Geld für die Feinde des Geldes:
Schon wieder ein Antisemitismusskandal bei der Hans-Böckler-Stiftung?
Ein Offener Brief an die HBS, 10. November 2006
http://www.diemachtdesgeldes.de/ heißt eine neue Homepage von
StipendiatInnen der Hans-Böckler-Stiftung (HBS). Es ist eine Münze mit einem
Dollarzeichen darauf abgebildet. Der Dollar als abstoßendes Zeichen ist seit
langem Symbol eines völkischen Antikapitalismus, weltweit. Dabei geht es den
ressentimentgeladenen Sozialreformern, deren Homepage von dem
HBS-Stipendiaten Jens Simon Mannheim gemacht wird –
http://www.jensmannheim.de/start.htm – nicht um kritische,
wissenschaftliche Analyse, vielmehr um Agitation gegen alles, was nicht nur
die einfache Frau respective der einfache Mann, vielmehr weite Teile des
deutschen Establishments als böse=Geld=USA (=Jude) zu identifizieren gewöhnt
sind, allerspätestens seit 9/11.[1]
Zudem wird ganz offen
Werbung für die Gruppierung Initiative für Natürliche Wirtschaftsordnung
gemacht, kurz INWO
http://www.inwo.de/index.php. Schon der absurde Name "Natürliche
Wirtschaftsordnung" fällt dabei auf, ist doch die Welt dadurch
gekennzeichnet, dass Menschen sich die Welt herstellend verändern (Hannah
Arendt) und nach Siegfried Kracauer ist es Ziel von Intellektuellen,
"destruktive Kritik" zu üben. "Dieser Anspruch, ›der wider die angeborene
und‹, wie Kracauer ausdrücklich hervorhebt, ›die erworbene Natur ist‹, kann
den Intellektuellen nicht geschenkt werden: ›die Natur zum mindesten
versuchsweise außer Kraft zu setzen, soweit es nur irgend geht. Nichts
anderes ist der Intellekt als das Instrument der Zerstörung aller mythischen
Bestände in und um uns.‹"[2]
Phänomene wie der
Rechtsextremismus der Freiwirtschaftslehre oder der Ideologie des Dritten
Weges – angeblich jenseits von rechts und links – sind gut dokumentiert und
bekannt.[3]
Obskure Gruppen und Grüppchen tummeln sich nicht nur im Internet, um gegen
"das Geld" und den "Zins" Stimmung zu machen[4],
um gleichzeitig Mittelstandsunternehmern Honig ums Maul zu schmieren. Ein
kleinbürgerliches Schema, das bekannt ist, zumal in Gewerkschaftskreisen.
Doch die
Böckler-Stiftung steht keineswegs auf Seite der Kritiker solcher abstrusen
Projekte, nein: 17 500 € wurden offenbar zugesagt, um das Projekt "Die Macht
des Geldes" in Form von sieben Wochenend-Workshops bis Anfang 2008
durchführen zu können (siehe
http://www.jensmannheim.de/start.htm).
Es kann nicht angehen,
dass die HBS Kongresse zum Thema ›linker Antisemitismus‹ durchführt – Anlass
war der seinerzeit skandalisierte Antizionismus eines Stipendiaten der HBS
im Jahr 2003 –, interessante Bücher zum Thema herausgibt und zugleich
Workshops finanziert werden, welche der antisemitischen Ideologie des
"Mammonismus" anhängen, nachdem das Geld respective die Börse und der Zins
verantwortlich seien für so gut wie jedes Übel dieser Welt. Der Kern
kapitalistischer Gesellschaften – die Lohnarbeit und das Privateigentum an
Produktionsmitteln – wird von solchen Ideologen wie den
Freiwirtschaftstheoretikern nicht nur nicht angetastet, vielmehr wird er
vergöttlicht und ArbeiterInnenrechte werden abgewehrt. Streiks sind
gleichsam das Tabu dieser Art von "Wirtschaftswissenschaft", was in der
historischen Tradition der Freiwirtschaftslehre seit Silvio Gesell gründet.
