Nachdem eine vor wenigen Wochen
aufgeflogene Korruptionsaffäre der FP-Landespartei Niederösterreich
einen Absturz in der Wählergunst zur Folge hatte, steuert Obmann Haider
nun scharf nach rechts: bei der parlamentarischen Diskussion über das
von der Regierung vorgelegte Staatsbürgerschaftsrecht argumentierte der
bis dahin weitgehend unbekannte FP-Abgeordnete Franz Lafer mit dem
Begriff "Umvolkung". Nach Sitzungsunterbrechung und Aussprache mit
Nationalratspräsident Heinz Fischer nahm der Abgeordnete den Ausdruck
zurück. FP-Abgeordnete Partik-Pablé bekräftigte die ursprüngliche
Ausdrucksweise ihres Fraktionskollegen, und in seiner Pressekonferenz
tags darauf legte Parteichef Haider nach: Das Gesetzesvorhaben, das von
liberalen Kreisen im übrigen als Verschärfung der geltenden
Einbürgerungsregelung verstanden wird - unter anderem sind die
Deutschkenntnisse der Staatsbürgerschaftswerber von Sachbearbeitern
einzuschätzen -, würde die Einbürgerung erleichtern, eine "weitere
Überfremdung" drohe. Damit, so der Parteiobmann, würde sich die
regierende Mehrheit willfähriges Wählervolk schaffen. Beide Begriffe
"Umvolkung" und "Überfremdung" entstammen national(sozial)istischem
Gedankengut, das Haider seit mehr als zehn Jahren erfolgreich einsetzt,
und weswegen er von Grün-Abgeordneten Peter Pilz als "Ziehvater und
Ideologe des rechtsextremen Terrors" bezeichnet wurde.
Seinen autokratischen Rechtskurs sicherte
Haider dieser Tage mit einem Vertrag, einen Treue-Pakt, den alle
FP-Funktionäre mit der Partei unterfertigen mussten. Kritiker bezeichnen
diese Vorgangsweise als Knebelung von - verfassungsgemäss - "freien
Abgeordneten".
In Kärnten - jenem Bundesland, dessen
Landeshauptmann Haider bis zu seiner Aussagen von der "ordentlichen
Beschäftigungspolitik des Dritten Reiches" war, - mobilisiert der
Parteiobmann gegen eine ursprünglich konsensuale Entscheidung, einen
Sitzungssaal im Kärntner Landhaus, dessen Fresken vom Künstler Anton
Kolig stammten, dessen Werke von Nationalsozialisten als "entartet"
gebrandmarkt und zerstört worden waren, von dessen Enkel, dem Künstler
Cornelius Kolik, gestalten zu lassen. Cornelius Kolik war zuvor von
einer Jury unter 19 Vorschlägen ausgewählt worden. Die Tagespresse
zitiert Haiders Bezeichnung für Cornelius Kolik mit "Fäkalkünstler", der
mit seinen "Schweinereien" religiöse Gefühle verletze.
Mittlerweile lässt die Österreichische
Volkspartei (ÖVP), seit der Kür Haiders zum FP-Chef 1986 Partner der
Sozialdemokraten (SPÖ) in Regierungskoalitionen, verlauten, dass eine
Zusammenarbeit mit der FPÖ unter Obmann Haider nicht mehr "zur
Diskussion" stünde. Teile der ÖVP hatten schon seit Jahren damit
spekuliert, eine Koalition mit der FPÖ einzugehen, um die seit 28 Jahren
regierende SPÖ aus der Regierungsverantwortung zu drängen.