In Jerusalem feierte man das 50jährige Jubiläum der
israelischen Staatsgründung auch ausgelassen, aber doch nicht ganz so
intensiv wie vielfach in Tel Aviv - und durchaus konservativer. Zu
Tausenden strömten die Menschen in Jerusalem auf die Straßen, tanzten
und sangen. Karnevalsstimmung lag über dem Westen der Stadt, der Osten
mit seinen 160.000 Arabern blieb ruhig und schlecht beleuchtet wie eh
und je.
Mit 50 Trompetenstößen wurden die offiziellen Feiern
am Mittwoch abend eingeleitet. Regierungschef Benjamin Netanjahu verlas
Passagen aus der israelischen Unabhängigkeitserklärung und endete mit
dem Ausruf «Lang lebe Israel». Danach begann die Party.
In Jerusalem besprühten Soldaten die Bürger mit
Rasierschaum. Man schlug sich gegenseitig mit quietschenden
Plastikhämmern auf die Köpfe. Auf improvisierten Bühnen spielten
populäre Tanzbands. Immer wieder schossen Feuerwerkskörper in die Luft.
Tausende von Restaurants und Lokalen im ganzen Land hatten zu speziellen
Jubiläumsabenden geladen. Bis zum Morgen um fünf gab es in Städten wie
Tel Aviv, Jerusalem oder Haifa Verkehrsstaus.
Familienorientierte Israelis begaben sich wenig
später auf den Weg in die Wälder und Parks des Landes. Mit teilweise
beeindruckenden Mengen an Gerät und Verpflegung wurde zum
Freiluft-Mittagessen für die ganze Verwandtschaft geladen. Seit Wochen
schon war das Land durch Sonderangebote der Supermärkte für Fleisch,
Holzkohle und auch für die Grillöfen selbst auf diesen Tag vorbereitet
worden. Wolken von Rauch und Qualm entstiegen etwa dem großen
Beit-Schemesch-Forst zwischen Jerusalem und Tel Aviv. Doch nicht nur die
zahllosen Grillfeuer trugen dazu bei, sondern auch lange Schlangen
wartender Autos vor den völlig überfüllten Waldparkplätzen.
«Das ist es, was das Israeli-Sein ausmacht», meinte
Adi Ran, als er sein Kebab mit einem Bier hinunterspülte. «Alle wollen
die Natur genießen, aber alle wollen es an exakt der gleichen Stelle.
Wir Israelis streiten immer und überall - aber dann unternehmen wir eben
doch viel gemeinsam und zur gleichen Zeit». Ähnlich mögen
Hunderttausende gedacht haben, die am Donnerstag den Strand vor Tel Aviv
bevölkerten, um die Vorführungen von Luftwaffe und Marine zu bewundern.
Der Strand war so überfüllt, daß die Polizei zu Absperrungen griff - was
die Menschen allerdings nur weiter zusammendrängte.
Am Donnerstag abend wurde zur Gala ins
Givat-Ram-Stadion nach Jerusalem geladen. Mit Zehntausenden von Gästen
wurde gerechnet, die Plätze waren seit Tagen ausverkauft. Daß auch die
offiziellste Veranstaltung zum 50jährigen Jubiläum den widerstrebenden
Kräften der israelischen Gesellschaft nicht entgeht, bewies der Streit
um den Auftritt einer Tanzgruppe, die zeitweilig spärlich bekleidet
aufzutreten plante. Erst ein höchstricherliches Urteil ein paar Stunden
vorher ebnete ihr den Weg auf die Bühne und ließ klagende religiöse
Eiferer abblitzen. Die rächten sich: Mehrfach berichteten Beobachter,
schwarz gekleidete Ultra-Orthodoxe hätten von vorbeifahrenden Autos
kleine blau-weiße Staatsflaggen abgerissen, die zur Zeit fast jeder
Israeli an seinem Fahrzeug flattern läßt.
Publikation:
Samstag, 14. Dezember 2013