Revolutionäre im Heuschreckenwahn:
Antisemitismus, Antizionismus und Antiamerikanismus
rund um den 1. Mai in Berlin Von
Juri Eber und Ralf Fischer In ganz
Kreuzberg waren sie zu sehen: Plakate auf denen ein Vermummter seine Zwille
auf einige Heuschrecken richtet, die gerade im Begriff sind mit ihren
Fühlern ganz Berlin in Besitz zu nehmen. "Heuschrecken Alarm" prangerte als
Überschrift auf dem Plakatmotiv. Kämpferisch ist auch ihre Antwort: "Nicht
mit uns, ihr Schweine!" Dass die
Heuschrecke als Tiermetapher gern von eliminatorischen Antisemiten benutzt
wird, fiel sogar einigen linken Mitstreitern der mobilisierenden
Revolutionäre auf. Sie plakatierten über die darüber zum ersten Mai ein
kleineres Plakat mit der Aufschrift: "Wer Menschen mit Ungeziefer
vergleicht, hat aus der Geschichte nix gelernt. Gegen Rassismus und
Antisemitismus. Fight Capitalism. Destroy Germany". Woraufhin auf dem linken
Internetportal Indymedia eine recht aufschlussreiche Diskussion entbrannte.
Tenor der Debatte: "Wer den Ungeziefer-Vergleich "antisemitisch" nennt, der
transportiert und akzeptiert die Nazi-Gleichung: "Juden = Ungeziefer"."
Letztendlich ging die Intervention einiger antinationaler
Linker in die Hose. Am Vorabend des 1. Mai versammelten sich rund 1500
Menschen auf dem Boxhagener Platz, um einem Konzert unter dem Motto "Gegen
Yuppisierung und Umstrukturierung - G8 verhindern" beizuwohnen.
Palästinensertücher gehörten hier ebenso zum guten Ton, wie die
Personalisierung des Kapitalismus in Form von so genannten 'Yuppies' oder
einzelnen 'Kapitalisten'. Auf einer vom Deutschen Gewerkschaftsbund
organisierten Demonstration am nächsten Vormittag zeigten IG Metaller ihre
Verbundenheit mit der jugendlichen Nachhut und so konnte man auf einem
Transparent der IG Metall-Handwerker begutachten, wie ein kräftiger
deutscher Handwerker dem dicken Kapitalisten den Marsch bläst, da er ihn in
den Tarifverhandlung bisher immer nur 'unterdrückt' hat.
Äußerst passend steht über dem antisemitischem Comic auch die
passende Parole für den diesjährigen 1. Mai: "Wir sind Deutschland". Die
Punker am Vorabend auf dem Boxhagener Platz blieben noch auf halber Strecke
stehen und riefen stattdessen ständig die 89-Parole "Wir sind das Volk".
Um Solidarität mit den unterschiedlichsten
Volksbefreiungsbewegungen ging es dann am frühen Nachmittag in Kreuzberg.
Auf der 13:00 Mai-Demonstration boten die Maoisten von den Revolutionären
Kommunisten dasselbe Schauspiel, wie jedes Jahr. Mit Parolen wie
"Internationaler Volksaufstand - Widerstand in jedem Land" oder "Sieg dem
palästinensischen Widerstand - Werft die Besatzer aus dem Land" ließen sie
die Intifada gegen den Staat Israel hoch leben. "Viva la Palästina" rufend
zogen so rund 500 Demonstranten, unter anderem auch Mitglieder der MLPD,
durch die Stadt. Am Abend - während der
Ausschreitungen - agierten islamistische Jugendbanden, die der Polizei
lauthals "Hurensöhne" entgegneten, Seite an Seite mit organisierten
Altautonomen oder jugendlichen Punker gegen die Polizei. Das diese
Straßenkampfallianz kein Zufall ist, lassen die ideologischen Schnittmengen
erahnen. Welche Potenz ein Bündnis zwischen antizionistischen Linken und
Islamisten haben kann, kann man am ersten Mai nach Kreuzberg erleben. Hier
keimt ein neues reaktionär-antikapitalistisches Bündnis, welches womöglich
seine besten Zeiten noch vor sich hat ... 
© Juri Eber und Ralf Fischer.
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Aufkleber, die von linken Aktivisten zusammen mit der
1. Mai-Mobilisierung verklebt wurden - antiamerika-
nische Ressentiments wurden bewußt genutzt

Mobilisierungsplakat autonomer Gruppen für eine
Demonstration um 18 Uhr

Transparent der Ostjugendleitung auf der Gewerkschaftsdemonstration

Transparent der IG Metall auf der Gewerkschaftsdemonstration

Transparent der Organisatoren der 13 Uhr Demonstration - Die Demonstranten
hetzten vor allem gegen den Zionismus und forderten die Befreiung
"Palästinas" 
Palästina Fahnen auf der 13 Uhr Demonstration

Demonstration von Autonomen um 18 Uhr zu der u.a. mit dem
"Heuschrecken-Plakat" mobilisiert wurde
Alle Bilder:© Agentur Ahron |