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"Historischer Krieg":
Ahmadinejad und die Juden

Von Matthias Küntzel

Ayatollah Khomeini, Ahmadinejads großes Vorbild, wurde schon in den 30er Jahren vom Antisemitismus der Nazis infiziert.[12] Seit 1963 hatte er die mobilisierende Bedeutung des Antisemitismus im Kampf gegen den Schah nicht nur erkannt, sondern auch genutzt. "Ich weiß, dass ihr nicht wollt, dass der Iran unter den Stiefeln der Juden liegt", rief er am 13. April 1963 seinen Anhängern zu.[13] Noch im selben Jahr griff er den Schah persönlich als einen verkappten Juden und Befehlsempfänger Israels an.[14]

Die Resonanz war riesig: Khomeini hatte sein Kampagnenthema gefunden. "Jetzt war der Ayatollah davon überzeugt", schreibt der Khomeini-Biograph Amir Taheri, "dass das zentrale politische Thema des gegenwärtigen Lebens eine ausgeklügelte und hochkomplexe Verschwörung der Juden sein müsse", eine Verschwörung, um "den Islam zu entmannen und die Welt mithilfe der natürlichen Reichtümer der Muslime zu kontrollieren".[15] Als sich im Juni 1963 Tausende von Khomeini beeinflusste Religionsstudenten zu einem Protestmarsch nach Teheran aufmachten und von Sicherheitskräften des Schah brutal gestoppt wurden, lenkte Khomeini alle Wut auf die jüdische Nation: "Israel will nicht, dass der Koran in diesem Land überlebt. ... Es vernichtet uns. Es vernichtet euch und die Nation. Es möchte die Wirtschaft übernehmen. Es will unseren Handel und die Landwirtschaft zerstören. Es will den Wohlstand des Landes an sich reißen."[16]

Nach dem Sechs-Tage-Krieg von 1967 wurde die antisemitische Agitation, die zwischen Juden und Israelis keine Unterschiede machte, verstärkt. "Seid achtsam, sie sind Monster", schrieb Khomeini 1970 in seinem Hauptwerk Islamische Regierung. "Die Juden waren es, die als erste mit der anti-islamischen Propaganda und mit geistigen Verschwörungen begannen und das dauert, wie jeder sehen kann, bis zur Gegenwart an."[17] "Die Juden", rief er schließlich im September 1977, "haben sich mit beiden Händen auf die Welt gestürzt und sind dabei, sie mit unersättlichem Appetit zu verschlingen. Sie haben Amerika verschlungen und haben sich als nächstes dem Iran zugewandt und sind immer noch nicht zufrieden."[18] Zwei Jahre später war Khomeini der unangefochtene Führer der iranischen Revolution. Seine antisemitischen Attacken stießen bei den Gegnern der Shah, ob in der Linken oder im Lager der Islamisten, auf positive Resonanz. Sie lagen auf einer Linie mit den Protokollen der Weisen von Zion, die im Sommer 1978 auf persisch veröffentlicht und als Waffe gegen den Schah, Israel und die Juden verbreitet worden waren. 1984 druckte die von der iranischen Botschaft in London herausgegebene Zeitung Imam Auszüge aus den Protokollen nach.[19] 1985 produzierten die staatlichen iranischen Stellen in hoher Auflage eine weitere Ausgabe dieser Schrift. Später wurde dieser Text unter der Überschrift "Der Geruch von Blut. Jüdische Verschwörungen" von der Zeitschrift Eslami als Serie nachgedruckt. Noch im Jahr 2005 konnte ich am Stand der iranischen Aussteller auf der Frankfurter Buchmesse die von der Islamic Propagation Organization der Islamic Republic Iran herausgegeben Ausgabe der Protokolle in englischer Sprache problemlos erwerben, neben anderer antisemitischer Literatur wie Henry Fords Traktat The International Jew, oder das Machwerk Tale of the ,Chosen People’ and the Legend of ,Historical Right’ von Mohammad Taqi Taqipour, das mir schon aufgrund seines grellen Titels ins Auge fiel: Ein roter Davidstern über einem grauen Totenkopf und einer gelben Weltkarte. [20] Wir sehen, dass die weltweite Verbreitung des Antisemitismus durch den Iran auch nach dem Tode Khomeinis im Jahr 1989 kein Ende nahm.

