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Aktion wegschauen:
Wie die Polizei Rechtsextreme schont

Anmoderiert von Anja Reschke brachte das Magazin PANORAMA am 14.06.2007 einen Bericht über das staatliche Engagement gegen Rechtsextremisten:

Es ist unglaublich. Eine kleine Schauspieltruppe wurde am Wochenende auf offener Straße von Neonazis einfach so verdroschen. Und was macht die Polizei? Lässt die Täter erst mal laufen. Und das ausgerechnet in Sachsen-Anhalt.
Passiert hier auch nicht zum ersten Mal. Dabei brüstet sich das Land doch seit Monaten, gegen Neonazis vorzugehen. "Hingucken" – heißt die große Aktion mit viel politischem Trara sogar.
Hingucken? Die Recherchen von Panorama haben etwas ganz anderes ergeben: Weggucken. Und zwar offenbar von oben verordnetes Weggucken.

Ein Bericht von Sonia Mayr und Dietmar Schiffermüller

Ina Korntreff fühlt sich bedroht - die linke Stadträtin wird von Neonazis gejagt. Unbekannte haben in ihrem Hauseingang Wahlplakate abgefackelt. Ihr Portrait brannte dutzendfach - doch die Polizei sah darin keine politische Straftat, nur Sachbeschädigung. Vor einer Woche zündeten Brandstifter dann ihr Auto an. Der Wagen ging in Flammen auf – direkt vor ihrer Wohnung. Jetzt erst wachen die Beamten in Dessau langsam auf. Viel zu lange haben sie gezögert.

O-Ton - Ina Korntreff, Stadträtin: „Da war ich schon ziemlich entrüstet, weil es hätten auch Menschen zu Schaden kommen können. Es ist einfach unfassbar. Also ich bin da auch ein bisschen komisch im Bauch. Da kommt man schon ins Grübeln, was hier eigentlich los ist."

Der Polizist Christian Kappert hat nie gezögert: Er war früher beim Staatsschutz, hat Neonazis verfolgt. Doch heute muss er Radarfallen aufstellen. Die Polizeidirektion hat ihn zwangsversetzt.

Zu all dem darf er sich nicht äußern. Wir wollen ihn trotzdem befragen, gehen auf ihn zu, ohne Erlaubnis.

PANORAMA: „Sie waren ja sehr erfolgreicher Staatsschützer im Kampf gegen Rechts, und jetzt müssen Sie hier Geschwindigkeitsmessungen durchführen. Finden Sie das gerecht?"

O-Ton Christian Kappert, ehemaliger Staatsschützer: „Ich finde es zumindest sehr schade, aber ich bin an meine Beamten-Pflichten gebunden, und das ist jetzt meine neue Aufgabe."

PANORAMA: „Jetzt dürfen Sie keine Straftaten, rechte Straftaten mehr aufklären. Was denken Sie darüber?"

O-Ton Christian Kappert, ehemaliger Staatsschützer: „Es macht mich traurig, tut mir Leid, mehr kann ich dazu nicht sagen."

Kappert ist verbittert, denn er ist rausgeflogen. Beim Dessauer Staatsschutz hat er mit seinen Kollegen die rechte Szene auf Schritt und Tritt verfolgt. Sie haben Konzerte aufgelöst und hunderte Straftaten angezeigt. Ein großer Erfolg – doch der stößt offenbar auf Missfallen. Anfang Februar bittet der Dessauer Polizei-Vize zum Rapport. Offenbar stören die hohen Fallzahlen. Die drei Staatsschützer fertigen ein Gesprächsprotokoll an.

Das wird ihnen später als Vertrauensbruch ausgelegt, dabei dokumentieren sie Unglaubliches. Demnach soll der Polizei-Vize gesagt haben, dass niemand über die vielen Ermittlungsverfahren glücklich sei.

„Das Innenministerium ist nicht glücklich, das Landeskriminalamt ist nicht glücklich und die übrigen Behörden... sind ebenfalls über diesen Anstieg nicht glücklich."

Und der Polizei-Vize hat auch gleich eine Erklärung parat:

„Das Ansehen unseres Landes könnte empfindlich gestört werden."

Und der Polizei-Vize legt nach. Macht Vorschläge. Man könne ja beispielsweise Berichte langsamer schreiben. Und sein Einfallsreichtum hört da noch nicht auf.

„Als persönliche Einschätzung merkte Herr Glombitza an, „dass man nicht alles sehen müsse"."

PANORAMA: „Es gab ja da schwere Vorwürfe im Gesprächsprotokoll. Stehen Sie nach wie vor zu diesen Vorwürfen?"

O-Ton Christian Kappert, ehemaliger Staatsschützer: „Also es wurden keine Vorwürfe erhoben, wir haben etwas dokumentiert. Oder es wurde etwas dokumentiert. Und dazu stehe ich. Zu den Inhalten darf ich mich nicht äußern."

PANORAMA: „Haben Sie einen Maulkorb bekommen?"