Die OrganisatorInnen
der Workshops bewerben eine Freiwirtschaftsideologin, Margrit Kennedy. Diese
wiederum stützt sich auf den japanischen Freiwirtschaftler Yoshito Otani,
der sich ganz explizit und ausführlich 1978 in einer Monografie völlig
positiv auf die gefälschten (und von ihm als wahr vorgestellten!),
antisemitischen Protokolle der Weisen von Zion bezieht.[5]
In der gleichen
Wuppertaler Silvio-Gesell-Tagungsstätte, in welcher INWO-Seminare
stattfinden, tagte im Oktober 2006 der Bundesparteitag der aus der
rechtsextremen Freisozialen Union – Demokratische Mitte (FSU) (vgl. Handbuch
des Rechtsextremismus, 1996) hervorgegangenen Humanwirtschaftspartei. Ein
unten dokumentiertes Zitat aus dem Jahr 2006 von deren 1. Vorsitzenden sagt
alles über den aggressiven Antisemitismus und Antizionismus dieser Partei
aus. Wer Juden nach Auschwitz wieder mit einem Krebsgeschwür in Beziehung
setzt wie es die Humanwirtschaftspartei in Person ihres Vorsitzenden tut,
betreibt neonazistische Propaganda. Das möchte die HBS sicher nicht
unterstützen.
Es wundert nicht, dass
in den sieben Modulen des von der HBS-finanzierten Seminarzyklus’ zwar ein
Gespräch mit Moslems und Christen über das Zinsverbot in ihren Religionen
geführt werden soll, Juden jedoch vor der Moschee bleiben müssen. Konsequent
ist es, wenn der Vorsitzender der INWO – die wie gesagt gleich zwei der
sieben von der HBS bezahlten Wochenendmodule bestreitet – Prof. Dr. Wolfgang
Berger dem islamistischen, aggressiv antiisraelischen Internet-Portal
muslim-markt ein Interview gibt, wo er u.a. gegen "Rothschild" hetzt (vgl.
unten Dokumentation).
Bereits die
Nazi-Brüder Strasser, der Nationalsozialist Gottfried Feder wie die NSDAP
insgesamt haben ähnlich wie Gesell zur "Berechnung der Zinsknechtschaft"
aufgerufen und einen nationalen Sozialismus gepredigt. Auch damit wurde die
antijüdische, deutsche Volksgemeinschaft begründet.
Silvio Gesell
(1862–1930) propagierte sozialdarwnistische Menschenzüchtprogramme, wohnte
u.a. in der völkisch-esoterischen Eden-Kommune. Er generierte wie andere
Ideologen den antisemitischen Topos von guter (=deutscher, produktiver)
versus schlechter (=jüdischer, unproduktiver) Arbeit. Gesell hielt 1929 die
Grabrede auf seinen Freund Georg Blumenthal, welcher 1912 in einem
programmatischen Gedicht der gesamten Freiwirtschaftsszene zum Kampf gegen
"Mammon"[6]
– der nicht nur damals als eindeutig jüdisch konnotiert erkennbar war –
aufgerufen hatte[7].
Da bereits am
17.11.2006 dieser Workshop der HBS-Stips gegen "Die Macht des Geldes"
beginnen soll, besteht akuter Handlungsbedarf.
Unsere Forderungen an die Hans-Böckler-Stiftung:
Kein Geld für die
Feinde des Geldes!
Kein Geld für Antisemiten und Ihre FreundInnen!
Keine Kooperationen mit Organisationen, die sich an die Freiwirtschaftslehre
Silvio Gesells anlehnen!
Keine Kooperationen mit StipendiatInnen, die sich der jahrelangen Arbeit
nicht zuletzt von GewerkschafterInnen bzw. der HBS nahe stehenden Leuten
entgegenstellen und jede substantielle Analyse des Antisemitismus und
Antiamerikanismus verhindern um gleichsam selber antijüdische Ideologeme wie
den Hass auf das Geld und den Zins zu schüren!
