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Das Nahostspiel der Großmächte vor fünfzig Jahren

Israels Geburt statt Palästinas Teilung

Über den amerikanischen Präsidenten sagte sein Vize: "Truman redet wie ein Jude und handelt wie ein Araber"

Von Josef Joffe

Wie immer verschwinden große Ereignisse, betrachtet man sie erst genauer, im Wirrwarr von Zufall, ja Beliebigkeit; je stärker die Lupe, desto unordentlicher das Bild. So auch die Teilung Palästinas vor genau 50 Jahren, aus der ein paar Monate später Israel hervorging.

Inbrünstig gewollt hat die Teilung der Jischuw, die politische Institution der Juden in Palästina; inbrünstig gehaßt haben sie die Araber, die auch schon vor dem Unabhängigkeitskrieg 1948/49 zu den Waffen griffen. Doch entschieden hat darüber die Vollversammlung der jungen Vereinten Nationen mit einer Mehrheit, die bis zur letzten Minute offen war.

Die Hauptakteure des Dramas, das sich 7000 Kilometer entfernt in New York abspielte, waren Großbritannien, die USA und ironischerweise auch die Sowjetunion. Keiner von ihnen hatte eindeutige Interessen, alle waren gefangen in Ambivalenzen, die tagtäglich andere taktische Entscheidungen zeugten.

Die versprochene Heimstatt

Am klarsten war noch die Interessenlage der Briten: Sie wollten raus aus Palästina, was immer geschehe. Sie hatten 1917 die Türken geschlagen, die 400 Jahre lang die Herrscher über die Levante waren. Doch ihres Sieges wurden sie nicht froh. Denn sie hatten ein allzu listiges Spiel eingefädelt. Den Juden hatten sie 1917 mit der berühmten Balfour-Erklärung eine „nationale Heimstatt“ versprochen, den Arabern, etwas früher und noch vager, die Gründung eines oder mehrerer arabischer Staaten. Das kühle realpolitische Kalkül in beiden Fällen war das gleiche: die Juden der Welt und die Araber in Nahost als Weltkrieg-I-Verbündete im Krieg gegen Deutschland und die Türkei zu gewinnen. Nach dem Sieg, der Frankreich Syrien/Libanon und England das heutige Israel plus Jordanien als Völkerbunds-Mandate bescherte, fanden aber die Bewohner rasch heraus, daß nicht Staatlichkeit, sondern der klassische Kolonialismus ihr Schicksal sein sollte.

Beiden Seiten boten die Briten Repräsentationsorgane an; die Juden griffen zu, die Araber lehnten ab, weil sie den Zionisten keine Legitimität zugestehen wollten. Es war dies vielleicht der erste große Fehler der arabischen Führung, der den späteren israelischen Außenminister Abba zu dem berühmten Satz veranlaßte: „Noch nie haben die Palästinenser eine Gelegenheit ausgelassen, eine Gelegenheit auszulassen.“ Statt dessen griffen sie zur Waffe – gegen die Juden wie auch die Briten. Blutige Höhepunkte: das Massaker von 60 Juden in Hebron 1929, die „Große Arabische Revolte“ 1936-39, welche die Briten mit äußerster Gewalt unterdrückten.

Nach dem Völkergemetzel 1939-45 begann der Kleinkrieg um Palästina: jeder gegen jeden. Die Araber versuchten die Einwanderung der Juden zu stoppen, die Hitlers Gaskammern überlebt hatten; die Juden versuchten, ihre isolierten Siedlungsflecken auszudehnen. Und die Briten? Sie unterhielten zwar eine 500 000-Mann-Armee und paktierten eher mit den Arabern, um ihren Einfluß in Nahost zu sichern, aber das Ende ihrer Weltmacht war gekommen. Zermürbt von den Attacken der Haganah, der offiziellen Selbsthilfe-Armee der Juden, und dem schieren Terror des Irgun, des rechtsextremen Haganah-Rivalen, beschloß London, das leidige Palästina-Problem in den Schoß der UN zu kippen.

Ihr Dilemma gebar die Halbherzigkeit. „Sie waren nicht willens, Leute zu töten, und noch weniger, ihre eigenen Soldaten dem Tod auszusetzen“ notiert der amerikanische Historiker David Schoenbaum. Und es fehlte ihnen die wirtschaftliche Kraft: Im Februar 1947 gaben sie gleich an drei Fronten auf: Die Amerikaner sollten sich, bitteschön, um Griechenland und die Türkei kümmern, die unter starken sowjetischen Druck geraten waren, die UN um Palästina, und die Inder um sich selbst; das „Kronjuwel“ des Britischen Empire sollte in die Freiheit entlassen werden . . .

