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Samuel Laster

"Harazachta vegam Jaraschtha?"

Sifrei Thora in Wilna:
Mord - nicht nur physisch!

vilna.jpg (13950 Byte)Der Besuch des obersten Rabbiners aus Jerusalem Israel Meir Lau vor zwei Wochen in Wilna war ein weiteres Mosaiksteinchen einer schier unendlichen Geschichte.

Etwa 300 Sifrei Thora lagern in der nationalen MAZVYDAS Bibliothek Litauens. Diese wurden in den letzten Jahren aus einer Kirche dorthin überstellt. Manche der heiligen Bücher sind nur als Fragment erhalten und sollten daher beerdigt werden.

Ab dem Jahre 1941 wurden 223 jüdischen Gemeinden ausgelöscht. Es waren vor allem lokale Mörder. Der litauische Präsident bezeichnete diese im Interview mit der Wiener Zeitung "DIE PRESSE" am 23.6.98 verharmlosend als "Wenige Hoolligans". Die Geschichte ist leider anders. Sonst wäre der Grad des Judenmordes in Litauen nicht erklärbar. Etwa 94% der 220.000 Juden, die in Litauen im Jahre 1941 lebten, wurden ermordet. In 42 Orten geschah dies bevor die deutschen Besatzer überhaupt eintrafen. In vielen Fällen wurden die Juden in die Synagoge des Shtetels gepfercht. Die Schändung der Thora gehörte da quasi zur "Norm".

Nun erklären Verantwortliche der seit 1991 von der UdSSR nach großen Kämpfen unhabhängig gewordenen Republik Litauen, die Sifrei Thora wären "Kulturelles Erbe" Litauens. Die nationale Nachrichtenagentur ELTA spricht sogar davon, "Diese Bücher müssen per Gesetz in Litauen bleiben".

Im September 1997 hatten die litauischen Behörden den 200. Todestag des Gaon von Wilna zum Anlass genommen, eine Kette von Veranstaltungen zu präsentieren. Insgesamt sechs Sifrei Thora wurden jüdischen Gemeinden in Litauen übergeben, und mehr werden die etwa 3.500 Juden in Litauen auch nicht benötigen.

Manche jüdische Organisationen liessen sich willig vor den Karren des "Festivals" spannen.

Speerspitze des Protests war wieder einmal Dr. Efraim Zuroff vom Wiesenthal Center in Jerusalem: "Dieses Festival ist ein zynischer Versuch Litauens, sich für EU, Nato und potentielle Investoren positiv in Szene zu setzen".

Eine Rede des israelischen Botschafters Oded Ben Hur, in welcher dieser nichts andereres getan hatte, als die Litauer an die Beteilgung einer beträchtlichen Anzahl von Landsleuten zu erinnern, erregte einen ziemlichen Aufruhr. Zwei litauische Abgeordnete forderten sogar die Ausweisung des israelischen Diplomaten aus Wilna, und dies obwohl bereits 1995 auch der damalige Präsident Algirdas Brazauskas vor der Knesset ebenfalls über diese Beteiligung an den Massenmorden gesprochen hatte.

Der Hauptagitator gegen den Botschafter war ein gewisser Kazys Bobelis, dessen Vater der Militärische Oberkommandeur von Kovno am 22.6.41 war. "Für jeden Deutschen dem ein Haar gekrümmt wird, werden 100 Juden umgebracht", liess dieser in jenem Juni 1941 verlauten. "Alles Lüge" sagt Bobelis heute. Im Wahlkampf liess sich Bobelis zu einigen antisemitischen Aussagen hinreissen, wie Salomon Weintraub aus Wilna der JR berichtete.

In dieser Atmosphäre sollte der Welt klar werden, daß die meisten Litauer die Sifrei Thora nicht herausgeben wollen. Zur Begründung dient die Behauptung, man betrachte sie als "Kulturelles Litauisches Erbe".

Blanker Zynismus?

Der Hauptverhandler mit jüdischen Organisationen war der Abgeordnete zum Seimas Immanuel Singer. Der "Hofjude" ist Leiter der Kommission für Menschenrechte im litauischen Parlament, dem Seimas und Mitglied der konservativen "Heimatunion".

Tatsächlich gibt es eine große Sammlung der YIVO (Jiddisches Wissenschaftliches Institut / gegründet in Wilna) dessen Ruhm weit in die Welt ging. Briefe von Albert Einstein und Sigmund Freud sind unter anderem in der Sammlung. Vor mehr als zwei Jahren hatte das YIVO, das in den 30-er-Jahren nach New York umzog , einige dieser Dokumente erhalten, um sie auf Microfilm zu bannen. Anfang 1998 erschien in der auflagenstärksten Zeitung Litauens "LIETUVOS RYTAS" ein Bericht, der die Verspätung bei der Rückgabe der Dokumente beklagte. Initiator dieses Artikels ware Immanuel Singer.

Es folgte ein heftiger Protest von Tom L. Freudenheim, Leiter des YIVO (NYC), und inzwischen designierter Vize von Michael Blumenthal als Leiter des entstehenden jüdischen Museums in Berlin. Auch Freudenheims Brief wurde in "LIETUVOS RYTAS" veröffetlicht. Die für das YIVO-Archiv Verantwortliche in der litauischen Nationalbibliothek, die unermüdliche Esfira Bramson, wurde im gesamten Disput nie erwähnt.

Die doppelbödige Vorgangsweise der vom "Kulturministerium" geführten Behörden wird sich bei den Sifrei Thora nicht wiederholen. "Wir haben heute ein besseres Verständnis für die Problematik" sagt Parlmentspräsident Landsbergis. (Der Musikologe wird von vielen als "Väterchen" verehrt. Vytautas Landsbergis war einer der aktivsten Kämpfer für die Befreiung Litauens. Inzwischen scheint er in obskure politische Ecken abgedriftet. So verglich er die Nichtberücksichtigung Litauens bei der ersten Runde der EU-Aspiranten mit der Politik der Nazis...).

Gegenüber jüdischen Organisationen versicherte Staatspräsident Adamkus, die meisten Sifrei Thora seien nach Israel zu bringen. Sollte es Litauen ernst meinen, wäre dies ein wichtiger Schritt hin zu mehr Bewusstsein der Vergangenheit gegenüber. Prof. Dov Levin, in Kovno geboren, heute in der Hebrew University, vermutlich der weltbeste Kenner des Baltikum, bezweifelt dies. "Harazachta vegam Jaraschtha?" (Hast du gemordet und auch geerbt?) zitiert er....

SLW

haGalil onLine - Samstag, 14. Dezember 2013

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