antisemitismus.net / klick-nach-rechts.de / nahost-politik.de / zionismus.info

haGalil onLine - http://www.hagalil.com
     

  

Spenden Sie mit PayPal - schnell, kostenlos und sicher!

hagalil.com

Search haGalil

Veranstaltungskalender

Newsletter abonnieren
e-Postkarten
Bücher / Morascha
Musik

Koscher leben...
Tourismus

Aktiv gegen Nazi-Propaganda!
Jüdische Weisheit
 

 

Landtagswahlen (I):
"Endstation Rechts"

Vier Tage auf Vortragstour durch Mecklenburg-Vorpommern – Eindrücke aus dem Wahlkampf

Von Jörg Fischer

Allen Warnungen zum Trotz - braunen Antidemokraten steht am 17.9. offenbar ein demokratischer Wahlerfolg bevor. Jahrelange Aufbauarbeit, die Konzentration großer Geldmengen in den Wahlkampf und eine zu befürchtende niedrige Wahlbeteiligung kommen der NPD hierbei zur Hilfe. Bereits seit einigen Monaten läuft eine überparteiliche, von den Jusos initiierte Gegenaktion, die Kampagne "Endstation Rechts". Eindrücke von einer Vortragsreise.

Die Wahlen zum Schweriner Landtag am 17. September werfen ihre Schatten voraus – und das Augenmerk der ganzen Republik richtet sich auf das Abschneiden der neonazistischen NPD. Nach dem Einzug in den sächsischen Landtag vor zwei Jahren, könnte der braunen Truppe nun der Einzug in ein zweites Landesparlament gelingen. Meinungsumfragen sehen sie eine Woche vor dem Urnengang bei 6 bis 7 Prozent – jahrelange Aufbauarbeit, die Konzentration großer Geldmengen in den Wahlkampf und eine zu befürchtende niedrige Wahlbeteiligung kommen ihr hierbei zur Hilfe. Bereits seit einigen Monaten läuft die überparteiliche, von den Jusos initiierte Kampagne "Endstation Rechts", die vor allem Jugendliche anspricht. Im Rahmen dieser Kampagne fand auch vom 4. bis 7. September eine von der Landeszentrale für politische Bildung mitunterstützte Vortragstour durch mehrere Städte und Gemeinden des Bundeslandes durch, bei denen ich bei öffentlichen Abendveranstaltungen und in Schulklassen vor allem in Diskussionen mit den Menschen in diesem Bundesland kam.

Neben der Frage, wie viele Besucher zu den öffentlichen Abendveranstaltungen in Pachim, Rostock, Greifswald und Röbel kommen würden, fragten wir uns natürlich auch, wie die an sich besonders aggressive rechtsextreme Szene auf diese Veranstaltungen reagieren würde. Bekanntlich wird der Landesverband der NPD besonders massiv von Angehörigen der gewaltbereiten "Freien Kameradschaften" dominiert. Offenkundig fährt die neonazistische Szene in den Wahlkämpfen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin hierbei eine zweigleisige Taktik. Gerade in den ländlichen Gegenden in Mecklenburg-Vorpommern ist in den letzten Tagen aufgefallen, das etwa die Wahlplakate aller demokratischen Parteien entwendet wurden, während die der NPD unberührt stehen- bzw. hängengelassen wurden und das auch Informationsstände demokratischer Parteien auch schon mal von Angehörigen der rechten Szene regelrecht umzingelt und Landtagsabgeordnete und –kandidaten beschimpft und bedroht wurden.


"Wir oder Zuwanderung?"
Demagogischer gehts nicht;
NPD-Wahlplakat.

Die andere Taktik, die bei der Vortragsreise Anwendung fand, sieht anders aus. Hier beschränkt man sich eher auf das "stille beobachten" oder auf den Versuch, in der Diskussion die Veranstaltung entweder zu "zerreden" oder zu einem Podium für die eigene Propaganda umzufunktionieren. Doch nicht überall trauen sich die Neonazis hin, vor allem wenn sie fürchten, dass ihnen widersprochen wird. So waren bei meiner Lesereise Angehörige der rechten Szene lediglich bei der ersten Veranstaltung in Pachim anwesend. Unter den gut 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmern im örtlichen Jugendzentrum waren vier Personen in szenetypischen "Thor-Steiner"-Klamotten, die sich auf das Zuhören beschränkten. An einer Teilnahme an der Diskussion verzichteten sie lieber, weswegen auch nicht letztendlich festzustellen war, ob es sich hierbei um fest organisierte und ideologisch gefestigte Kader oder eher um Mitläufer handelte. Bei den anderen Veranstaltungen waren erst gar keine sichtbaren Rechten anwesend.

