antisemitismus.net / klick-nach-rechts.de / nahost-politik.de / zionismus.info
haGalil onLine - http://www.hagalil.com

  

hagalil.com

Search haGalil

Veranstaltungskalender

Newsletter abonnieren
e-Postkarten
Bücher / Morascha
Musik

Koscher leben...
Tourismus

Aktiv gegen Nazi-Propaganda!
Jüdische Weisheit
 
Archivierte Meldungen aus den Jahren 1995 - 1999

Nachrichten

Jüdische Rundschau - Basel

Österreich:
Angst vor Schweizer Verhältnissen

Nach der Einigung über Ansprüche der klagenden Überlebenden der Schoa mit UBS und Credit Suisse richtet sich das Augenmerk verstärkt auf Ansprüche gegenüber österreichische Unternehmen.

Wien, 23. August 1998 - Seit Erlangung der eigenstaatlichen Souveränität nach dem Zweiten Weltkrieg ist die Schweiz Vorbild für Österreich, und ganze Generationen sind mit dem Vorbild der Schweizer Neutralität und der Schweizer wirtschaftlichen Prosperität aufgewachsen. Bei der historischen und juristischen Auseinandersetzung über die Rolle der Banken und sonstiger Unternehmen bei der Entrechtung und Enteignung von Juden während der nationalsozialistischen Verfolgung findet sich Österreich erneut in den Fußstapfen des eidgenössischen Nachbars wieder. Reaktionen auf die Schweizer Einigung und auf angekündigte Forderungen von Überlebenden zeigen Parallelen - trotz des wesentlichen Unterschieds, daß die Beteiligung der österreichischen Firmen über die finanzielle Bereicherung hinaus bis zur mittelbaren und unmittelbaren Beteiligung an der Schoa - etwa durch Zwangsarbeit bis zum Tod - reichte. Parallelen bestehen auch insofern, als das Unrecht und die Bereicherung in der Schweiz wie auch in Österreich auch nach dem Nationalsozialismus fortdauerten.

Reaktionen auf die Schweizer Einigung

Seitens der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien wird die Einigung als "Ansporn für Österreich" bezeichnet (die IKG hatte bereits im Juli - die Rundschau berichtete - eine "von Österreich" ausgehende Klärung der arisierten Vermögen angeregt). Auch Simon Wiesenthal wird mit einem "Besser spät als nie" als Anerkennung der Einigung über die Zahlung von 1,25 Mrd. USD zitiert.

Anders einige Pressestimmen, die - wie etwa der Kommentator der Tageszeitung "Die Presse" - davon sprechen, daß selbst "den prinzipiell Zahlungswilligen das Messer angesetzt" worden wäre, und den Verdacht äußern, "extreme Flügelmänner des Konflikts" könnten "weiterzündeln". Von "überzogenen Vorwürfen" ist in der Boulevardzeitung "Kurier" zu lesen, deren Herausgeber zugleich selbstkritisch fordert, "aus den Fehlern der Schweizer zu lernen". Es handle sich bei den Klägern um eine selbstbewußte Generation, die "nicht irgendeine Art von Wiedergutmachung, sondern schlicht ihr Recht" verlange. Für Österreich fordert der "Kurier" eine "schonungslose Aufklärung".

Österreichische Banken

In der Zwischenzeit wird über die Involvierung der beiden österreichischen Banken Creditanstalt-Bankverein (CA) und Länderbank in die Goldtransaktionen der Deutschen Bank bzw. der Reichsbank diskutiert, nachdem der New Yorker Anwald Edward Fagan vor zwei Wochen eine Klage der heutigen CA-Eigentümerin, der Bank Austria, öffentlich überlegt hatte. Die CA, die ab 1938 zum Einflußbereich der Deutschen Bank zählte, und ab 1942 mehrheitlich der Deutschen Bank gehörte, ist in Transaktionen mit Raubgold involviert gewesen. Das stellte die von der Deutschen Bank beauftrage Historiker-Kommission unter der Leitung von Jonathan Steinberg fest. Entsprechende Geschäfte sind mit Istanbul und der Schweiz aktenkundig. Mittlerweile ist auch die damalige Länderbank, die von der Dresdner Bank übernommen worden war, als Mitbeteiligte ins Gerede gekommen. Detailliertere Erkenntnisse über die Involvierung der Länderbank verspricht der für Oktober angekündigte Bericht des Hannah-Arendt-Institutes an der TU Dresden. Beide Banken sind mittlerweile in der heutigen Bank Austria (vormals: Zentralsparkasse der Stadt Wien) aufgegangen. Die Bank Austria hüllte sich nach anfänglichem Bekenntnis zur umfassenden Kooperationsbereitschaft in eisernes Schweigen.

Die C.H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung in München stellt übrigens die englische Fassung des Historiker-Berichts der Kommission unter der Leitung von Jonathan Steinberg über die Goldtransaktionen der Deutschen Bank und die Verbindung zu Österreichs Creditanstalt bis zur deutschen Buchveröffentlichung via Internet zur Verfügung: www.beck.de/gw/index.html.