Am 31. August 1947 verkündete die UN-Kommission (UNSCOP) ihren Beschluß acht zu drei: nicht Konföderation, sondern Teilung. Dann kam die größte Überraschung. Ausgerechnet Stalin, der sich nach der Abdankung Britanniens große Hoffnungen auf die Durchdringung des Nahen Ostens machte, setzte sich am 13. Oktober ebenfalls für die Teilung ein – wohl kalkulierend, daß er den Jischuw, der von russischstämmigen Sozialisten wie David Ben-Gurion beherrscht wurde, als „Festlandsdegen“ gewinnen könne. Freilich gab Außenminister Gromyko nur moralische Motive zu Protokoll, als er am 27. November in der UN „meine Zuhörer“ daran erinnerte, „daß in dem von Hitlerdeutschland entfachten Krieg die Juden mehr gelitten haben als irgendein anderes Volk.“

Damit war der Ball im amerikanischen Feld. Wohl hatte die Regierung Truman den sowjetischen Aufschlag mit dem gebotenen Mißtrauen quittiert, aber wie konnten sie verweigern, was Moskau unterstützte? Doch war die Administration, ja Truman selbst, zutiefst gespalten. Höhnisch notierte sein Vize-Präsident Wallace: „Truman redet wie ein Jude und handelt wie ein Araber.“ Und Truman, der sich langsam in Richtung Teilung neigte, jammerte: „Heute früh mußte ich feststellen, daß das State Department meine Palästina-Politik konterkariert hat . . . die wollten mir schon immer die Kehle durchschneiden.“ Derweil meldete die CIA: Die Teilung würde die arabische Welt „gegen eine Kooperation mit dem Westen und sie für eine Revolution mit der UdSSR“ aufbringen. Überdies: Da die Araber die stärkeren Bataillone hatten, würden die Juden den Krieg verlieren und Amerika zur Intervention gezwungen werden.

Erst am 26. November begann sich das Blatt zugunsten des pro-zionistischen Lagers zu wenden. Entscheidend war ein Gespräch mit dem späteren israelischen Präsidenten Chaim Weizmann, der endlich zu Truman vorgelassen wurde. Der muß den zögernden Truman so beeindruckt haben, daß dieser das störrische State Department an die kurze Leine nahm. In einer hektischen Telephonaktion wurden mit Druck und süßen Worten Verbündete eingesammelt. Das Abstimmungsresultat: 33 für die Teilung, 13 dagegen, 10 Enthaltungen.

Unvermeidbarer Krieg

Haben die Amerikaner die Schlacht für Israel geschlagen, indem sie die Abhängigkeit ihrer Klienten ausnutzten? Washingtons Macht scheint soviel nicht bewirkt zu haben. Zwei extrem abhängige Staaten, Griechenland und Cuba, votierten mit „Nein“, Schützlinge wie Mexiko, China, Honduras und El Salvador enthielten sich. Die USA „haben nicht allzuviel Druck, wenn überhaupt, ausgeübt“, notierte der UN-Vertreter eines anderen lateinamerikanischen Landes.

Am nächsten Tag brach der Krieg, obwohl noch nicht offiziell, in Palästina aus. Er war wohl unvermeidbar. Den Juden waren drei fast total voneinander getrennte Teilstücke zugestanden worden. Ihr strategisches Interesse lag ebenso auf der Hand wie das der Araber. Was die einen zu einem Ganzen zu arrondieren gedachten, wollten die anderen just wegen der verlockenden geographischen Lage zerschneiden, um die „Juden ins Meer zu treiben“, wie die arabische Propaganda verkündete. Aber erneut kamen die Sowjets und die Amerikaner dem Noch-nicht-Staat Israel zur Hilfe – jeder auf seine Weise.

In Amerika wurden Millionen an Spenden eingesammelt, und diese Dollars vereinten sich harmonisch mit den Bedürfnissen Moskaus und Prags, wo sich im März 1948 die Kommunisten an die Macht geputscht hatten. Stalin setzte noch immer auf die israelische Karte, und die Prager, denen er den Zugang zu den Trögen des Marshall-Plans verboten hatte, brauchten harte Devisen. Von Prag flossen nun endlich die Waffen, die Israel so bitter brauchte, ironischerweise auch viele zurückgelassene Wehrmachtsbestände. Der heutige israelische Präsident Ezer Weizman erinnert sich noch daran, wie er seine ersten Angriffe gegen die Ägypter in einer Me-109 geflogen ist.

Zwar wurde Israel nach der Unabhängigkeitserklärung am 14. Mai 1948 von fast der gesamten arabischen Welt attackiert, aber als 1949 Waffenstillstände geschlossen wurden, waren die Israelis die Sieger. Sie hatten trotz der numerischen arabischen Überlegenheit Westgaliläa und ein großes Stück des Negev erobert, und die Araber hatten nun weniger als ihnen im Teilungsplan zugesprochen worden war. Aber einen Frieden gibt es bis heute nicht, fünfzig Jahre und vier Kriege später.

SZ vom 29.11.1997
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