Desinteressierte Bürgerschaft

Zwar war bei allen Abendveranstaltungen der Besuch den Erwartungen der Veranstalter entsprechend, gleichwohl bestand das Publikum jeweils hauptsächlich aus Besuchern, die bereits für das Thema sensibilisiert waren und sich der Gefahr bewußt waren, die durch einen NPD-Erfolg am kommenden Sonntag entstehen werden. Damit wurde an diesen Abenden erneut ein Umstand bestätigt, der gerade der NPD nützlich ist: Viele Menschen des nordöstlichen Bundeslandes begegnen den bevorstehenden Landtagswahlen mit großem Desinteresse. Dies bestätigte sich für mich auch bei Gespräche etwa mit einem Taxifahrer in Greifswald während der Fahrt zum Bahnhof. Über die Landtagswahl habe er sich noch keine Gedanken gemacht, die Wahlplakate nehme er kaum zur Kenntnis – und zur Wahl wird er "bestimmt nicht gehen". So wie er denken viele in Mecklenburg-Vorpommern – die Wahlbeteiligung droht, so die Demoskopen, auf unter 50 Prozent zu fallen.

Während es den demokratischen Parteien schwer fällt, die Menschen zur Wahlteilnahme zu mobilisieren, gelingt es der NPD bezüglich ihres Klientels deutlich leichter. Dabei zahlt sich eine längerfristig und in Sachsen bereits erfolgreich erprobte Strategie aus: Seit Jahren bearbeitet die NPD besonders jüngere Menschen. Nach dem Motto "Desto jünger, um so besser" wurden selbst 13- und 14jährige agitiert und indoktriniert – denn die NPD weiß: Aus 13- und 14jährigen werden 18jährige, die dann Wahlberechtigt sind.


NPD-Kampagne "Wählt mit 18" -
demagogisches Schimpfen auf
die "maulaffen der Etablierten".

In einer Schule auf der Insel Usedom berichten Jugendliche, daß die NPD nicht erst jetzt kurz vor der Wahl mit ihrer "Schulhof-CD" auf Fang geht, sondern schon seit längerer Zeit immer wieder kontinuierlich Jugendliche anspricht. Ein Schüler berichtete, daß er sich aus berechtigter Angst vor Angriffen gar nicht mehr traut, manche Gegenden zu besuchen. Der Grund: Er hat bunte Haare. Eine andere Schülerin sprach mich nach der Veranstaltung an, weil sie sich nicht vor den anwesenden Schülern der anderen Klassen als Nazigegnerin outen wollte und berichtete von Drohungen und Einschüchterungsversuchen von Rechtsextremisten in- und außerhalb der Schule.

Die Strategie der Nazis geht auch deshalb auf, weil sie zu oft davon profitieren, daß diese ignoriert wird und erst reagiert wird, wenn "das Kind in den Brunnen gefallen" ist. Auch in Thüringen arbeitet gerade die NPD nach dem Muster von Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern und wendet sehr viel Energie in der "Jugendarbeit" auf. Denn auch hier wissen die NPD-Kader: Die 15- bis 16jährigen von 2006 sind 2009 18 Jahre und dann, wenn im Freistaat Thüringen die Landtagswahlen sind, wahlberechtigt.

Die vier Tage in Mecklenburg-Vorpommern waren für mich wieder ein weiterer Beweis, wie wichtig gerade die längerfristige Arbeit gegen Rechts ist, wie wichtig es ist, gerade die Initiativen Ort nachhaltig zu unterstützen – jetzt, nicht erst später, wenn die Saat der Hasspropaganda der Nazis aufgegangen ist und die NPD weitere Wahlerfolge verbucht.

© www.mut-gegen-rechte-gewalt.de - 11.9.2006

Angebote zur politischen Bildung:
Seminare und Workshops zum Extremismus
Argumentationstraining gegen rechtsextreme Propaganda, Weiterbildung auch für Pädagogen, Sozial- und Jugendarbeiter konzipiert...

hagalil.com 13-09-2006

Werben in haGalil?
Ihre Anzeige hier!

Advertize in haGalil?
Your Ad here!

 

haGalil.com ist kostenlos! Trotzdem: haGalil kostet Geld!

Die bei haGalil onLine und den angeschlossenen Domains veröffentlichten Texte spiegeln Meinungen und Kenntnisstand der jeweiligen Autoren.
Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber bzw. der Gesamtredaktion wieder.
haGalil onLine

[Impressum]
Kontakt: hagalil@hagalil.com
haGalil - Postfach 900504 - D-81505 München

1995-2006 © haGalil onLine® bzw. den angeg. Rechteinhabern
Munich - Tel Aviv - All Rights Reserved