Kroatischer
Ex-Lagerkommandant in Argentinien verschwunden
Wie die Zeitung 'La Nacion' am Mittwoch in Buenos Aires berichtete, soll
sich Sakic in das kroatische Konsulat in der argentinischen Hauptstadt
geflüchtet haben, um dort diplomatische Hilfe zu erhalten. Vom Konsulat war
zunächst keine Stellungnahme zu erhalten. Der heute 76jährige war während
des Zweiten Weltkrieges der letzte Kommandant des Lagers Jasenovac in
Kroatien.
Sakic lebte seit 1947 unbehelligt in der Kleinstadt
Santa Teresita (Provinz Buenos Aires) an der Atlantikküste. Am Montag
hatte ein Fernsehteam den Mann entdeckt. Argentiniens Präsident Carlos
Menem forderte die Justizbehörden seines Landes daraufhin auf, umgehend
Sakic festzunehmen.
Auch setzte sich Buenos Aires nach offiziellen
Angaben mit Interpol in Verbindung, um zu erfahren, ob es in einem Land
einen Haftbefehl gegen den Kroaten gibt. Der Anwalt des ehemaligen Manns
der Nazi-Sondereinheit SS, Erich Priebke, und des Reemtsma-Entführers
Thomas Drach, Pedro Bianchi, dementierte Presseberichte, er sei der
Anwalt von Sakic. «Ich verteidige keine Lagerkommandanten», sagte
Bianchi der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Das offizielle Zagreb gab bislang keine offizielle
Stellungnahme ab. Lediglich die Präsidialkanzlei dementierte Berichte
über ein Sondertreffen des kroatischen Präsidenten Franjo Tudjman mit
Sakic in Buenos Aires 1994. Tudjman habe Dinko Sakic während eines
Argentinien-Besuchs im Jahr 1994 bei einem Empfang zwar getroffen, aber
keine gesonderten Gespräche mit ihm geführt. «Die Gäste des Empfangs hat
Tudjman auch nicht selbst ausgesucht», hieß es in der von der
Staatsagentur Hina verbreiteten Erklärung.
In einem Fernsehinterview hatte Sakic erklärt, die
Menschen in dem Lager seien an einer Typhus-Epidemie gestorben.
Von einer Schuld wollte er nichts wissen. «Ich habe meine Pflicht
erfüllt», sagte der ehemalige Lagerkommandant.
Konzentrationslager Jasenovac - das
Auschwitz des Balkans
Zagreb (dpa) - Das Konzentrationslager Jasenovac in
Kroatien galt als das größte Vernichtungslager auf dem Balkan. Das Lager
wurde im Sommer 1941 vom damaligen Ustascha-Regime, dem mit Hitlers Duldung
gebildeten Marionetten-Staat in Kroatien, in der kleinen Gemeinde Jasenovac
(rund 120 Kilometer südöstlich von Zagreb) eingerichtet.
Gründer und erster Kommandant war Ustascha-General
Vjekoslav «Maks» Luburic, Schwager des nunmehr in Argentinien
aufgetauchten Dinko Sakic. Sakic übernahm den alleinigen Befehl über das
Lager zu Jahresbeginn 1944.
Das größte Konzentrationslager im besetzten
Südosteuropa, das von den damaligen Machthabern als Abbild der «großen
Todesfabriken» im Hitler-Deutschland konzipiert war, erhielt bald den
Beinamen «Auschwitz des Balkans». Bis Kriegsende stand Jasenovac, das
zeitweilig auch als Sammel- und Zwischenlager für Gefangene auf dem Weg
in andere Vernichtungslager diente, unter der Kontrolle des
Ustascha-Regimes.
Über die Zahl der Opfer dieses Lagers gibt es in der
Geschichtsschreibung große Differenzen. Während die kommunistischen
Machthaber im früheren Jugoslawien von bis zu einer Million Toten
sprachen, bezifferte das Simon Wiesenthal-Zentrum die Zahl der Opfer mit
rund 600 000 - überwiegend Serben, Juden, Roma und auch politisch
verfolgte Kroaten.
In der neuen Geschichtsschreibung Kroatiens, geprägt
vom Historiker und Staatspräsidenten Franjo Tudjman, wird diese Zahl mit
knapp 50 000 Opfern erheblich reduziert.
Kurz vor Kriegsende, mit dem Abrücken der deutschen
Truppen vom Balkan und dem Herannahen der Tito-Partisanen, versuchten
die Lager- Insassen von Jasenovac im April 1945 einen Aufstand. Dieser
wurde von den Ustascha-Wachmannschaften blutig niedergeschlagen - rund 2
000 Menschen kamen dabei ums Leben.
Quellen: dpa / ap
|