Unterzeichnende:
Peter Bierl, freier
Journalist, Mitglied der Gewerkschaft ver.di
Ulrike Birzer, Rechtsanwältin (Berlin)
Ulrike Breitsprecher, Studien-Stipendiatin der Hans-Böckler-Stiftung
Prof. Dr. Micha Brumlik, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt/Main
Alex Feuerherdt, Buchhändler
Angela Grünzel, Betriebsrätin integrative drogenhilfe (idh) (Frankfurt am
Main)
Dr. Clemens Heni, Alt-Stipendiat der Hans-Böckler-Stiftung (Berlin)
Bärbel Illi, Gewerkschaftssekretärin, ver.di (Stuttgart)
Dr. Martin Jander, Historiker und Journalist (Berlin)
Gerhard Kern, Autor, Heimleiter in einem Behindertenprojekt
Doris Krüger, Stipendiatin der Hans-Böckler-Stiftung
Prof. Dr. Andrei S. Markovits, University of Michigan (Ann Arbor)
Michael Mende, Jugendvertreter der GEW Rosenheim
Prof. DDr. Günther Pallaver, Universität Innsbruck
Prof. Dr. Anton Pelinka, Central European University (Budapest)
Michel Raab (ver.di-Mitglied und Bildner im Bildungskollektiv Biko)
Dr. Gerd Simon, Akademischer Oberrat i. R., Universität Tübingen
Dr. Klaus Thörner (Oldenburg)
Martin Ulmer, Institut für Empirische Kulturwissenshaft, Universität
Tübingen
Susanne Wein, Promotionsstipendiatin des ev. Studienwerks Villigst (Berlin)
Volkmar Wölk, DGB-Kreisvorstand Muldentalkreis/Döbeln
Anja Zibell, Altstipendiatin der Hans-Böckler-Stiftung (Hamburg)
Dokumentation von
Positionen aus der INWO und deren Umfeld:
Auch der Protagonist
des HBS-finanzierten Workshop-Konzepts, Jens Simon Mannheim denkt in
Kategorien von Krankheit, Zersetzung, Krebs und Geldwirtschaft. Das Reden
von Krebsgeschwüren bezüglich gesellschaftlicher Phänomene ist ein typischer
Topos des Antisemitismus:
"Kennt Ihr den
Unterschied zwischen einem Krebsgeschwür und dem Zins? Nach dem
amerikanischen Wirtschaftshistoriker John L. King ist der Zins "die
unsichtbare Zerstörungsmaschine" in den sog. freien Marktwirtschaften.
Sowohl ein Krebsgeschwür als auch der Zins haben einen ähnlichen Effekt. Das
Krebsgeschwür wächst zunächst verhältnismäßig langsam, je länger es
allerdings existiert umso schneller"
http://www.jensmannheim.de/start.htm
"MM: Was schlagen Sie
als Alternative vor?
Prof. Berger: Sämtliche Religionen verbieten den Zins – sämtliche! Als
Ökonom sage ich, dass man ihn nicht verbieten kann. Es würde sofort ein
"schwarzer" Finanzmarkt entstehen. So sind die großen Finanzdynastien der
Fugger, Rothschilds und Wallensteins entstanden.
Muslim-Markt interviewt Prof. Dr. Dr. Wolfgang Berger, Volkswirtschaftler
10.12.2005"
http://www.muslim-markt.de/interview/2005/berger.htm
"Der "zinsbasierte
Kapitalismus" wäre längst am Ende, wenn… ja, wenn es nicht diese fabelhafte
Medizin gäbe! Eine Medizin gegen den Krebs gibt es noch nicht? Aber Chemo-
und Strahlentherapie wollen doch auch "Medizin" im Kampf gegen den Krebs
sein, oder? Und so heißt die "Medizin des Kapitalismus": Krieg! Womit wir
bei Israel und dem Libanon wären. Ungeachtet aller sonstigen Umstände und
Motive, die es "für" einen Krieg geben soll, können wir sicher sein: ein
paar Herren in einigen Konzernen reiben sich die Hände! Das wird ein "dickes
Geschäft"!
http://sein.de/index.php?option=com_content&task=view&id=1021&Itemid=203
Thomas Klünner ist 1.