O-Ton Christian Kappert, ehemaliger Staatsschützer: „Ich darf mich auf jeden Fall nicht äußern zu diesem Vorfall, Vorgang, ja."

Eine engagierte Polizei hätte auch Alexander Junghans gut gebrauchen können. Neonazis haben ihn und seine Theaterkollegen zusammengeschlagen. Nasenbeinbrüche, ausgeschlagene Zähne, Platzwunden – und trotzdem ließ die Polizei die Schläger am Tatort einfach laufen.

O-Ton Alexander Junghans, Schauspieler: „Ich bin sehr, sehr wütend, dass sie uns da haben stehen lassen, dass sie auch nicht versucht haben, zu helfen. Wir haben sie mehrmals darauf hingewiesen. Und die Verzweiflung steigert sich, wenn Du siehst, da ist der Mensch, der Deine Freunde geschlagen hat, zusammengetreten hat. Und da geht der einfach weg, und die Person, die Dir einfach helfen sollte, die steht da neben dir und guckt in der Gegend rum."

Und so können Nazis immer wieder treten und prügeln. Einer hat mit seinen Kameraden zwei junge Frauen in Schönebeck zusammengeschlagen. In Zerbst hat ein Skinhead einem Jugendlichen das Auge ausgestochen. In Pömmelte haben Rechtsradikale einen 12-Jährigen fast tot geprügelt. Unzählige Übergriffe – und immer die prompten Reflexe aus der Politik.

O-Ton Wolfgang Böhmer, CDU, Ministerpräsident Sachsen-Anhalt: „Es ist für uns alle in Sachsen-Anhalt beschämend. Es ist sogar eine sehr schlimme Nachricht, die uns beschämt."

„Besser Hingucken"

Medienwirksam präsentiert der Ministerpräsident schon vor Monaten seine neue Kampagne: Auch Polizeibeamte sollen ermutigt werden, engagierter gegen Rechtsextreme vorzugehen. Doch im internen Gespräch im Dessauer Polizeipräsidium klingt das ganz anders. Der Vizepräsident hat offenbar nur Spott für die Aktion Hingucken übrig. So steht es zumindest im eidesstattlich versicherten Gesprächsprotokoll: „Das ist doch nur für die Galerie, und das dürfen Sie nicht ernst nehmen."

Sven Gratzik hat die rechte Gewalt immer ernst genommen, wohl zu ernst. Jetzt ist auch er seinen Posten los. Bis vor kurzem noch war er Chef des Dessauer Staatsschutzes. Jetzt disponiert er Streifenwagen. Auch er darf keine Interviews geben. Doch wir befragen ihn trotzdem zu seiner Versetzung – unangemeldet.

PANORAMA: "Sie dürfen jetzt nicht mehr Leiter des Staatsschutzes sein, was sagen Sie dazu?"

O-Ton Sven Gratzik, ehemaliger Staatsschützer: „Ich bin enttäuscht, diese Arbeit hat mir sehr viel Spaß gemacht. Und, ja, jetzt hab ich eben eine neue Aufgabe bekommen."

PANORAMA: „Jetzt müssen Sie wieder zur Streife zurück. Sie müssen sich um entlaufene Katzen und um Ruhestörer kümmern. Ist das gerecht?"

O-Ton Sven Gratzik, ehemaliger Staatsschützer: „Was ist schon gerecht im Leben. Das Leben ist grundsätzlich nicht gerecht."

PANORAMA: „Würden Sie sagen, dass die Arbeit gegen Rechts, dass das torpediert wird?"

O-Ton Sven Gratzik, ehemaliger Staatsschützer: „Dazu darf ich mich nicht äußern."

Für die ehemaligen Staatsschützer ist das alles eine bittere Erfahrung. Sie würden gerne weiter gegen Neonazis durchgreifen – doch sie dürfen nicht.

O-Ton Christian Kappert, ehemaliger Staatsschützer: „Ich habe meine vorige Verwendung sehr gerne gemacht. Unterm Strich ist es aber so: Ich bin Beamter, ich bin verpflichtet, dem nachzukommen, was man von mir erwartet. Und das ist jetzt halt die Überwachung des fließenden Verkehrs."

Anja Reschke fasst zusammen:

„Der Polizeivizepräsident und seine Chefin waren nicht zu einem Interview bereit. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer dagegen hat heute gegenüber Panorama gesagt, dass der Polizei-Vize große Probleme bekommen werde, sollten sich die Vorwürfe bestätigen. Wir von PANORAMA werden auf jeden Fall weiter hingucken."

Hier sehen Sie den Beitrag als Windows Media Video oder Real-Video.

Bericht: Sonia Mayr, Dietmar Schiffermüller
Kamera: Heinrich Heidemann, Jupp Tautfest
Schnitt: Markus Ortmanns

http://daserste.ndr.de/container/file/t_cid-4060310_.pdf

hagalil.com 10-06-2007

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