Ein Leitartikel in Jedioth achronoth empfielt es die Verantwortung für
die Schrecken von Kana zu übernehmen.
Leichen Dutzender libanesischer Kinder, in abgedichtete Plastiksäcke
verpackt, liegen auf der Blut und Feuer getränkten Erde von Kafar Kana, ein
verfluchtes Dorf.
Der Anblick der Leichen würgt das Herz. Natürlich stimmt es, dass die
Hizbollah Kafar Kana als Stützpunkt zum Abschuss von Raketen gen Israel
benützt hat, unter anderem, da sie wussten, dass Israel Skrupel hat, dieses
Dorf zu bombardieren, das (schon vor 10 Jahren) zum Symbol für das Massaker
an Wehrlosen geworden ist. Doch diese Bereitschaft allein sollte kein
israelisches Gewissen beruhigen.
Aus nationaler Sicht sind wir alle Schuld: Kleine Völker sind Völker mit
Kollektivschuld. Können wir das erklären? Es besteht kein Anlass zu
Erklärungen, es besteht Grund, Verantwortung zu übernehmen, zu trösten und
um Verzeihung und Vergebung zu bitten.
Seien wir ganz einfach Menschen, komplett menschlich: Weinen wir. Unsere
standhafte Haltung wird dadurch nicht gemindert. Unsere Feinde werden uns
deswegen nicht für feige halten. Die Familien der Toten werden uns dafür als
Menschen sehen, uns vielleicht auch vergeben. Sie werden nicht vergeben,
wenn wir nicht um Verzeihung bitten. Niemand in Israel wollte die
Flüchtlinge von Kafar Kana töten. Nicht vorsätzlich, und nicht nebenbei.
Doch trotz allem dürfen wir uns nicht in Scheinheiligkeit vergraben.
Indem man die Verantwortung für die tragische Bombardierung von Kafar
Kana übernimmt, streicht man nicht automatisch die Begründung für den ganzen
Krieg. Es ist ein rechtmäßiger und gerechtfertigter Krieg und auch die
Bombardierungen sind rechtmäßig und gerechtfertigt. In einem Krieg dieser
Art, wie in Israel zur Zeit im Libanon führt, kann man sowohl im Recht sein,
als auch verantwortlich für den Tod Unschuldiger. In so einem Krieg kann man
sowohl recht haben, als auch schuldig sein. Die Alliierten haben einen
gerechtfertigten Krieg gegen Hitler und die Deutschen, und die Japaner,
geführt, in dessen Lauf sie schreckliche Dinge getan haben. Die zivilen
Opfer sind ein fast unausweichliches Ergebnis des Krieges innerhalb einer
Zivilbevölkerung.
Auch die Bombardierung des Krankenhauses in Nahariya und des
Einkaufszentrums in Kiryat Shmona können als "Verbrechen gegen die
Menschheit" gewertet werden. Als Hassan Nasrallah ihn vor 20 Tagen
eröffnete, hätte er wissen müssen, dass es keinen Luxus-Krieg gibt. Nicht
für uns, und nicht für die Söhne des libanesischen Volkes. Es ist schier
unmöglich, dass Nasrallah jetzt dem leidenden libanesischen Volk einfach
seine Taten erklären kann. Was hat er außer vielen Opfern erreicht?
Nasrallah wird den Titel des Zerstörers des Libanon erhalten, der die
Libanesen in den Ruin geführt hat. Unsere Rechnung mit ihm wird beglichen
werden. Und nicht auf dem Rücken der Leichen unschuldiger Kinder.
Israel senkt sein Haupt vor den frischen Gräbern der bei der
Bombardierung von Kafar Kana getöteten Zivilisten. Hier liegen ihre Leichen,
und Israel weint, gemeinsam mit ihren Angehörigen. Aber Israel wird die
Kampfhandlungen nicht einstellen, bevor nicht der Grund für diesen Ausbruch
von der Wurzel her ausgemerzt wird. Und das wird erst der Fall sein, wenn
die Hizbollah von den Raketen entwaffnet wird und westliche und libanesische
Streitkräfte im Südlibanon aufgestellt sind, nach der Vorgabe der
UN-Resolution 1559.
So wird praktisch Frieden mit dem Libanon entstehen. Es ist an der Zeit,
nach 58 Jahren.