Umfrage:
Israelis wollen deutsche Soldaten an ihrer Grenze
Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem
Eine überwältigende Mehrheit aller Israelis spricht sich für eine
Beteiligung deutscher Soldaten im Rahmen der geplanten internationalen
Stabilisierungstruppe im Libanon aus. Das ergab eine vom Handelsblatt in
Auftrag gegebene Umfrage. Das Original der Studie liegt diesem
Korrespondenten vor.
72 Prozent der Israelis befürwortet deutsche Soldaten bei einem Einsatz im
Libanon, was nach den Worten von Premierminister Ehud Olmert ein Beitrag zur
Verteidigung Israels sei. Unter den Befürwortern einer internationalen
Truppe ist die Zustimmung sogar noch höher und liegt bei 84 Prozent.
Manche Israelis sind gegen den Einsatz einer internationalen Truppe, nachdem
Israel sehr schlechte Erfahrungen zum Beispiel mit der UNIFIL
UNO-Friedenstruppe im Südlibanon gemacht hat. Der UNIFIL wurde vorgeworfen,
teilweise sogar mit der Hisbollah kooperiert zu haben und der Miliz als
Schutzschild während Angriffen auf Israel gedient zu haben. Eine
internationale Truppe, so die Meinung mancher Israelis könnte im schlimmsten
Fall Israel daran hindern, sich selber zu verteidigen.
Unter diesen Gegnern einer Internationalen Libanontruppe unterstützt
lediglich die Hälfte der Befragten eine deutsche Beteiligung. Auch bei
frommen Israelis fällt die Zustimmung weniger eindeutig aus. "Es gibt eine
negative Korrelation zwischen religiöser Einstellung und der Zustimmung zum
Einsatz deutscher Soldaten", sagte Mina Zemach, die im Auftrag des
Handelsblatts die Umfrage durchgeführt hat. Zemach leitet das Tel Aviver
Meinungsforschungsinstitut Dahaf, das für die wichtigsten israelischen
Medien regelmäßig Umfragen durchführt.
In Interviews mit deutschen Medien hatte Premier Ehud Olmert in der
vergangenen Woche den Einsatz deutscher Soldaten im Südlibanon begeistert
befürwortet. Er habe Kanzlerin Angela Merkel mitgeteilt, dass Israel absolut
kein Problem mit deutschen Soldaten im Südlibanon habe, so Olmert zur
"Süddeutschen Zeitung". Er bezeichnete Merkel als "hilfreiche Freundin
Israels". Dieses Urteil wird von einer Mehrheit der Bevölkerung geteilt. 65
Prozent der Befragten sind laut Handelsblatt-Umfrage der Meinung, dass die
Politik Deutschlands im Nahostkonflikt "israelfreundlich" oder zumindest
"neutral" sei. Lediglich 17 Prozent halten die deutsche Außenpolitik für
"unfreundlich" und 18 Prozent haben keine Meinung dazu.
Standen Israelis internationalen Friedenstruppen bisher eher skeptisch
gegenüber, akzeptieren jetzt laut Umfrage 70 Prozent der Bürger die
Stationierung einer internationalen Truppe im Südlibanon. Sie soll
garantieren, dass die Hisbollah vom Südlibanon Israel nicht mehr angreifen
kann.
Bei Holocaustüberlebenden ist der Einsatz deutscher Truppen allerdings
umstritten. Der ehemalige Justizminister Tommy Lapid, der den Zweiten
Weltkrieg im Ghetto von Budapest überlebte und 1948 nach Israel flüchtete,
hält den Einsatz deutscher Truppe im Südlibanon für "keine kluge Idee". Es
gebe in Israel immer noch Menschen, bei denen die Stationierung deutscher
Truppen negative Emotionen auslöse. Diese Gefühle seien zu respektieren, so
Lapid.
Anders sieht das Noah Flug, er Präsident des internationalen
Auschwitzkomitees und Vorsitzender der Vereinigung der Holocaustüberlebenden
in Israel. Er hat gegen deutsche Soldaten im Südlibanon nichts einzuwenden.
Die junge Generation in Deutschland denke heute ganz anders als ihre Väter,
so Flug: "Man darf die Vergangenheit nicht vergessen, aber man muß auch
sehen, wie sich das Bild verändert hat." |