''Politische Bildung ist auch bei leeren
Haushaltskassen wichtig. Sie verkümmern zu lassen, ist Ausdruck einer
fatalen politischen Kurzsichtigkeit, die uns noch einmal sehr teuer zu
stehen kommen könnte. Der Zuwachs für radikale Parteien sollte hier und
heute Warnung sein.''
Bei deutschen Jugendlichen klafft nach einer
Forsa-Umfrage eine große Lücke im Wissen über die Zeit der
nationalsozialistischen Herrschaft. Bei der Erhebung im Auftrag der
deutschen Zeitung «Die Woche» wußten 59 Prozent der 14- bis 18jährigen
nicht, was in der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 geschah.
Nur 29 Prozent von insgesamt 506 befragten Jugendlichen konnten die Zahl
der in den Konzentrationslagern ermordeten Juden einigermaßen richtig
nennen, wobei alle Angaben zwischen fünf und sieben Millionen als
richtig gewertet wurden. Selbst Beginn und Ende des Zweiten Weltkriegs
sind einem großen Teil der Jugendlichen nicht geläufig.
Sehr geehrter Herr Bundespräsident Herzog,
wir moechten Ihnen fuer Ihre deutlichen Worte auf einer Veranstaltung zum
40jährigen Bestehen der Friedrich-Naumann-Stiftung, sowie auch fuer Ihr
frueheres Engagement in dieser Sache danken.
Gleichzeitig moechten wir Sie auf unsere Initiative
haGalil onLine hinweisen.
haGalil onLine ist einer der groessten juedischen Onlinedienste weltweit -
und dies, obwohl wir fast ausschliesslich in deutscher Sprache publizieren.
Unter http://www.hagalil.com moechten
wir Sie herzlich einladen, sich einmal ein Bild von unserer Arbeit zu
machen.
In den letzten Monaten ist es uns mit unserem
multimedialen Angebot in Text, Ton und Bild gelungen, tausende deutsche
Jugendliche anzusprechen. Viele nutzten die ihnen entgegenbrachte
Offenheit, um mit uns in einen Dialog zu treten und Fragen zu stellen.
Wieder andere nutzen unsere Diskussionsforen zum Austausch mit anderen
Menschen und Meinungen in diesem Lande.
Seit genauso langer Zeit versuchen wir, eine
Unterstützung für unsere Arbeit zu finden. Die von uns angeschriebenen
Vertreter der deutschen Politik und Wirtschaft haben sich ausnahmslos für
nicht zuständig oder gleichgültig gezeigt. Mit vielen Reden und auf
Gedenkveranstaltungen wird immer wieder betont, wie sehr man die wieder
spürbare Präsenz des jüdischen Lebens und ihrer vielfältigen Ausdrucksformen
schätze. In all diesen Reden wird stets beteuert, man werde alles tun, um
dieses "zaghafte Regen" tatkräftig zu unterstützen.
Wir würden uns heute nicht an Sie, sehr verehrter Herr
Bundespräsident, als den obersten Repräsentanten unseres Staates wenden,
wenn auch nur ein anderer Vertreter des öffentlichen Lebens unseres Landes
auf unser Anliegen eingegangen wäre.
Gerade das neuzeitliche Medium des Internet wird von
den rechtsgerichteten Feinden unserer Demokratie intensiv und geschickt zur
Verbreitung ihrer Propaganda genutzt. Wir haben es verstanden, nicht durch
gesetzliche Massnahmen, sondern durch persönliches Engagement, Zivilcourage,
Kreativität und kontinuierliche Arbeit, dieser Propaganda mit positiven
Inhalten und Werten entgegenzutreten.
Ein offensichtlicher Erfolg unserer Initiative ist zum
Beispiel die Tatsache, dass in deutschsprachigen Suchmaschinen (wie z.B.
fireball.de) unter den erstgenannten Informationsangeboten zum Stichwort
'Juden' / 'Judentum' keine antisemitischen Seiten mehr auftauchen, sondern
statt dessen ansprechend gestaltete Seiten, welche mit allen Mitteln des
neuen Mediums fundierte Informationen zum juedischen Leben und zur jüdischen
Religion im heutigen Deutschland, aber auch zur deutschen Geschichte und
vielen weiteren Facetten des Lebens in Mitteleuropa anbieten.
Mit freundlichen Grüßen aus München
David Gall und Eva Ehrlich
Kestermannstr. 2
82031 Grünwald
www.hagalil.com
http://www.bundespraesident.de/post.htm
Präsident Herzog unterstreicht Bedeutung
der politischen Bildung
Bonn (dpa) - Angesichts des Zulaufs zu
radikalen Parteien muß nach Ansicht des deutschen Präsidenten Roman Herzog
die Vermittlung politischer Bildung wieder eine Hauptaufgabe der
allgemeinbildenden Schulen in Deutschland werden.
«Unsere rechtsstaatliche Demokratie ist kein
Selbstläufer. Wir müssen sie immer wieder neu erklären und erfahrbar
machen», sagte Herzog am Mittwoch in Königswinter bei Bonn auf einer
Veranstaltung zum 40jährigen Bestehen der Friedrich-Naumann-Stiftung,
die der liberalen Freien Demokratischen Partei (FDP) nahesteht. Die
Stiftung wurde 1958 gegründet. Ihr Name erinnert an den
Reichstagsabgeordneten, Pfarrer und Publizisten Friedrich Naumann
(1860-1919).
Politische Bildung bleibe deshalb auch bei leeren
Haushaltskassen wichtig. Sie verkümmern zu lassen, «wäre Ausdruck einer
fatalen politischen Kurzsichtigkeit, die uns noch einmal sehr teuer zu
stehen kommen könnte». Der Zuwachs für radikale Parteien sollte Warnung
sein.
Politische Bildung solle für die Demokratie werben,
betonte Herzog. Dies sei letztlich das einigende Band zwischen allen
politischen Stiftungen. Sie seien Schulen demokratischen Denkens und
Handelns, Übungsfelder für Zivilcourage und Gemeinsinn.
Bei deutschen Jugendlichen klafft nach einer
Forsa-Umfrage eine große Lücke im Wissen über die Zeit der
nationalsozialistischen Herrschaft.
Bei der Erhebung im Auftrag der deutschen Zeitung
«Die Woche» wußten 59 Prozent der 14- bis 18jährigen nicht, was in der
Nacht vom 9. zum 10. November 1938 geschah. Damals hatten die
Nationalsozialisten Synagogen, jüdische Friedhöfe, Wohn- und
Geschäftshäuser mit direkten Gewaltaktionen eine neue Dimension der
organisierten Judenverfolgung eingeleitetet.
Nur 71 Prozent von insgesamt 506 befragten
Jugendlichen konnten die Zahl der in den Konzentrationslagern ermordeten
Juden auch einigermaßen richtig nennen, wobei alle Angaben zwischen fünf
und sieben Millionen als richtig gewertet wurden. Selbst Beginn und Ende
des Zweiten Weltkriegs sind einem großen Teil der Jugendlichen nicht
geläufig.
haGalil onLine:
Samstag, 14 Dezember 2013 |