Die Tatsache, dass heute im Iran mit 25.000 Menschen die weltweit größte jüdische Gemeinde lebt, die ein islamisches Land weltweit aufzuweisen hat, steht hierzu nicht im Widerspruch. Man lässt die Juden im Iran ihren Dhimmi-Status der Unterlegenheit deutlich spüren: So dürfen sie Muslimen gegenüber keine höheren Positionen bekleiden und sind zum Beispiel von hohen Funktionen in Politik und Armee ausgeschlossen. Sie dürfen vor Gericht keine Zeugenaussage abgeben, ihre jüdischen Schulen müssen von Muslimen geleitet werden sowie am Schabbat geöffnet sein und Bücher auf Hebräisch sind verboten. Bislang hat das Regime, das immer wieder antisemitische Schriften und Karikaturen veröffentlicht, verhindert, dass diese Anstachelung in Gewalt gegen Juden umgeschlagen ist. Man konfrontiert die jüdische Gemeinde jedoch mit einer Mischung aus Anstiftung und Zurückhaltung, die einen permanenten Status der Unsicherheit nach sich zieht.[21] Heute erfüllt die jüdische Gemeinde im Machtspiel Ahmadinejads nicht nur eine Alibi-, sondern zunehmend auch eine Abschreckungsfunktion: Sie befände sich im Falle eines israelischen Angriffs auf iranische Atomanlagen in einer Art Geiselhaft und könnte Racheakten ausgesetzt sein.

Unabhängig von dem Spielraum, den Ahmadinejad den iranischen Juden vorerst gelassen hat, ist seine Rhetorik von einem Antisemitismus durchtränkt, wie er für einen Staatsführer nach dem II. Weltkrieg einzelartig ist. Ahmadinejad spricht nicht von Juden. Er sagt: "Zweitausend Zionisten wollen die Welt beherrschen."[22] Er sagt: "Die Zionisten" haben in den letzten 60 Jahren "alle westlichen Regierungen" erpresst.[23]  "Die Zionisten" haben in den USA "einen beträchtlichen Anteil der Banken, des Finanzwesen, der Kulturindustrie und der Medien an sich gerissen."[24] "Die Zionisten" haben die dänischen Karikaturen fabriziert. "Die Zionisten" haben die schiitische Kuppelmoschee im Irak zerstört."[25]

Man erkennt das Muster. Ahmadinejad ist kein rassistischer Sozialdarwinist, der wie Hitler noch das letzte "jüdische Blut" vernichten will. Das Wort vom "Halbjuden" kommt im Islamismus nicht vor. Und doch benutzt er die Vokabel "Zionist" genau in dem Sinn, in dem einst Hitler die Vokabel "Jude" benutzte: Als Inkarnation alles Bösen auf dieser Welt.

Da mag das Regime die jüdischen Israelhasser von Neturei Karta noch so hofieren und umarmen: Wer Juden – ob als "Judas" oder "Zionist" – für alles Böse der Welt verantwortlich macht, ist vom Antisemitismus der genozidalen Natur beherrscht. Dämonisierung der Juden, Leugnung der Holocaust und der Wille, Israel zu liquidieren – dies sind die Seiten eines ideologischen Dreiecks, dass sich nicht hält, wenn auch nur eine der drei Seiten fehlt. Ahmadinejad ist in einer hermetisch abgeriegelten Welt des Wahns eingeschlossen. Je lauter die aufgeklärte Welt gegen die Leugnung des Holocaust oder die Absicht, Israel zu vernichten, protestiert, desto eindeutiger ist für ihn der Nachweis zionistischer Vorherrschaft erbracht. Im Gespräch mit der Redaktion des Spiegel reagierte der iranische Präsident auf den Hinweis, dass der Spiegel das Existenzrecht Israels nicht in Frage stelle, wie folgt: "Ich freue mich, dass Sie ehrliche Menschen sind und sagen, dass Sie verpflichtet sind, die Zionisten zu unterstützen."[26] Nur dann, wenn auch wir endlich begreifen, dass der Holocaust eine jüdische Lüge ist, nur dann, wenn auch wir Israel vernichten wollen, nur dann wäre für Ahmadinejad erwiesen, dass wir wissenschaftlich glaubwürdig sind und politisch frei. Es ist aber dieser Irrsinn, der der revolutionären Mission der iranischen Führung ihre Gefährlichkeit verleiht. Damit sind wir bei der Frage der Bedeutung der Holocaust-Leugnung im weiteren Sinne angelangt. Die islamistische Mission ist auf Israel keineswegs beschränkt.