Vorsitzender der Humanwirtschaftspartei
http://www.humanwirtschaftspartei.de/htm_p/vorstand.htm
Dokumentation einiger
ausgewählter kritischer Positionen:
"Der
kulturelle Antiamerikanismus lehnt Amerika für seine Oberflächlichkeit, für
Ökonomismus, Materialismus und kulturellen Verfall ab. Diese Kritik liegt
dem frühen, vor allem konservativ-kulturnationalistisch geprägten
Antiamerikanismus zugrunde. Zumal von diesem Antiamerikanismus, wie er in
besonderer Form im Kaiserreich und in der Weimarer Rechten gepflegt wurde,
lässt sich mit Dan Diner sagen, dass sich in dieser Angst vor
"Amerikanisierung" ein breites Unbehagen an gesellschaftlicher Modernität
artikuliert. Die USA verkörpern die Schattenseiten einer beargwöhnten
Moderne. In diesem antiamerikanischen Ressentiment findet sich durchgängig
"das Element einer ambivalenten, vornehmlich aber feindseligen, durch Angst
bestimmten Reaktion auf die Moderne". Und gerade hier verschmelzen
Antiamerikanismus und Antisemitismus in ihren Feindbildern (Geld, Zins,
Börse). Dazu gehört endlich auch das Unbehagen vor allem des deutschen
Bürgertums am "amerikanischen" Kapitalismus."
Christian Schwaabe (2006): Antiamerikanismus in der deutschen Linken, in:
Matthias Brosch Michael Elm · Norman Geißler · Brigitta Elisa Simbürger ·
Oliver von Wrochem (Hrsg.) (2006): Exklusive Solidarität. Linker
Antisemitsmus in Deutschland – Vom Idealismus zur
Antiglobalisierungsbewegung, Berlin (Metropol) (Publikation gefördert von
der Hans-Böckler-Stiftung)
"Auslöser war ein
Vortrag der Journalistin Yvonne Ridley, die auf der "Attac-Friedenstour" das
Vorgehen Israels gegen die Palästinenser mit dem Holocaust verglich. Hans
Günter Bell, Mitbegründer des Arbeitskreises, ist mit dem Diskussionsstand
unzufrieden: "Die, die am dringendsten zuhören sollten, sind nicht
gekommen." Er fürchtet insbesondere einen unkritischen Umgang mit der
Initiative für eine Neue Wirtschaftsordnung (INWO). Klaus Popp,
INWO-Mitglied und Anhänger der Freisozialen Union (FSU), dem die Antifa
vorwirft, ökofaschistische Ziele zu propagieren, wurde im Oktober von Attac
Düsseldorf eingeladen. Alwine Schreiber-Martens, Mitglied des
INWO-Bundesvorstandes, ist aktiv bei Attac-Köln."
http://www.taz.de/pt/2003/12/15/a0019.1/text
"Ein bisschen Gesell
Gleich neben dem
Hauptzelt steht eine besonders skurrile Gruppierung. Neben einer riesigen,
übermannshohen aufgeblasenen schwarzen Bombe, auf der das Wort "Zinsbombe"
prangt, stehen die Mitglieder der Initiative für eine natürliche
Wirtschaftsordnung Deutschlands (Inwo). Neben der Bombe hat die Inwo ein
Räderwerk auf einen Anhänger montiert, dessen Zahnräder mittels Strom bewegt
werden können. Das Ganze soll die Weltökonomie darstellen. "Wir wollen damit
die Fehler des Wirtschaftssystems aufzeigen, nachdem das Geldsystem mittels
der Zinsen erpressbar wird", erläutert Markus Fiedler die Analyse der
Vereinigung, die in der Tradition von Silvio Gesell steht.
Wer Silvio Gesell ist,
der schon mal als "Marx der Anarchisten" bezeichnet werde, wie Fiedler
erklärt, was er dachte und wie er wirkte, erfährt der Zuhörer zunächst
nicht. Dabei weiß Fiedler genau, was das Problem mit Gesell ist.