Österreichische Unternehmen als Profiteure von Zwangsarbeit

Wie die österreichische Presseagentur APA vermeldete, bereitet die ebenfalls in New York ansässige Anwaltskanzlei Melvyn Weiss mittlerweile eine Sammelklage gegen mehrere österreichische Unternehmen, die Zwangsarbeiter einsetzten und die Wirtschaftsbeziehungen zu den USA unterhalten, vor. Der Inhalt der Klage soll nicht die vorenthaltenen Löhne und Gehälter der Zwangsarbeiter, sondern die Gewinne betreffen, die die Firmen aufgrund der Rekrutierung von Zwangsarbeitern lukrierten. In einigen Fällen könnten Firmen auch wegen grausamer Behandlung der Zwangsarbeiter in den - innerhalb der Ostmark zumeist dem Konzentrationslager Mauthausen angeschlossenen - "Arbeitslagern" belangt werden.

Zeithistoriker haben bereits seit den Achtziger Jahren recherchiert, daß so gut wie alle größeren Firmen vom Einsatz von Zwangsarbeitern profitierten. Das Verzeichnis der nun zu belangenden Firmen liest sich denn auch wie das "Who is Who" des österreichischen Wirtschaftslebens: Betriebe der VOEST (ehemalige Hermann-Göring-Werke), Steyr-Daimler-Puch, Universale, Stuag und andere.

Die Zahl der in Österreich eingesetzten Zwangsarbeiter ist schon alleine deswegen unvorstellbar hoch, weil neben 80.000 KZ-Häftlingen sowie - gegen Kriegsende - rund 10.000 ungarischen Juden und Kriegsgefangenen auch rund 580.000 Zwangsarbeiter aus dem eroberten Osten als "Zivile Ausländer" in praktisch allen Bauernhöfen eingesetzt waren.

Arisiertes Vermögen

Hinsichtlich des arisierten Vermögens (Wertgegenstände, Liegenschaften, Wohnungen, etc.) vermeldet die Tageszeitung "Kurier" ebenfalls eine Wende: die Rückstellungsgesetze, die die Rückgabe von enteignetem Vermögen regeln sollten, könnten vor dem Verfassungsgerichtshof angefochten werden. Zeitzeugen berichteten schon seit langem, daß die nach diesen Gesetzen abgewickelten Verfahren stets zu ihren Ungunsten abgelaufen wären, weil etwa die Beibringung nicht vorhandener und auch nicht duplizierbarer Dokumente gefordert worden wäre, oder weil Zwangsverkäufe als rechtmäßig anerkannt worden wären. Erst im Jänner dieses Jahres war die Öffentlichkeit durch die spektakuläre Beschlagnahme von zwei Schiele-Gemälden aus der österreichischen Sammlung Leopold, die im New Yorker Museum of Modern Art ausgestellt waren, auf diese Problematik aufmerksam geworden. Im Zuge der Berichterstattung wurden sogar etliche Fälle von Erpressungen nach dem Krieg bekannt: Kunstwerke durften etwa nur dann aus Österreich exportiert werden, wenn zugleich eine Schenkung wertvoller Exponate an ein österreichisches Museum erfolgte (die Familie Rothschild wurde so zu einer großzügigen "Spenderin" für das Kunsthistorische Museum in Wien).

Die Frage nach der Rückstellung arisierten Vermögens betrifft einen riesigen Vermögenskomplex, zu dem 70.000 in Wien arisierte Wohnungen sowie 26.000 arisierte Betriebe, aber auch Autos, Wertgegenstände wie etwa Musikinstrumente, Bilder und Plastiken, Einrichtungsgegenstände jeder Art sowie Lagerbestände und das Inventar von Firmen zählen sollen - eine genaue Dokumentation steht freilich noch aus.

Gekürzte Fassung in: Jüdische Rundschau, Maccabi 808-98)

Anton Legerer, Jr.
A-1100 Wien, Tel & Fax ++43-1-606 5365

Leserbriefe zum Thema finden Sie z.B. unter: Überzogene Forderungen???
haGalil onLine - Samstag, 14. Dezember 2013

  • Wenn Sie Ihre Meinung äußern möchten:
    Bitte melden Sie sich im Offenen Forum zu Wort!

Israel & NahOst Meldungen aus Israel
Europa Meldungen aus den weiteren Ländern Europas
Bundesrepublik Meldungen aus der Bundesrepublik Deutschland
Österreich Meldungen aus der Republik Österreich
Schweiz Meldungen aus der Schweizer Eidgenossenschaft

Freie Rundschau Mitteleuropa

 
Die hier archivierten Artikel stammen aus den "Anfangsjahren" der breiten Nutzung des Internet. Damals waren die gestalterischen Möglichkeiten noch etwas ursprünglicher als heute. Wir haben die Artikel jedoch weiterhin archiviert, da die Informationen durchaus noch interessant sein können, u..a. auch zu Dokumentationszwecken.


Spenden Sie mit PayPal - schnell, kostenlos und sicher!
Werben in haGalil?
Ihre Anzeige hier!

Advertize in haGalil?
Your Ad here!
haGalil.com ist kostenlos! Trotzdem: haGalil kostet Geld!

Die bei haGalil onLine und den angeschlossenen Domains veröffentlichten Texte spiegeln Meinungen und Kenntnisstand der jeweiligen Autoren.
Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber bzw. der Gesamtredaktion wieder.
haGalil onLine

[Impressum]
Kontakt: hagalil@hagalil.com
haGalil - Postfach 900504 - D-81505 München

1995-2006 © haGalil onLine® bzw. den angeg. Rechteinhabern
Munich - Tel Aviv - All Rights Reserved