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Die Zahlen, das Bezahlen und das Erzählen

W. Michael Blumenthal, der neue Direktor des Jüdischen Museums in Berlin, über seine Ziele und Projekte

Ende vergangenen Jahres hat der Berliner Senat nach jahrelangem Streit den ehemaligen US-Finanzminister W. Michael Blumenthal zum Direktor des Jüdischen Museums berufen. Der 72 Jahre alte Ökonom war Mitglied der Regierung Jimmy Carter, Manager und Diplomat. Mit der Leitung des Jüdischen Museums knüpft der Amerikaner auch an seine eigene deutsch-jüdische Herkunft an. Mit Blumenthal sprach Marianne Heuwagen.

SZ: Herr Blumenthal, am Wochenende soll auf einer Tagung in Berlin über die Zukunft des Jüdischen Museums diskutiert werden. Was erwarten Sie sich von diesem Kolloquium?

Blumenthal: Nachdem die gesetzlichen Grundlagen geklärt sind, werden wir uns mit der Frage befassen, was das Museum darstellen und was darin vermittelt werden soll. Was ist die Geschichte, die man dem Besucher erzählen will, und woran soll das Museum erinnern? Wenn das geklärt ist, wird man sich mit der Frage auseinandersetzen müssen, wie man diese Geschichte erzählt, mit welchen Methoden sie dargestellt werden soll. Die Konferenz wird eine von mehreren Gelegenheiten sein, die wir wahrnehmen wollen, um jene, die an dem Museum interessiert sind, an der Diskussion zu beteiligen. Es werden weitere folgen.

In der letzten Woche haben Sie mit dem Senat den langjährigen Streit um den Status der Museums beigelegt. Wie wird die Autonomie garantiert?

Das Museum wird vollkommen autonom sein. Wir haben genau definiert, wie sich das gestalten wird. Der außergewöhnliche Libeskind-Bau, der zerbrochene Davidstern, wird als Jüdisches Museum genutzt werden. Dessen Direktor wird der alleinige Hausherr sein und frei über seinen eigenen Etat verfügen. Dabei wird ihm ein eigener Stiftungsrat mit separatem Beirat zur Seite stehen. Die Rechtsform wird zwar eine unselbständige Stiftung sein, aber das wird den Direktor nicht einschränken in seiner absoluten Handlungsfreiheit, was personalpolitische Entscheidungen betrifft. Diese Regelung soll gesetzlich verankert und bis Ende Mai verabschiedet werden.

Wie wird das Verhältnis vom Jüdischen Museum zum Stadtmuseum in Zukunft aussehen?

Es wird Gemeinsamkeiten geben, die schon durch den Bau begründet sind, zum Beispiel durch den Eingang, die Garderobe und das Restaurant. Es wird für das Jüdische Museum und das Stadtmuseum einen Vorstand geben, der aus den beiden Direktoren besteht, und die alle Fragen regeln werden, die beide betreffen. Wenn es dabei zu Meinungsverschiedenheiten kommt, wird der Kultursenator entscheiden. Aber ich glaube nicht, daß das nötig sein wird. Reiner Güntzer vom Stadtmuseum und ich, wir verstehen uns sehr gut.

Ihr Vorgänger hatte all dies gefordert, aber nicht durchsetzen können. Wie haben Sie es geschafft?

Eines meiner Hauptargumente im Gespräch mit den Berliner Politikern läuft darauf hinaus, daß die Ideen für das Museum aus den achtziger Jahren sinnvoll waren, aber daß die Welt sich seitdem grundlegend gewandelt hat. Berlin hat sich verändert und wird demnächst wieder Hauptstadt sein; insofern war es erforderlich, die Konzeption des Museums zu überdenken.

Nun hat der Senat zwar 140 Millionen Mark für den Bau des Museums ausgegeben, das im nächsten Jahr eröffnet werden soll, aber eine Anschlußfinanzierung ist nicht vorgesehen.

Natürlich hat sich auch die finanzielle Situation Ende der neunziger Jahre gewaltig verändert. Man muß einen separaten Etat aufstellen, der mindestens dem entsprechen muß, was man mit diesem aufregenden Bau zeigen will. Schon heute ist es so, daß dieser schöne Bau erwähnt wird, wenn international von Berlin und Kunst die Rede ist. Wir sind gerade dabei zu skizzieren, in welcher Größenordnung sich die Finanzen bewegen werden.

Berlin ist aber heute viel ärmer als vor zehn Jahren.

Die Kosten werden mit Sicherheit höher sein als Berlin sich das je erträumt hat, und ich weiß, daß die Stadt kein Geld mehr hat. Dies wird aber nicht nur das größte Jüdische Museum in der Bundesrepublik, sondern auch in Europa sein. Berlin wird seine Verantwortung schon wahrnehmen müssen, aber andere werden mithelfen müssen, da denke ich an den Bund. Nicht zuletzt wird man sich um private Sponsoren und Unternehmen bemühen müssen. Das Geld sollte aus allen drei Quellen kommen, wobei Berlin aber den Hauptanteil übernehmen muß.

Ein weiteres Problem ist, was denn in dem Prachtbau ausgestellt werden soll.

Sobald wir wissen, was wir dem Besucher vermitteln wollen, kann man die Objekte sammeln, die diese Geschichte erzählen werden. So hat man das auch mit dem Holocaust-Museum in Washington gemacht. Dazu kann man auch Repliken verwenden, man kann Filme zeigen. Es muß eine Bibliothek und ein Archiv geben. Das Museum muß ein pädagogisches Zentrum werden. Es soll späteren Generationen von Deutschen die Geschichte der deutschen Juden erzählen. Es soll die deutsch-jüdische Symbiose erhellen, aber auch die damit verbundenen Mißverständnisse und ihr Scheitern. Es soll die Menschen nachdenklich machen und nicht vor den Kopf stoßen. Es soll aber auch Grundsätzliches ausdrücken zum Verhältnis von Mehrheiten und Minderheiten, was ein wichtiges Thema im 21. Jahrhundert sein wird.

Wir freuen uns, wenn Sie Ihre Meinung zu diesem Thema in unserem Offenen-Forum äußern.

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