antisemitismus.net / klick-nach-rechts.de / nahost-politik.de / zionismus.info
haGalil onLine - http://www.hagalil.com

  

hagalil.com

Search haGalil

Veranstaltungskalender

Newsletter abonnieren
e-Postkarten
Bücher / Morascha
Musik

Koscher leben...
Tourismus

Aktiv gegen Nazi-Propaganda!
Jüdische Weisheit
 
Archivierte Meldungen aus den Jahren 1995 - 1999
haGalil onLine

 

Eine Frontbegradigung ohne Wert

Das Angebot eines Libanon-Abzuges befreit Netanjahu nicht von der Last seiner verfehlten Politik

Von Josef Joffe

Eine Abfindung zahlt nur, wer den ungeliebten Angestellten anders nicht loswerden kann. Doch für den freiwilligen Abgang gibt es keine Preise, und schon gar nicht im Krieg. Das mußte auch die Jerusalemer Regierung lernen, nachdem ihr Chef Netanjahu „zum ersten Mal und offiziell“ den „ernsthaften Willen“ zum Abzug aus dem Süd-Libanon kundtat – wenn denn „entsprechende Sicherheitsvorkehrungen“ verankert würden.

Nix da, scholl es unisono aus Beirut und aus Damaskus zurück, der Hauptstadt des eigentlichen Herrschers über den Libanon. Beide verwiesen auf die Resolution 425 des UN-Sicherheitsrates, die schon vor 20 Jahren den „unverzüglichen Abzug“ gefordert hat. Da müsse nicht verhandelt werden, so die Lesart der beiden Levanten-Staaten. Sie ist etwas einseitig, weil sie eine entscheidende Bedingung ausließ: Der Libanon müsse nämlich die Kontrolle über den Süden wiederherstellen und so verhindern, daß er als Sprungbrett für Attacken gegen Israel benutzt werde.

Doch geht es nicht wirklich um legalistische Feinheiten. Syrien weiß sehr wohl, daß Israel seit Jahren versucht, seine 20 Kilometer breite Sicherheitszone loszuwerden – als wär’s ein Mühlstein um den Hals der ganzen Nation. Vor knapp zwei Jahren hatte schon die Regierung Rabin die Bereitschaft zum Abzug erklärt; seit vielen Monaten läuft in Israel eine öffentliche Diskussion darüber. In Beirut und Damaskus weiß man, daß die Sicherheitszone immer unpopulärer wird – kein Wunder: 900 israelische Soldaten sind in den vergangenen 20 Jahren gefallen, ohne daß es der Armee gelungen wäre, die von Iran munitionierte und von Syrien unterstützte Hisbollah zu schwächen, geschweige denn zu vernichten.

In Damaskus ahnt man auch, warum Netanjahu ausgerechnet jetzt, am 1. April, wieder die Abzugs-Karte gezückt hat. Denn zwei Tage zuvor war der US-Vermittler Dennis Ross nach vier Tagen des frustrierenden Hin-und-her zwischen Netanjahu und Arafat entnervt abgereist. Seitdem hat zwar seine Chefin Albright nicht direkt mit dem Finger auf Jerusalem gezeigt, aber mit dem Abbruch der amerikanischen Bemühungen gedroht, wenn Israel sich nicht etwas kooperativer verhalte.

Der Abzug aus Libanon wäre demnach eine doppelter Entlastungsoffensive: nach innen, um sich Israels „Vietnam“ zu entledigen; nach außen, um die Friedfertigkeit einer Regierung zu demonstrieren, die auch in Amerika ihren Rückhalt zu verlieren droht. Nur werden Libanon, Syrien und interessanterweise auch die Hisbollah nicht gerade den roten Teppich ausrollen. Die Beiruter sind ein Regime von Syriens Gnaden; ohne die Erlaubnis des Damaszener Diktators werden sie den Israelis keine Sicherheitsgarantien versprechen, die den Abzug beflügeln würden. Und selbst wenn: Der libanesische Staat ist zu schwach, um die Hisbollah zu entwaffnen und die Kontrolle im Südlibanon zu übernehmen.

