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29. November 1947:
Landsberg ist jüdischer Fußballmeister

Ichud verteidigte Titel erfolgreich – 5.000 Zuschauer im Grünwalder Stadion

Von Jim G. Tobias

Obwohl der Wetterbericht für München einen bewölkten Himmel und vereinzelt Schneefall vorausgesagte hatte, war der 29. November 1947 ein kalter aber sonniger Tag. Gut gelaunt und warm eingepackt strömten die Fußballfans schon am Vormittag ins Grünwalder Stadion. Das erste Spiel sollte um 11.30 Uhr angepfiffen werden. Aufgrund des starken Zuschauerandrangs musste das Match aber mit einer halben Stunde Verspätung beginnen. "Aus allen Lagern, ob Nah oder Fern, kamen hunderte, ja tausende von Zuschauern mit Zügen, Omnibussen und Autos", berichtete die Jidisze Sport Cajtung: "Zu Beginn des Hauptspieles hatten sich 5.000 Menschen eingefunden." Sie alle wollten die Finalspiele der jüdischen Fußball-Liga in der amerikanischen Besatzungszone sehen.

Nach der Niederschlagung des Nationalsozialismus hatten sich für einige Jahre über 180.000 Überlebende der Shoa in Deutschland aufgehalten, die in zahlreichen sogenannten Displaced Persons (DP) Camps auf ihre Ausreise nach Palästina/Israel oder in andere Emigrationsländer wie etwa die USA, Kanada oder Australien warteten. Die Militärregierung gestattete den Juden eine weitgehende politische und kulturelle Autonomie, die von einem Zentralkomitee in München sowie einzelnen Regionalkomitees koordiniert wurde. Mitten unter den deutschen Tätern entwickelte sich eine demokratisch verfasste, unabhängige jüdische Gesellschaft, mit eigenen Wohngebieten, Schulen, Ausbildungsstätten, Kultureinrichtungen, politischen Parteien und Sportvereinen. Ab 1946 existierte sogar ein jüdischer Fußballverband, dessen über 80 Vereine in einer 1. Liga sowie in mehreren Bezirks-Ligen Meisterschaften ausspielten. Nahezu jedes Camp und jede DP-Gemeinde stellte eine Elf.

Von Anfang an dominierte eine Mannschaft das Spielgeschehen: Unangefochten gewann Ichud Landsberg die erste jüdische Fußballmeisterschaft. Waren 1946 nur zehn Teams im eingleisigen Oberhaus der Liga vertreten, wurde der Spielbetrieb 1947 auf 22 Mannschaften ausgedehnt – aufgeteilt in eine Süd- und Nordgruppe. Die jeweiligen Sieger spielten um die Meisterschaft, die Zweiten um Platz drei. Die Landsberger hatten in der Südgruppe nur eine Partie verloren und 69 Tore geschossen. Mit einem deutlichen Vorsprung von sechs Punkten verwiesen sie die Elf aus dem Lager Feldafing auf den zweiten Platz. Im Norden errang das Team von Hasmonea Zeilsheim, vor dem CSC Ulm, die Tabellenspitze.

Punkt 12 Uhr mittags pfiff der Schiedsrichter im Grünwalder Stadion das Spiel um den dritten Platz in der jüdischen Fußballmeisterschaft an. Die Ulmer Mannschaft übernahm sofort die Initiative, setzte das Team von Feldafing mit schnellem Kurzpass-Spiel unter Druck und kam schon bald zu zwei guten Torschancen. Dennoch gelang Feldafing in der 25. Minute der erste Treffer durch Handelfmeter – zehn Minuten später das 2:0. Mit diesem Ergebnis gingen die Mannschaften in die Kabinen. Nur wenige Minuten nach Wiederanpfiff fiel überraschend der Anschlusstreffer. Die Ulmer drängten auf den Ausgleich und arbeiteten sich schöne Torchancen heraus; allein es fehlte ihnen ein Vollstrecker. Mit viel Glück konnten die Feldafinger den Vorsprung über die Zeit retten und als Sieger vom Platz gehen.


Die besten vier Mannschaften der jüdischen
Fußball-Liga spielten 1947 im Grünwalder Stadion
um die Meisterschaft, © jgt/blh-archiv

Nun stand der Höhepunkt der Fußballsaison bevor: Das Endspiel um die Meisterschaft in der US-Zone. Die Begeisterung der 5.000 Zuschauer im Grünwalder Stadion kannte keine Grenzen mehr, als der Titelverteidiger Ichud Landsberg und sein Herausforderer, das Team von Hasmonea Zeilsheim, einliefen. Die Partie versprach spannend zu werden, da Landsberg ersatzgeschwächt war und ohne zwei Stammspieler antreten musste. Beide Mannschaften begannen ohne taktische Zwänge aufzuspielen und lieferten einen herzerfrischenden Angriffsfußball. Aufgrund seiner kompakten Abwehr und der technisch versierteren Spieler bestimmte Landsberg vor allem in der zweiten Halbzeit jedoch das Geschehen auf dem Rasen. Das 1:0 fiel unmittelbar nach der Pause, das vorentscheidende 2:0 nur wenige Minuten später und kurz vor Schluss mussten die Zeilsheimer auch das 3:0 hinnehmen. Die Elf aus dem Landsberger Lager war Fußballmeister 1947. "Ichud ist weiterhin die beste Mannschaft in unserer Zone", lautete die Schlagzeile auf Seite eins der Jidisze Sport Caitung. Unter dem Foto, das die siegreiche Elf zeigt, jubelte das Blatt: "Es lebe der jüdische Sport in unserem eigenen Staat." An diesem 29. November 1947 hatte nämlich die UN-Vollversammlung in einer mit Spannung erwarteten Sitzung die Teilung des britischen Mandatsgebietes Palästina in einen jüdischen und einen arabischen Staat beschlossen. Ein lang ersehnter Traum war zum greifen Nahe. Nicht nur in München tanzten die Juden vor Freude auf den Straßen. Wenige Monate später, am 14. Mai 1948, proklamierte Ben Gurion den Staat Israel, so dass nicht nur die Spieler von Ichud Landsberg künftig in den Fußballvereinen von Haifa, Tel Aviv oder Jerusalem kicken konnten.


Fußballmeister 1947: Das Team aus dem DP-Lager Landsberg. "Ichud ojch
wajter der bester in undzer zone!“, jubelte die Jidisze Sport Cajtung.
© jgt/blh-archiv

Im Frühjahr 2008 erscheint ein ausführlicher Aufsatz über die Finalspiele von 1947 in der Zeitschrift "Sportzeiten – Sport in Geschichte, Kultur und Gesellschaft". Bereits 2006 veröffentlichte der Autor den Beitrag "Arojs mitn bal cu di tojznter wartnde cuszojer – Die Fußballvereine und -Ligen der jüdischen Displaced Persons" im Jahrbuch des "Nürnberger Instituts für NS-Forschung und jüdische Geschichte des 20. Jahrhunderts".

hagalil.com 29-11-2007

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