"Einzelpersonen werfen uns vor, dass wir mit der Zinskritik an die religiös
motivierte antijüdische Kritik des Mittelalters anknüpfen, die später von
den Nationalsozialisten aufgegriffen wurde", sagt er und behauptet, "dass
Marxisten dies nutzen, um uns zu diffamieren". Nicht nur dass Gesell, der
Nationalökonom und Vorsitzende des Deutschen Erneuerungsbundes, eine Vorlage
für ihre antisemitische Politik gab und sich "mit den Beratern Adolf Hitlers
traf, um sich auszutauschen", wie Fiedler zu berichten weiß. Auch die im
sozialdarwinistischen Jargon verfassten Texte Gesells, der eine natürliche
Auslese in der Medizin propagierte und seine letzten Lebensjahre in einer
Kommune, in der nur Arier zugelassen waren, verbrachte, erschüttern Fiedler
nicht in seinem treuen Glauben. "Die Kritiker sollten abstrahieren und
Gesell doch schließlich im Kontext seiner Zeit, dem Beginn des 20.
Jahrhunderts, lesen." Dass man auch "Mein Kampf" im Kontext seiner Zeit
lesen sollte, sagt er nicht.
http://www.jungle-world.com/seiten/2005/30/5970.php
(Jungle World, 27. Juli 2005) "
"Tauschringe und
Regionalgeld sind kein bißchen emanzipatorisch, im Gegenteil. Sie dienen als
praktisches und propagandistisches Vehikel für Schwundgeld-Utopien und
Zinsknechtschaft-Phantasien - ein strukturell antisemitischer Ansatz. Wenn
Gesell alle Übel der Welt auf Zins und böse Geldbesitzer projiziert und
ihnen die schaffende Gemeinschaft der Werktätigen und Unternehmer
gegenüberstellt, trennt er, wie heute die Globalisierungskritiker, was
untrennbar verflochten ist: Industrie- und Finanzkapital. Die Nazis brachten
den scheinbaren Gegensatz auf die Parole raffendes versus schaffendes
Kapital, wobei sie die Raffer in christlich-abendländischer Tradition als
Juden identifizierten.
Ganz in dieser
Tradition wurde in der NPD-Zeitung "Deutsche Stimme" im Frühjahr 2004 eine
revolutionäre Neuordnung des Geldwesens propagiert. "Macht die Völker frei -
brecht die Zins-Sklaverei" lautete die Parole. Durch Schwundgeld solle eine
"Gesundung des deutschen Volkes" erreicht und die Macht der
"Geldkapitalisten der Wall-Street" gebrochen werden. Die Chiffre bezeichnet
für Nazis, Islamisten und so manche Globalisierungskritiker die
Weltherrschaft der Juden.
Bis in die siebziger
Jahre haben Gesellianer und ihre Partei Freisoziale Union, heute
Humanwirtschaftspartei, bevorzugt mit faschistischen Gruppen paktiert,
später beteiligten sie sich an der Gründung der Grünen. Vertreter von
Tauschringen und Regionalgeld mischen heute bei Attac und in Sozialforen
mit. Auf den europäischen Sozialforen in Florenz und Paris stellten
Tauschringe ihre Projekte als neue Form lokaler, sozialer und nachhaltiger
Ökonomie vor. Zwei bundesweite Gesellianer-Organisationen, die Christen für
eine gerechte Wirtschaftsordnung (CGW) und die Initia- tive für eine
Natürliche Wirtschaftsordnung (INWO), sind Mitgliedsorganisationen von Attac
Deutschland."
Peter
Bierl, Völkisches Empfinden Das neue Wirtschaftspapier von Attac
transportiert Globalisierungskritik aus dem braunen Sumpf, in: Konkret, Heft
6/2005."