Syrien hat die Macht, aber nicht das Interesse. (Assad müßte bloß die Waffen-Pipeline schließen, die von Iran aus über den Flughafen von Damaskus läuft.) Die israelische Präsenz im Süden stärkt das Argument für die 35 000 syrischen Soldaten im Osten des Landes. Wichtiger noch: Syrien würde den Israelis nur von ihrem südlibanesischem Haken helfen, wenn Netanjahu die Golan-Höhen räumte. Der Kleinkrieg im Süden nutzt also syrischen Interessen: Man ist direkt nicht beteiligt, kann aber so kostenlos die Israelis bluten lassen.

Und die Hisbollah? Die kämpft zwar seit 20 Jahren, um die Armee des „zionistischen Feindes“ zu vertreiben. Aber wenn die Israelis tatsächlich abziehen, verliert die „Partei Gottes“ zumindest den militärischen Teil ihrer Daseinsberechtigung. Sie müßte dann ihre Waffen niederlegen – nicht nur im Südlibanon, sondern auch in Beirut und im Beeka-Tal. Dann wäre die „Partei Gottes“ nur noch eine politische Partei – ohne die Sonderabzeichen der Macht, die inzwischen 120-mm-Mörser und Anti-Tank-Raketen umfassen.

Die Operation Hisbollah-Land wird also Netanjahu nicht entlasten; ihm fehlen die Partner für einen gesichtswahrenden Deal. Sein Problem bleibt. Es heißt „Amerika“ und türmt sich immer höher auf. Gewiß sitzen kleinere Verbündete gegenüber dem großen Mäzen immer am längeren Hebel: Der kann das Mündel nur wirksam bestrafen, indem er es kräftig schwächt – und das ist wiederum nicht in Washingtons Interesse. Aber Amerika, auch die amerikanische Judenheit, beginnt die Geduld zu verlieren. Netanjahu hat nicht nur Dennis Ross zappeln lassen; er hat auch die eine und einzige Supermacht vorgeführt. Daß Yassir Arafat, statt den angebotenen Teil-Rückzug vom Westufer erst einmal anzunehmen, PR-Pirouetten gedreht hat, macht die Sache zwar nicht besser, hilft aber Netanjahu nicht. Diesem Premier fällt offenbar nicht mehr ein, als eine „wilhelminische“ Position einzunehmen: Was kümmert mich der Rest der Welt, ich mache Politik, wie’s mir gefällt.

Bill Clinton hat das Monster namens Lewinsky-Jones-Willey wohl endgültig vertrieben; mit seinen hohen Popularitätswerten wird er sich bald Netanjahu zuwenden. Der Zwerg hat den Riesen bislang ungestraft provozieren können; diese langen Ferien von der Weltpolitik gehen nun zuende.

SZ vom 04.04.1998

Wir freuen uns, wenn Sie Ihre Meinung zu diesem Thema in unserem Offenen-Forum äußern.

SZonNet: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutscher Verlag GmbH, München Copyright © 1997, 1998 - Süddeutsche Zeitung.

integre.jpg (2716 Byte)

magen.gif (4304 Byte)

hagalil.gif (1716 Byte)

hadash.jpg (2703 Byte)
1998© Copyright by haGalil onLine - http://www.hagalil.com - Munich - Kiryat haYovel
Die hier archivierten Artikel stammen aus den "Anfangsjahren" der breiten Nutzung des Internet. Damals waren die gestalterischen Möglichkeiten noch etwas ursprünglicher als heute. Wir haben die Artikel jedoch weiterhin archiviert, da die Informationen durchaus noch interessant sein können, u..a. auch zu Dokumentationszwecken.


Spenden Sie mit PayPal - schnell, kostenlos und sicher!
Werben in haGalil?
Ihre Anzeige hier!

Advertize in haGalil?
Your Ad here!
haGalil.com ist kostenlos! Trotzdem: haGalil kostet Geld!

Die bei haGalil onLine und den angeschlossenen Domains veröffentlichten Texte spiegeln Meinungen und Kenntnisstand der jeweiligen Autoren.
Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber bzw. der Gesamtredaktion wieder.
haGalil onLine

[Impressum]
Kontakt: hagalil@hagalil.com
haGalil - Postfach 900504 - D-81505 München

1995-2006 © haGalil onLine® bzw. den angeg. Rechteinhabern
Munich - Tel Aviv - All Rights Reserved