IKRK bestätigt:
28 Tote in Kana geborgen, und nicht über 50
Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem
Zu viele Unstimmigkeiten um das "Massaker von Kana" vom Sonntag werfen
weiterhin Fragen auf. Einige EU-Außenminister fordern wegen dieser Tragödie,
bei der zwischen 55 und 67 Menschen ums Leben gekommen sein sollen, einen
sofortigen Waffenstillstand. Israel musste amerikanischem Druck nachgeben
und einer 48-stündigen Feuerpause zustimmen, die allerdings nie vollständig
eingehalten wurde. Das kurze Ruhefenster sollte Zivilisten im Südlibanon die
sichere Flucht erleichtern und Israel Zeit geben, den Vorfall zu
untersuchen.
Schon am Sonntag gab es einen erheblichen Widerspruch zwischen der Zahl der
Toten, wie sie das IKRK (internationale Rote Kreuz) in einer Pressemeldung
verbreitete und was die arabischen Medien veröffentlichten. Das IKRK redete
von 28 Toten, darunter 19 Kindern. Das war der offizielle Stand am Sonntag
um 19:40 Uhr.
Eine Nachfrage bei der Pressestelle des IKRK in Genf ergab, dass auch drei
Tage nach dem Unglück, diese Zahl unverändert bei 28 geborgenen Leichen
stehe. Die Sprecherin sagte, sich kurz zuvor bei ihren Kollegen in Beirut
erkundigt zu haben. Allerdings fügte sie hinzu, dass möglicherweise noch
Leichen unter den Trümmern lägen. Es sei nicht möglich gewesen, während der
Feuerpause schweres Gerät nach Kana zu bringen.
Der israelische Luftwaffenchef hatte nach einer ersten Untersuchung am
Sonntag Abend bestätigt, dass das fragliche Haus in Kana gegen 0:00 Uhr am
Sonntag früh angegriffen worden sei. Für ihn sei jedoch unbegreiflich, wieso
die libanesischen Flüchtlinge im Keller dieses Hauses nach libanesischen
Angaben erst am Morgen gegen 7:30 Uhr durch eine Explosion getötet worden
seien. Der Luftwaffenchef behauptete, dass die israelischen Kampfflugzeuge
zu dem Zeitpunkt dieses Haus nicht attackiert hätten.
Auf christlich-libanesischen Internetseiten wird schon behauptet, dass
Hisbollah den Tod dieser Menschen "inszeniert" habe. Auffällig viele
behinderte Kinder hätten in dem Keller ausgeharrt. Die Miliz der Partei
Gottes (Hisbollah) habe einen machiavellischen Plan umgesetzt. Sie habe auf
dem Dach des Hauses einen Raketenwerfer aufgestellt, um ein israelisches
Bombardement zu provozieren. So seien die im Keller festgehaltene
behinderten Kinder massakriert worden, heißt es auf der Homepage von
"Libanosopie". Eine andere Möglichkeit schilderte Dr. Mounir Herzallah aus
Berlin-Wedding in einem Leserbrief bei Tagesspiegel-Online: "Ich wohnte bis
2002 in einem kleinen Dorf im Süden nahe Mardschajun, das mehrheitlich von
Schiiten wie mir bewohnt ist. Nach Israels Verlassen des Libanon dauerte es
nicht lange, bis die Hisbollah bei uns und in allen anderen Ortschaften das
Sagen hatte. Als erfolgreiche Widerstandskämpfer begrüßt, erschienen sie
waffenstarrend und legten auch bei uns Raketenlager in Bunkern an. Die
Sozialarbeit der Partei Gottes bestand darin, auf diesen Bunkern eine Schule
und ein Wohnhaus zu bauen! Ein lokaler Scheich erklärte mir lachend, dass
die Juden in jedem Fall verlieren, entweder weil die Raketen auf sie
geschossen werden oder weil sie, wenn sie die Lager angriffen, von der
Weltöffentlichkeit verurteilt werden ob der dann zivilen Toten. Die
libanesische Bevölkerung interessiert diese Leute überhaupt nicht, sie
benutzen sie als Schilder und wenn tot als Propaganda. Solange sie dort
existieren, wird es keine Ruhe und Frieden geben."
Der Tod so vieler unschuldiger Kinder bei einem möglichen israelischen
Luftangriff und die schrecklichen Bilder von der Bergung der Leichen haben
in der Welt einen tiefen Schock hinterlassen. Da es bei diesem Ereignis
ohnehin viele Unstimmigkeiten gibt, fragt sich, wieso die arabischen Medien
nicht einmal die Zahl der Toten, wie sie den Rettungsorganisation im Libanon
und dem IKRK in Genf vorliegen, korrekt wiedergeben. Auch europäische
Außenminister erwähnen lediglich die in den Medien genannten hohen
Opferzahlen, obgleich ihre Botschaften in Beirut und in Genf gewiss die
offiziellen Zahlen kennen. |