4,7 Millionen Juden und 4,2 Millionen Palästinenser
auf gleichem Staatsgebiet machten die Perspektive des Judenstaats
zunichte, meinte Peres. Zwei Staaten müßten es sein. Aber zwei, die sich
bei aller Verschiedenartigkeit auch ihrer Nähe und gegenseitigen
Abhängigkeit bewußt sein müßten.
«Wir leben in einer neuen Welt, in der Grenzen und
Staaten zum großen Teil ihre Bedeutung verloren haben. Wer Sicherheit
und Aufschwung im Nahen Osten erreichen will, muß wissen, daß das keine
Nation allein erreichen kann. Alte Regime werden neue Waffen kaufen.
Aber das löst nichts. Gegen Fundamentalismus kann man nicht mit Panzern
und Kampfjets ankämpfen, sondern nur, indem man die Lebensstandards
verbessert.»
Auf die Frage, wie er die ersten 50 Jahre der
staatlichen Existenz Israels bewertet, antwortete Peres: «Ich sehe das
eigentlich wie David Ben Gurion. Wenn ihn jemand gefragt hätte, wie er
das Erreichte einschätzte, dann hätte er vermutlich 'wahnsinnig stolz
und wahnsinnig besorgt' gesagt. Er war niemals zufrieden.»
Peres verbarg nicht seine Frustration über den
Zustand des wesentlich von ihm konzipierten Friedensprozesses. Zwei
Jahre nach seiner hauchdünnen Wahlniederlage gegen Benjamin Netanjahu
sagte er: «Wir können uns nicht mehr verstecken. Wir begehen nun unsere
Fehler selbstverantwortlich.» Und er ergänzte: «Israel ist unumstößliche
Tatsache in einer Region, die die Kriege satt hat. Wir könnten jetzt
nach vorn sehen und entsprechende Entscheidungen fällen.»
«Wir
müssen die Ansichten der Leute verändern. Wir müssen ankommen gegen die
Dämonisierung.» Und mit einem Seitenhieb nicht nur auf seinen Nachfolger
Netanjahu, sondern auch auf die Regierungen der umliegenden Staaten,
stellte er fest: «Wir müssen den Frieden nun privatisieren. Er ist viel
zu wichtig, als daß wir ihn in den Händen der Außenminister belassen
könnten.»
Publikation:
Samstag, 14. Dezember 2013
Gespräche mit Shim'on
Peres:
ARBEIT FÜR DEN FRIEDEN