"Historischer Krieg"

Dies machte Ahmadinejad schon in seiner ersten Grundsatzrede klar: "Wir stehen inmitten eines historischen Krieges, der seit Hunderten von Jahren andauert" rief er im Oktober 2005 aus - eines Kriegs also, der mit dem Nahostkonflikt ursprünglich nichts zu tun hat und der mit Israels Eliminierung längst nicht beendet sein wird. Er fuhr fort: "Wir müssen uns die Niedrigkeit unseres Feindes bewusst machen, damit sich unser heiliger Hass wie eine Welle immer weiter ausbreitet." Dieser "heilige Hass" ist grenzen- und bedingungslos. Er lässt sich durch keine Variante jüdischen oder nicht-jüdischen Verhaltens abmildern – sofern es sich nicht um die Unterordnung unter die Scharia oder den Koran handelt – wovon nicht nur die iranischen Studenten ein Lied zu singen wissen.

Ausgerechnet in seinem Brief an George W. Bush vom Mai 2006 beschrieb  der iranische Präsident das Ziel seiner Mission:  "Die Einsichtigen hören schon, wie die Ideologie und das Gedankengut liberaler demokratischer Systeme zerbrechen und untergehen." Und wir erfahren in diesem Brief, auf welche Weise er die liberalen Demokratien zu zerbrechen gedenkt, wird doch selbst hier noch die Märtyrerideologie – jenes Ihr liebt das Leben, wir lieben den Tod - in nur leicht abgeschwächter Version propagiert: "Ein böses Ende haben nur die, die das Leben des Diesseits bevorzugt haben. ... Ewige Glückseligkeit des Paradieses gehört denen, die ihren Herren fürchten und nicht ihren Gelüsten folgen."

Wir haben es beim schiitischen Islamismus mit einem Gegner zu tun, der die Errungenschaften der Moderne als das Werk des Satans bekämpft, der das nach 1945 geschaffene System der internationalen Beziehungen als "christlich-jüdische Konspiration" anfeindet und der auch aus diesem Grund die in diesem System geltende Geschichtsschreibung radikal umstoßen will. Das Problem bestehe darin, erklärte der iranische Außenminister Mottaki zu Beginn der Leugner-Konferenz, dass die "Formulierung von historischen Ereignissen und deren Analyse aus der Perspektive des Westens" geschrieben werde.[27] Der Islamismus will demgegenüber eine neue Weltordnung und eine neue geschichtliche "Wahrheit" kreieren, die den Holocaust zum Mythos, den Zwölften Imam hingegen zur Realität erklärt. Während man das Wahnsystem der Holocaust-Leugnung  zur gültigen Norm erheben will, wird jede Abweichung davon als Symptom der "Judenherrschaft" denunziert.

Ahmadinejad führt einen Religionskrieg und agiert gleichwohl als Weltpopulist. Seine Reden sind an die "Unterdrückten" in aller Welt adressiert. Er kümmert sich um gute Beziehungen zu Fidel Casto und Hugo Chávez und biedert sich mit antiamerikanischen Phasen bei der westlichen Linken an. Auch deshalb ist für ihn die Wortwahl "Zionist" so relevant. Er nutzt dieses Stichwort als ein trojanisches Pferd, um seinen Antisemitismus respektabel zu machen, um als Antisemit und Holocaust-Leugner gleichzeitig auch der Sprecher sogenannter "unterdrückter Völker" zu sein.

Zwar wäre der Iran zur Verfolgung seiner Ziele auf die Holocaust-Leugung gar nicht angewiesen. Gleichwohl kapriziert sich darauf, um die Zerstörung Israels ideologisch zu forcieren und weil er bei diesem Projekt auf die Zustimmung der Europäer spekuliert. Schließlich findet in Europa die Delegitimierung Israels schon seit langem statt – wenn auch mit anderen Begründungen. Die BBC veranstaltete ein Symposium über die Frage, ob Israel in 50 Jahren noch existieren werde,  in der EU sahen 59 Prozent der vor drei Jahren Befragten in Israel "die größte Gefahr für Weltfrieden" und selbst in den USA bekennt sich eine zunehmende Zahl von Intellektuellen zu der Überzeugung, dass Israel und dessen amerikanische Unterstützer die eigentlich Verursacher der Probleme der amerikanischen Außenpolitik seien.[28] Wenn auch Ahmadinejad ein wenig anders argumentiert, ergänzen sich doch die divergierenden Sichtweisen und arbeiten sich gegenseitig in die Hand.

