Raketenbeschuss von Ashkelon:
Aufforderung zum Krieg
Analyse von Ze’ev Schiff, Ha’aretz, 05.07.2006
Übersetzung Daniela Marcus
Der Beschuss des Stadtzentrums von Ashkelon am Dienstag
durch eine Rakete aus dem Gazastreifen ist eine unmissverständliche
Aufforderung der Hamas zum Krieg. Anscheinend sind die Palästinenser, die
die Rakete abfeuerten, Mitglieder des militärischen Flügels der Hamas. Doch
es ist sehr gut möglich, dass ein iranischer oder syrischer Faktor, der
daran interessiert ist, den militärischen Konflikt mit Israel zu verstärken,
zu diesem Schritt angespornt hat.
Es handelt sich bei diesem Beschuss um den weitesten Raketenangriff, der
bisher von palästinensischem Gebiet aus stattgefunden hat. Jedoch haben
schon zuvor Raketen die Außenbezirke Ashkelons getroffen. Im Allgemeinen
zielten diese Raketen auf das Kraftwerk in der Gegend. Doch Israel stellte
den Strom für Gaza trotzdem nicht ab.
Es ist gut möglich, dass die Rakete, die Ashkelon gestern traf, eine
russische Grad-Rakete ist, denn diese hat eine längere Reichweite als die
Kassam-Rakete. Dies zeigt, dass Raketen von Ägypten aus in den Gazastreifen
geschmuggelt werden, wahrscheinlich über Grenzübergänge in der Nähe der
Philadelphi-Linie. Die Rakete am Dienstag traf den Parkplatz einer zu diesem
Zeitpunkt leeren Schule. Doch sie hätte auch überall sonst und zu jeder
anderen Zeit in Ashkelon niedergehen können.
Durch das Abfeuern einer Rakete umgingen die Palästinenser die Panzerkolonne
der israelischen Armee, die in den nördlichen Gazastreifen eingerückt ist.
Der palästinensische Schritt ist ein Versuch, auf Grund der Aktivitäten der
israelischen Armee auf palästinensischem Gebiet ein neues Gleichgewicht zu
schaffen. Wenn Israel ein Elektrizitätswerk in Gaza trifft und die Büros vom
Premierminister der palästinensischen Autonomiebehörde, Ismail Haniyeh,
zerstört, dann benutzen die Palästinenser ihre Raketen, um dadurch zu
zeigen, dass sie die militärische Stärke besitzen, ein Gegengewicht zu
liefern.
Die Bedeutung des Raketenangriffs vom Dienstag liegt für Israel darin, dass
die gegenwärtige Kriegsrunde –in der Hamas die Kontrolle über die Straße
insbesondere im Gazastreifen aufrecht hält- eine harte werden wird. Denn im
Lauf der Zeit haben sich die Palästinenser mit vielen Waffen und Raketen
versorgt. Eine weitere Schwierigkeit für Israel besteht in der Existenz
vielfältiger palästinensischer Gruppen –inklusive "Piraten"gruppen-, die
nicht immer in Kontakt miteinander stehen, und in der Existenz wetteifernder
Führer innerhalb der Hamas selbst.
Während der vergangenen Woche haben israelische Führungskräfte wiederholt
damit gedroht, was die Palästinenser zu erwarten haben, sollten sie den
entführten Soldaten Gil’ad Schalit nicht freilassen. Es ist klar, dass das
Problem nicht nur länger auf die Frage begrenzt ist, wie man Schalits Leben
retten kann. Sondern es ist eine direkte Konfrontation mit der Hamas und
weiteren palästinensischen Organisationen und deren Unterstützer in der
palästinensischen Öffentlichkeit.
Die Hamas hat ihren Vorstoß verstärkt und Israel bleibt kaum eine andere
Möglichkeit, als sich mit dieser Bedrohung auseinanderzusetzen so wie es
jedes andere Land dieser Welt mit Sicherheit auch tun würde. Israel befindet
sich in einer komplizierten Lage. Es muss wählen zwischen der Zustimmung zu
einem Gefangenenaustausch, dem Austausch militärischer Schläge mit den
Palästinensern –ein Austausch, der Israel nirgendwohin führen wird- und der
Verstärkung seiner Offensive, um die Hamasregierung zu stürzen. Israel wird
wahrscheinlich die letztgenannte Option wählen.
Wie auch immer Israel entscheiden wird, es muss gründlich über eine
Auswegstrategie nachdenken, auch wenn es in seinem Krieg gegen den Terror
ein solches Konzept im Allgemeinen nicht in Betracht zieht. Es ist auch
klar, dass Israel auf große Schwierigkeiten treffen wird, der Welt seine
Position zu erklären. Es ist überhaupt nicht sicher, dass Israel hier die
Oberhand behält, obwohl es einer Terrororganisation gegenübersteht, die zur
Zerstörung Israels aufruft.
hagalil.com 05-07-2006 |