Für kaum ein anderes Problem lassen sich so leicht
Lösungen präsentieren. Die einzige Partei, die konkrete Vorschläge für
andere Themengebiete anbringt, gerät jedesmal in einen mittleren Sturm
der Entrüstung. Es mag paradox klingen, aber Ehrlichkeit ist offenkundig
das einzige Risiko, das derzeit einen Machtwechsel in Bonn noch zu
gefährden scheint. Und zwar die Ehrlichkeit der Grünen, denn die haben
die deutsche Politikszene anscheinend immer noch nicht begriffen: Sie
scheuen vor unpopulären Forderungen nicht zurück - und dies anscheinend
ohne Rücksicht auf Verluste.
Die Gewerkschaften erregen sich lieber
darüber, daß die SPD einen Mann als Schatten-Wirtschaftsminister
nominiert, dem Pragmatismus wichtiger ist als das Parteiprogramm.
FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle hält nach der Verlängerung der
Ladenöffnungszeiten nun auch längere Öffnungszeiten der Wahllokale für
geboten. Die Sorgen der Wähler unterscheiden sich völlig von den Fragen,
mit denen sich die Parteien beschäftigen. Selbst im bayerischen Ansbach
war es bis zur Verkündung der CSU-Parolen von den 'kriminellen
Ausländern' niemandem so recht klar, daß diese die wahre und dringend
anzugreifende Quelle unserer Probleme seien. Wäre es nicht eine gute
Idee in deutschen Behörden zwischen willkommenen und unwillkommenen
Ausländern zu unterschieden? Kaum jemand hat sich diese Frage bisher
gestellt. Warum wohl?
Müsste man nicht Frau Öcuglu zwingen, endlich einmal
zu lernen, dass wir in Deutschland 'im Park spazieren' und nicht 'in
Barg basire'. Der Ruf eines nachdenklichen Politikers wie Heiner
Geißler, endlich über Inhalte zu reden, denn nur so wäre schließlich die
SPD zu zwingen, konkret zu erklären, was sie im Falle eines Wahlsieges
anders machen will, verhallt. Uns würde dies ehrlich gesagt auch mal
interessieren. Bisher scheinen sich die Sozialdemokraten und ihr
Kanzlerkandidat Gerhard Schröder wirklich nur darauf zu verlassen, daß
zum Machtwechsel der Wunsch genügt, nach fast 2 Jahrzehnten Helmut Kohl
ein anderes Gesicht im Kanzleramt zu sehen.