"›Freiwirte‹ lagen in
Düsseldorf
Düsseldorf. Die
freiwirtschaftliche "Intitiative für natürliche Wirtschaftsordnung (INWO)
und ein bislang unbekanntes Düsseldorfer "Bildungswerk für Demokratie,
soziale Politik und Öffentlichkeit" veranstalten am 30. und 31. Januar 1999
in Düsseldorf einen "Perspektiven-Kongreß" unter dem Motto "Geld
entmachten!" Im Mittelpunkt des Kongresses steht die an der Theorie des
diffusen Silvio Gesell orientierten freiwirtschafliche Kritik am Zins und an
der "Zinswirtschaft". Als Hauptreferenten sind dazu eingeladen: der Theologe
Eugen Drewermann, der zwar durch seine Kritik an der erzkonservativen
Führung der katholischen Kirche bekannt geworden ist, aber keine Probleme
hat, dem von dem ehemaligen NPD-Bundestagskandidaten Bernhard-Christian
Wintzek herausgegebenen konservativen Hochglanzmagazin "Mut" für ein
Interview zur Verfügung stehen, der Aachener "Grüne" Helmut Creutz, dessen
Artikel sowohl in der Zeitschrift "Der Dritte Weg" der "Freisozialen Union"
(FSU) als auch in der "Deutschen Arbeitnehmer-Zeitung" des "Deutschen
Arbeitnehmer-Verbandes" (DAV), in dem eine Reihe NPD-Aktivisten führend
aktiv waren bzw. sind, abgedruckt werden und die Proffessorin Margrit
Kennedy von der Uni Hannover. An einer Abschlußdiskussion zum Thema
"Marktwirtschaft im 21. Jahrhundert" sollen u.a. eine Vertreterin des
"Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes" (DPWV) in Düsseldorf, ein
Vertreter der lokalen Koordination der "3.Welt"-Gruppen und Hans Stüttgen
vom "Omnisbus für direkte Demokratie" teilnehmen. Die
"nationalrevolutionäre" Zeitschrift "Wir Selbst" veröffentlichte 1984 einen
Beitrag des dem Umfeld des verstorbenen Künstlers Josef Beuys, einem
ehemaligen NS-Jagdflieger, angehörenden Stüttgen, in dem dieser sich gegen
den Ausschluß des "Nationalrevolutionärs" Pierre Krebs
[das ist eine Verwechslung: es ging bei den
Grünen um einen Armin Krebs, nicht um den bekannteren Pierre Krebs, d.V.],
dem heutigen Leiter des neofaschistischen "Thule-Seminars", aus der Partei
"Die Grünen" wandte. Als Moderator der Konferenz fungiert der Sozialpädagoge
Klaus Popp, wie Creutz Autor im FSU-Organ "Der Dritte Weg" und zudem
Kontaktadresse für den lokalen freiwirtschaftlichen "Arbeitskreis Wirtschaft
und Währung".
In: antifaschistische Nachrichten, 1998, Nr. 23 "
"Der Mythos
Finanzkapital ist zu einem gemeinsamen Nenner der Globalisierungsgegner
geworden, der mühelos den evangelischen Kirchentag mit antizionistischen
Antiimps eint. Auf der Kirchentagsaktion gegen die "Macht des Geldes"
führten geldscheinverbrennende Diakonissen den Geldfetisch in seiner
ursprünglichen, christlich-religiösen und historisch antisemitisch
konnotierten Form vor. Passend dazu führt die Hälfte der Links auf der
dazugehörigen Internet-Seite des Kirchentags direkt zur gegen den
"Zinswucher" eifernden Initiative für natürliche Wirtschaftsordnung (INWO).
Diese Anhänger der "Freiwirtschaftslehre" des Sylvio Gesell sind ihrerseits
mit NGOs wie Erlaßjahr-Kampagne oder ATTAC-D verlinkt. Angesichts solcher
Vernetzungseffekte wundert es nicht, wenn wie kürzlich in Berlin auf einer
Veranstaltung der Gruppe FelS über "die 'Antiglobalisierungsbewegung' und
die Diskussion über 'internationale Finanzmärkte'" auch Islamisten als
Mitdiskutanten auftauchen. Sie verteilten Flugblätter, in denen sie "dem
Wucher, sprich Kapitalismus, den Krieg" erklären und verkünden:
"Antikapitalisten aller Länder, werdet Muslime!"
Udo Wolter (2001): Gezähmte Dompteure. Wider den verkürzten Antikapitalismus
der Globalisierungsgegner; der Artikel erschien zuerst im
iz3w - Sonderheft (September 2001): "Gegenverkehr - Soziale Bewegungen
im globalen Kapitalismus".
Anmerkungen:
Andy Markovits (2004):
Amerika, dich haßt sich’s besser. Antiamerikanismus und Antisemitismus in
Europa, Hamburg (Konkret Texte).
Hauke Brunkhorst (1987): Der
Intellektuelle im Land der Mandarine, Frankfurt a. M. (Suhrkamp), S. 10.
