Berliner
Auktionshaus:
Gebrauchte KZ-Kleidung im Angebot
Berlin - Ein Auktionshaus in
Berlin treibt Handel mit Nazi-Devotionalien und neuerdings auch mit
gebrauchter Kleidung aus Konzentrationslagern. Das bestätigte der
Geschäftsführer des «Berliner Auktionshaus für Geschichte» in einem
Zeitungs-Interview vom Donnerstag.
Die Firma habe sich auf deutsche
Militaria aus Kaiserreich, Weimarer Republik und Drittem Reich
spezialisiert und entsprechende Exponate bereits bei 21 Auktionen
versteigert, so das Stadtmagazin "Tip" in seiner neuen Ausgabe. Nach
Angaben der Polizei hat der Staatsschutz den Fall geprüft. Es liege
jedoch kein Straftatbestand vor.
Dieser Ansicht will sich Klaus
Parker vom Förderverein haGalil nicht anschließen. Nach Eingang einer
Meldung über das
NS-Meldeformular
ist eine Strafanzeige bereits in Vorbereitung.
Der Geschäftsführer des
Auktionshauses, Jens Lau, sagte, er habe kein schlechtes Gewissen dabei,
Kleidung von KZ-Häftlingen zu versteigern. Die Stücke seien
geschichtliche Zeugnisse, sagte er der Berliner Zeitung «B.Z.» vom
Donnerstag. Zu seinen Kunden gehörten sowohl Museen als auch
Privatleute. Die KZ-Kleidung erhalte er von Sammlern, unter anderem aus
den USA.
Bei der jüngsten Auktion wurde ein
Frauenkleid aus einem Konzentrationslager für 250 Mark angeboten. Für
ein NS-Standarten-Tuch wurden 950 Mark verlangt. Das Magazin "Tip"
berichtete, die angebotenen Stücke seien bei der Auktion selbst nicht
gezeigt worden, sondern waren von den Bietern anhand eines Katalogs
ausgewählt worden. Die Gebote für die Versteigerung seien schriftlich
eingereicht worden, die Exponate würden nach dem Kauf diskret
verschickt.
Der Vorsitzende der Jüdischen
Gemeinde zu Berlin, Andreas Nachama, bezeichnete den Handel als «perfide
Geschmacklosigkeit». Er forderte die Behörden auf zu prüfen, ob von Amts
wegen eingeschritten werden könne. Besonders makaber sei die
Pietätlosigkeit, mit der der Händler auch KZ-Kleidung anbiete, die noch
Spuren der Opfer aufweist. «In einer Zeit, in der kahlrasierte Dummheit
sich immer gewalttätiger artikuliert und mit den Symbolen der
Ewiggestrigen schmückt, geht es hierbei nicht nur um eine moralische,
sondern auch um eine politische Frage.»
Nachama appellierte an die
Eigentümer entsprechender Objekte, die bei Versteigerungen und
Militaria-Märkten erworben wurden, sie Museen und Sammlungen kostenfrei
zur Verfügung zu stellen. «Geschichts-Darstellung darf sich nicht mit
Geschäfts-Interessen zur Befriedigung äußerst fragwürdiger
Sammler-Bedürfnisse mischen», sagte Nachama. «NS-Devotionalien und
Zeugnisse der Opfer sind historische Dokumente, die abseits jeglicher
Kommerzialität in den einschlägigen Sammlungen und Museen aufbewahrt
werden sollten.»
haGalil - Februar 1998
Quellen: dpa/tip/bz
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