Die "Intervention des israelischen Staates"
habe den Konflikt verschärft, so der Primas in seiner öffentlichen
Stellungnahme. In Wirklichkeit hatten zwei Regierungsmitglieder in einem
informellen Gespräch mit dem Botschafter Polens darum gebeten, daß die
polnische Regierung sich um eine Lösung des Konflikts in Auschwitz
bemühen möge. Bislang hat sie jede Verantwortung für die Eskalation der
Situation vor der Gedenkstätte abgelehnt. Für den Primas bedeutet diese
informelle Bitte einen "Eingriff in die Souveränität Polens". Zwar habe
Kazmierz Switon, ein früherer Parlamentsabgeordneter, der schon mehrfach
für seine antisemitischen Äußerungen vor Gericht stand, auf die "Gefahr"
übertrieben reagiert - mit einem sechswöchigen Hungerstreik vor der
Gedenkstätte und der Drohung, sich selbst zu verbrennen, wenn das
"Papstkreuz" nicht an seinem Platz bleibe. Doch - so der Primas
wörtlich: "im Namen der Wahrheit muß man zugeben, daß die Gesellschaft
zur Verteidigung des Papstkreuzes nicht von ungefähr entstanden ist,
sondern aufgrund der ständig zunehmenden Belästigung durch die jüdische
Seite, die die schnellstmögliche Entfernung des Kreuzes fordert."
Das Kreuz stammt von einer Papstmesse in
Auschwitz-Birkenau im Jahre 1979. Danach hat es neun Jahre lang in der
Pfarrei von Oswiecim/Auschwitz gelegen. Erst als die Karmeliterinnen aus
ihrem Kloster, dem früheren Lager für Zyklon B, dem Gas, mit dem die
Nationalsozialisten über eine Million Juden in Auschwitz umgebracht
hatten, in ein anderes Gebäude umziehen sollten, entwendeten Unbekannte
das Kreuz und stellten es nachts in der "Kiesgrube" auf.
Kazimierz Switon hat sich für die Hilfe des
Primas bereits bedankt: "Wenn es den Juden hier nicht gefällt, können
sie ja gehen."
Gabriele Lesser, Warschau,
7.8.1998