Wenn es stimmt, was Adorno als den neuen kategorischen Imperativ formuliert hat, wenn es stimmt, dass "Hitler ... den Menschen im Stande ihrer Unfreiheit einen neuen kategorischen Imperativ aufgezwungen (hat): ihr Denken und Handeln so einzurichten, dass Auschwitz sich nicht wiederhole, nichts Ähnliches geschehe", dann ist heute eine neue Dimension der gesellschaftlichen Intervention, des "Einrichtens" von Handeln, gefragt. Heute kann unserer Stimme nicht alarmistisch genug sein. Schon bei der bevorstehenden Berliner Demonstration gegen die Politik des Iran am 27. Januar 2007, dem Jahrestag der Befreiung von Auschwitz, kommt es auf jede Teilnehmerin, auf jeden Teilnehmer an. Wenn der Iran nicht unverzüglich massiv unter Druck gesetzt und vor die Alternative gestellt wird, entweder seinen Kurs zu ändern oder aber verheerende ökonomische Schäden zu erleiden, bleibt nur noch die Wahl zwischen einer schlechten Lösung – der militärische Option - oder einer schrecklichen, der iranischen Bombe. Heute geht es darum, unser Denken und Handeln so einzurichten, dass der Iran sein erklärtes erstes Ziel, Israel zu vernichten, nicht verwirklichen kann.

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Anmerkungen:
[12] Siehe hierzu meinen Aufsatz unter: http://www.matthiaskuentzel.de/contents/ahmadinejads-antisemitismus-und-der-gegenwaertige-krieg.
[13] Cheryl Benard und Zalmay Khalilzad, Gott in Teheran. Irans Islamische Republik, Frankfurt a. M. (Suhrkamp), S. 260, Fn. 26.
[14] Amir Taheri, The Spirit of Allah. Khomeini & the Islamic Revolution, New York (Adler & Adler) 1986,  S. 131f.
[15] Taheri, a.a.O., S. 159.
[16] Henner Fürtig, Die Bedeutung der iranischen Revolution von 1979 als Ausgangspunkt für eine antijüdisch orientierte Islamisierung, in: Jahrbuch für Antisemitismusforschung Bd. 12, Berlin ( Metropol), 2003, S. S. 77.
[17] Fürtig, a.a.O., S. 79.
[18] The Institute for the Compolation and Publication of the Works of Imam Khomeini, International Affairs Division, Kauthar. Vol. I. An anthology of the speeches of Imam Khomeini (s.a.) 1962-1978, Tehran 1995, S. 370.
[19] Robert Wistrich, Der antisemitische Wahn, München (Max Hueber) 1987,  S. 320f.
[20] Siehe unter:  http://www.matthiaskuentzel.de/contents/die-protokolle-der-weisen-von-zion-auf-der-frankfurter-buchmesse.
[21] Wahied Wahdathagh, Fremd in der Heimat, in: Jungle World, 12. Februar 2004; Rachel Silverman, It’s not the best place for Jews, but Iran’s home to a sizeable community, in: Jewish Telegraph Agency (JTA), 5. Juni, 2006.
[22] Hooman Majd, Mahmoud and Me, New York Observer, October 2, 2006.
[23] MEMRI, Special Dispatch Series, No. 1091, February 14, 2006.
[24] So in seinem "Letter to the Noble Americans", unter: http://edition.cnn.com/2006/WORLD/meast/11/29/ahmadinejad.letter/
[25] WorldNetDaily, 11. Februar 2006.
[26] "Wir sind entschlossen", Spiegel-Interview mit Mahmud Ahmadinedschad, in: Spiegel 22/2006, 29. Mai 2006.
[27] Honestly Concerned Iran Forschung, Die staatlich organisierte Teheraner Hasspropagandakonferenz, S. 2.
[28] Vgl. Bret Stephens, The Road to Tehran, in: Wall Street Journal (OpinionJournal), December 16, 2006.

hagalil.com 20-12-2006

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