Gewerkschaft Erziehung und
Wissenschaft – Hochschulgruppe München (Hg.) (2006): Zwei kritische Thesen
zu Komplementärwährungen. Entprofessionalisierung sozialer Dienstleistungen
und struktureller Antisemitismus als Leitmotive der Weltanschauung Margrit
Kennedys, zitiert nach
http://www.stuve-ksfh.de/brief//Zwei%20kritische%20Thesen%20zu%20Margrit%20Kennedy.pdf
; Peter Bierl (2005): Wurzelrassen, Erzengel und Volksgeister. Die
Anthroposophie Rudolf Steiners und die Waldorfpädagogik, Hamburg (Konkret
Literatur Verlag); Joß Fritz (2004): Abgesang auf ein politisches Chamäleon
Eine Betrachtung der Freiwirtschaftbewegung aus antifaschistischer Sicht
Teil 1: Von den Anfängen bis 1945, zitiert nach
http://projekte.free.de/lotta/pdf/15/gesell.pdf ; Michael Pittwald
(2002): Ernst Niekisch: Völkischer Sozialismus, nationale Revolution,
deutsches Endimperium, Köln (PapyRossa); Jutta Ditfurth (2002): Entspannt
in die Barbarei. Esoterik, (Öko-)Faschismus und Biozentrismus, Hamburg
(Konkret Literatur Verlag); Peter Bierl (2001): "Schaffendes" und
"raffendes" Kapital – Die Tauschringe, die Lehre des Silvio Gesell und der
Antisemitismus, zitiert nach
http://www.anarchismus.at/txt4/bierl3.htm ; Volkmar Woelk (1992):
Natur und Mythos. Ökologiekonzeptionen der "Neuen" Rechten im Spannungsfeld
zwischen Blut und Boden und New Age, Duisburg (DISS-Texte Nr. 21).
"Gesell wollte auf den
wirtschaftlichen Wettbewerb ebensowenig verzichten wie Damaschke; Wettbewerb
sollte nicht für Grund und Boden gelten und der ›unverdiente‹ Mehrwert dort
unmöglich gemacht werden. In diesem Punkt griff Gesell natürlich auf den in
Europa seit Jahrhunderten bestehenden Widerstand gegen den Wucher zurück,
der sich schon in katholischen Enzykliken widergespiegelt hatte und Ursache
vieler antisemitischer Unruhen gewesen war. Aber auch er fand seine
Nachfolger. Die ›Brechung der Zinsknechtschaft‹ war somit durchaus kein zum
ersten Mal von den Nationalsozialisten erhobener Programmpunkt, denn sie war
schon lange Teil der völkischen Forderung nach einer Nationalwirtschaft
gewesen, die jenseits von Kapitalismus wie auch Marxismus lag" (George L.
Mosse (1964)/1979: Ein Volk Ein Reich Ein Führer. Die völkischen Ursprünge
des Nationalsozialismus, Königstein/Ts. (Athenäum), S. 122). Vgl. auch
Gerhard Scheit (1999): Verborgener Staat, lebendiges Geld. Zur Dramaturgie
des Antisemitismus, Freiburg (ça ira).
Yoshito Otani (1978):
Untergang eines Mythos, Neu-Ulm (Arrow-Verlag), S. 135–141. Zudem bezieht
sich Otani auf den neu-rechten Vordenker Henning Eichberg, vgl. ebd.: 141 f.
Vgl. dazu Clemens Heni
(2006): Ahasver, Moloch und Mammon. Der "ewige Jude" und die deutsche
Spezifik in antisemitischen Bildern seit dem 19. Jahrhundert, in: Andrea
Hoffmann u.a. (Hg.) (2006): Die kulturelle Seite des Antisemitismus zwischen
Aufklärung und Shoah, Tübingen (Tübinger Vereinigung für Volkskunde;
Tübinger Kulturwissenschaftliche Gespräche, 3 – Studien & Materialen Band
30), S. 51–79.
[7] "Ist klein
auch heute noch die Schar der Krieger: Es wächst des Volkes Zorn - es steigt
die Glut Und eines Tag's sind wir die Sieger Dann - Mammonspfaffen - seid
auf eurer Hut!", zitiert nach
http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/fiction/blumenthal/.
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