen die weiteren Ausführungen
schliessen - entweder unter Zwang stehen oder aber Zwang ausüben, denn
sie würden "Zehntausende von Klienten mehr oder weniger freiwillig um
sich sammeln". Die - im übrigen namentlich nicht genannten - Anwälte
"haben wohl weniger historische Aufarbeitung und Moral im Auge als
vielmehr die fetten Honorarsätze".
Es sei zu hoffen, dass die Vorstösse von
IKG-Präsident Ariel Muzicant "in Hinblick auf die Wiedergutmachung für
arisiertes Vermögen in Österreich selbst in höherem Masse durch wirklich
rechtlich fundierte Ansprüche gedeckt sind". Die Kultusgemeinde wäre
nämlich "schlecht beraten, sollte sie glauben, auf ähnlich repressive
Art und Weise vorgehen zu können" wie die "US-amerikanischen
Krokodil-Anwälte". Da seien die Rechtslage, "so etwas wie die
historische Moral" und auch die "Rücksichtsnahme auf die Stimmung der
Bevölkerung - die ja tunlichst nicht laut geäussert wird" vor, die zu
klugem und massvollem Vorgehen führen sollten. Denn "man sollte einem
durchaus wiedergut-machungswilligen Land und seinen Bürgern", so
schliesst Mölzer seine Ausführungen, "nicht das Gefühl geben, dass sie
gewissermassen ad infinitum als Melkkuh für Ansprüche herhalten müssen,
für die es keine rechtliche und moralische Grundlage mehr gibt".
Im Blattinneren werden die Ausbrüche des
Chefredakteurs durch antisemitische Inhalte ergänzt: heutige Wiener
Juden werden unter anderem mit "Ziegenbart und zwei langen Locken über
beide Ohren" beschrieben.
Jüdische Rundschau Maccabi,
27.8.1998
Anton Legerer, Jr.
A-1100 Wien, Tel & Fax ++43-1-606 5365
Leserbriefe zum Thema finden Sie z.B.
unter:
Überzogene Forderungen???
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Samstag, 14. Dezember 2013 |