Nasralla droht mit Vernichtung - und wir zittern?
Zurück zu den ProportionenIn Jedioth
achronoth sieht Sever Plotzker die übertriebene Glaubwürdigkeit Nasrallahs
in Israel als ein Resultat aus der mangelnden Glaubwürdigkeit eines Teils
unserer Politiker und ihrer Sprecher.
Ich schreibe diese Zeilen im Namen der Proportionen. Sie sind wohl
etwas vernachlässigt worden, zugunsten ihrer Stiefschwester, die auch mit
"P" anfängt: Panik.
Wir ziehen die Panik derzeit den Proportionen vor. Wir lassen uns von ihr
verführen und werden richtig süchtig nach ihr, vor allem, wenn sie wie der
Schrei der Sirenen aus dem Munde Nasrallahs ertönt. Nasrallah droht - wen
packt da nicht die Angst?
Es hat sich bei uns ein Nasrallah-Kult entwickelt. Man verehrt ihn, als
sei er das Modell der Glaubwürdigkeit, ein Terrorist, der zu seinen
Drohungen steht. Nasrallah sagt, es werde etwas Schlimmes geschehen, also
wird es auch geschehen. Die übertriebene Glaubwürdigkeit Nasrallahs in
Israel resultiert aus der mangelnden Glaubwürdigkeit eines Teils unserer
Politiker und ihrer Sprecher.
Nach einer sehr langen Vorbereitungszeit, jahrelanger Aufrüstung und dem
Bau einer Streitkraft ist es der Hisbollah gelungen, uns mit drei Dingen zu
überraschen: der Entführung von zwei Soldaten, einer Rakete auf ein Schiff
der Marine und Raketen auf Haifa. Alle anderen Aktionen waren zu erwarten.
Die Raketeneinschläge forderten 12 Tote, einige Dutzend Verletzte und fünf
Millionen Erwachsene, die in Panik geraten sind.
Dieses Verhältnis zwischen physisch und psychisch Betroffenen erfreut
Nasrallah sicherlich sehr. Es gelingt ihm, Israel in Panik zu versetzen. Es
ermöglicht ihm, frech zu lügen und so zu wirken, als spreche er die
Wahrheit.
Es ist an der Zeit, sich von dem Würgegriff der Panik zu lösen und zu den
Proportionen zurückzukehren. Wer ist der Feind, der Israel bei dem jetzigen
Konflikt gegenübersteht? Eine Terrororganisation ohne Hinterland, mit
einigen Tausend Kämpfern, darunter nur einige Hundert, die wissen, was sie
tun. Keine Armee, keine halbe Armee, kein viertel Armee. Und auch wenn die
Hisbollah diese Runde irgendwie überleben sollte, wird es Jahre dauern, bis
sie sich erholt.
Und was wird sein, wenn Hisbollah eine Rakete nach Tel Aviv abschießt?
Auch das werden wir überstehen. Die Kräftebilanz zwischen Israel und seiner
Umgebung wird sich dadurch nicht verändern. Wir werden auch weiterhin die
stärkste militärische Kraft in der Region bleiben. Nasrallah kann Israel
nicht von der Landkarte streichen, nicht einmal die kleinste israelische
Ansiedlung. Seine Möglichkeiten, uns zu schaden, sind sehr viel geringer als
die der palästinensischen Selbstmörder.
Nasrallah ist nicht mehr als ein kleiner, fanatischer Mann, der manchmal
lügt, manchmal prahlt. Eine Maus, die brüllt. Wir haben ihn außerhalb aller
Proportionen gesetzt, und die Proportionen fordern uns nun auf, zu ihnen
zurückzukehren.
Ähnlich äußert sich auch Prof. Eyal Sisser: "Die Hisbollah hat immer noch
die Möglichkeiten, Israel anzugreifen und uns zu schaden, und gerade wegen
der Notlage, in der Nasralla sich befindet, ist er besonders gefährlich und
ungezügelt. Er weiß, dass seine Zeit begrenzt ist. Seine Organisation ist
zwar gut ausgebildet und professionell, jedoch klein und deshalb kurzatmig.
Israel schränkt ihre Manövrierfähigkeit immer mehr ein. Nasrallah setzt
seine Hoffnungen darauf, dass die israelische Öffentlichkeit zusammenbricht.
Zeit ist also einer der entscheidenden Faktoren. Die Zeit Nasrallahs läuft
aus. Die Frage lautet nur, ob die israelische Öffentlichkeit so lange
durchhält."
In M'ariw warnt Amir Rappaport: "Je schlechter die Lage der Hisbollah
wird, desto größer werden die Chancen, dass ihr Führer die Raketen mit
längerer Weitreiche einsetzen wird. Trotz der Zerstörung im Libanon und des
Schadens, den die Hisbollah erlitten hat, ist die Organisation noch immer
einsatzfähig. Ihr Führer Nasrallah ist noch am Leben. Die Hisbollah hat noch
Tausende Raketen aller Art, auch solche, die Tel Aviv erreichen können, die
sie noch nicht eingesetzt hat. Es werden weiterhin Raketen auf Israel
fallen, allerdings mit jedem Tag weniger." |