Das American Jewish Comitee hat seine Hilfe bei der
Fahndung nach Kriegsverbrechern zugesagt. Während der deutschen
Besatzung von 1941 bis 1944 wurden über 90% der etwa 5.000 Mitglieder
zählenden jüdischen Gemeinde in Estland ermordet. Dies geschah unter
tätiger Beteiligung zahlreicher "lokaler Helfer" Im Baltikum ist die
sogenannte "Symmetrie", die Gegenrechnung zwischen Verbrechen der Nazis
und Sowjets, fester Bestandteil der defensiven Argumentation der
Regierungen Litauens, Lettlands und Estlands. In der Folge des
Hitler-Stalin Paktes wurden die Baltischen Republiken von der
Sowjetunion annektiert. Ab dem 22.6.41 waren es die Deutschen, die in
Litauen begrüßt und durch eine "Marionettenregierung" in Lettland und
Estland später auch durch dort gebildete Waffen-SS-Truppen unterstützt
wurden.
Unter der sowjetischen Herrschaft von 1940 bis 1941
und in den Jahren nach 1944 wurden nach estnischen Angaben über 100.000
Bewohner der Baltenrepublik nach Sibirien deportiert.
Der Versuch Lennart Meris, der als Sohn estnischer
Diplomaten in den 30-er-Jahren unter anderen in Berlin-Tiergarten wohnte
und 8 Sprachen perfekt beherrscht, dürfte nach Ansicht von Beobachtern
ein sehr gewifter Versuch sein, die Diskussion über Kollaboration mit
den Nazi-Besatzern zu umgehen.
Die Funktion des AJC in diesen Bemühungen wird bald
zu klären sein. Vor kurzem hielt sich übrigens der deutsche
Bundespräsident Herzog zu einem eintägigen Besuch in Tallinn auf. Ob die
Ankündigung Meris mit dem Besuch des deutschen Staatsoberhauptes zu tun
hat, darf bezweifelt werden. Die Einbeziehung Estlands in die erste
Runde der EU-Beitrittsverhandlungen ist zu einem beträchtlichen Teil den
geschickten Verpackungs- und Verkaufskünsten Meris zu verdanken. Diesmal
sollte er es nicht so leicht haben...