"Angehöriger des Deutschen Reichs":
Horst Mahler erneut vor Gericht
Vor dem Cottbusser Amtsgericht muss sich seit Dienstag (4.
September) der ehemalige NPD-Anwalt Horst Mahler wegen des "Verwendens von
Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen" verantworten. Dem erst
kürzlich aus der Haft entlassenen Holocaustleugner wirft die
Staatsanwaltschaft vor, sich bei seinem Haftantritt im November 2006 von
seinen Kameraden mit einem "Hitlergruß" verabschiedet zu haben. Die
Verhandlung in Cottbus wurde nötig, da Mahler gegen den Strafbefehl in Höhe
von 3600 Euro Einspruch einlegte.
Mahler
und seine Lebensgefährtin Sylvia Stolz - die den Angeklagten als Anwältin
beisteht - betraten den Gerichtssaal mit einem Stapel Bücher in der
Aktentasche. Unter diesen auch Hitlers "Mein Kampf" in einer mit Hakenkreuz
verzierten Originalausgabe.
Neben einigen Journalisten und Interessieren aus Cottbus war
der Zuschauerbereich mit einem knappen Duzend Mahlerfans, die extra aus
Berlin angereist waren, eher mäßig gefüllt. Als vor drei Jahren in Berlin
der Prozess gegen Mahler und seinen ehemaligen Mitstreitern eröffnet wurde,
gab es noch heftige Proteste von potentiellen Zuschauern, als die Türen des
Gerichtssaals wegen Überfüllung geschlossen wurden.
In seiner Ersteinlassung, die in der nächste Woche
fortgesetzt wird, sagte Mahler, dass er die ihm vorgeworfene Tat bewusst
gemacht habe. Sicherlich habe er dabei auch "Heil Hitler" gesagt.
Unverhohlen gab der 71-jährige Angeklagte zu Protokoll, dass sein
Überlebenswille aus dem eigenen Bekenntnis zu Adolf Hitler zum Ausdruck
käme. Für ihn ist der Nationalsozialismus eine Weltanschauung, die
eigentlich durch das Grundgesetz geschützt sei. Daher sei das
Unter-Strafe-Stellen des Zeigens von NS-Symbolen der Beweis für die
zerstörerische und zerdrückende Fremdherrschaft in diesem Staat. Nach wie
vor würden die Siegermächte, beginnend mit der "Lynchparty" namens
Nürnberger Prozesse, das Ziel verfolgen, das Deutsche Reich zu vernichten.
Wie ein roter Faden spann sich der Antisemitismus durch
diesen ersten Teil der Einlassung des Angeklagten, der sich selbst als
"Angehöriger des Deutschen Reichs" vorstellte. Nach seinen Worten verkörpere
die Judenheit eine menschenverachtende Weltanschauung. Sie sei das Negative
schlechthin, nämlich Satan.
Immer wieder versuchte der vorsitzende Richter den
Angeklagten dahingehend zu bewegen, seine Ausführungen abzukürzen. Das
Problem der von Mahler bemängelten Unvereinbarkeit zwischen der im
Grundgesetz verbrieften Weltanschauungsfreiheit einerseits und der
entsprechenden Einschränkung im Strafgesetzbuch andererseits, sei sowieso
nicht in dieser ersten Instanz zu lösen. Doch der rhetorisch gewandte Mahler
ließ sich, anders als seine Verteidigerin, nicht aus dem Konzept bringen.
Als Sylvia Stolz nach über zweistündigem Monolog ihres Lebensgefährten aus
der geistigen Abwesenheit erwachte und anfing, über Staatsmodelle zu
philosophieren, dabei durch den Richter unterbrochen wurde, schwieg sie -
und fand erst nach einer halben Minuten wieder den Anschluss.
Nach knapp dreistündiger Verhandlungsdauer und dem Einbringen
der ersten Beweisanträge durch Horst Mahler, wurde die Fortsetzung des
Verfahrens auf nächste Woche festgelegt. |