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Ein Gespräch mit Hael al-Fahoum:
"Wie zwischen Blinden"

Hael Al-Fahoum löste zu Beginn dieses Jahres den langjährigen Generaldelegierten Palästinas für Deutschland, Abdallah Frangi, ab. Vor seiner Berufung war er stellvertretender Vorsitzender des Finanz- und Investmentausschusses im Präsidentenbüro der Palästinensischen Autonomiebehörde. Er hat an der Hebräischen Universität Jerusalem und der Sorbonne in Paris studiert. Er ist Mitglied der PLO und leitete während ihres Exils der PLO in Tunis ihr Büro für europäische Angelegenheiten.

Jungle World 27 v. 05.07.2006

Wie sehen Sie die Lage in Gaza?

Als katastrophal und chaotisch, und zwar nicht nur in Gaza, sondern auch in der Westbank. Das ist nicht nur unsere Ansicht, das bestätigen auch die Berichte der internationalen Presseagenturen. Wir stehen vor einer neuen Welle der Destabilisierung und der Gewalt in der ganzen Region – ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, an dem Präsident Mahmoud Abbas alle Anstrengungen unternommen hat, um alle palästinensischen Kräfte zu einer gemeinsamen, dem Völkerrecht und den internationalen Resolutionen entsprechenden Zwei-Staaten-Lösung zu verpflichten.

Die israelische Militäroperation unterläuft diesen Prozess und behindert zudem die palästinensischen und internationalen Bemühungen zur Freilassung des entführten israelischen Soldaten. Dass Brücken, Universitäten, der Flughafen und das Elektrizitätswerk zerstört werden, dass die Versorgung der palästinensischen Bevölkerung mit Nahrung, Wasser und Strom unterbunden wird – all das stürzt die Region ins Chaos und erschwert die Suche nach Lösungen.

Wer ist daran interessiert, die Lage zu eskalieren?

Nicht die Mehrheit der Menschen. 78 Prozent der palästinensischen Bevölkerung unterstützen Verhandlungen und befürworten eine Zwei-Staaten-Lösung, die den Palästinensern die volle Souveränität und den Israelis Sicherheit garantiert. Ebenso befürworten 68 bis 70 Prozent der Israelis einen Ausgleich. Allerdings haben bestimmte Kräfte in den israelischen Institutionen kein Interesse an einer Verhandlungslösung und versuchen, den Palästinensern eine einseitige Lösung aufzuzwingen. Ohne eine Zustimmung der Palästinenser aber wird es keine Lösung des Konflikts geben.

Sind es nicht Kräfte auf der palästinensischen Seite, die keinen Ausgleich wollen? Und sind diese nicht für die Entführung eines israelischen Soldaten und die jetzige Eskalation verantwortlich?

Diese Leute handeln meines Erachtens den palästinensischen Interessen zuwider. Aber solche Kräfte gibt es auf beiden Seiten. Sie sind in der Minderheit, aber sie arbeiten daran, eine friedliche Lösung zu verhindern und jeden Versuch eines Kompromisses zu sabotieren.

Wie kommen Sie darauf, dass es sich bei diesen Kräften nur um Minderheiten handelt? Immerhin ist die Hamas aus den letzten Wahlen als stärkste Partei hervorgegangen. Und sie verkündet, dass ihre Zustimmung zum so genannten Gefangenenpapier nicht bedeute, dass sie ihr Ziel, die Zerstörung Israels, aufgeben werde.

Bei dieser Diskussion wird eine Tatsache immer vergessen, nämlich dass die palästinensische Bevölkerung seit fast vierzig Jahren unter einer Besatzung lebt, dass wir unserer Souveränität beraubt sind, dass wir nicht in der Lage sind, unsere Angelegenheiten selbst zu regeln. Die Menschen sind frustriert, sie leiden unter der israelischen Unterdrückung. Unter diesen Bedingungen ist es manchmal schwierig, Menschen zu vernünftigem Handeln zu bewegen.

Daher liegt es an Israel, die Initiative zu ergreifen. Israel ist die stärkste Militärmacht in der Region, die Israelis dominieren unseren Alltag und bestimmen unser Leben und Denken. Es ist die Besatzung, die manche Menschen dazu verleitet, in einer falschen Weise zu reagieren.

Nähern sich wegen der israelischen Militär­operation die Fatah und die Hamas wieder an? Zuletzt war das Verhältnis zwischen beiden sehr angespannt.

Wie ich schon gesagt habe, Präsident Abbas erreichte aufgrund seines Engagements eine Verständigung zwischen allen palästinensischen Parteien, inklusive der palästinensischen Autorität. Gemeinsam einigte man sich auf die Zwei-Staaten-Lösung und verpflichtete sich zu Verhandlungen mit Israel unter der Führung der PLO, die die einzige legitime Vertreterin des palästinensischen Volkes ist. Jedoch können Verhandlungen nur stattfinden, wenn Israel dazu bereit ist. Die Militäroperation zerstört alle Erfolge, die Präsident Abbas in dieser Richtung erzielt hat.

Wenn die Mehrheit der Palästinenser eine friedliche Lösung will, müsste es doch Proteste gegen Angriffe mit Kassam-Raketen auf israelisches Territorium oder gegen die Entführung geben. Warum gibt es sie in der palästinensischen Bevölkerung nicht?

Ich glaube, Sie übersehen die Erklärungen, die mich jeden Tag erreichen. Es sind hunderte von Briefen und Artikeln aus den palästinensischen Gebieten, die das Vorgehen gegen israelische Zivilisten kritisieren und dazu auffordern, die Situation zu beruhigen und zu den Verhandlungen zurückzukehren.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Ich habe selbst eine Presseerklärung verfasst, in der ich geschrieben habe, dass wir unsere Werte nicht aufgeben dürfen. Aktionen gegen Zivilisten verstoßen nicht nur gegen unsere Interessen, sondern auch gegen unsere Werte als Araber und Palästinenser. Ich habe Anschläge auf Zivilisten immer entschieden verurteilt. Gleichzeitig müssen wir die israelischen Operationen gegen palästinensische Zivilisten ebenso verurteilen. Jeden Tag werden Zivilisten durch israelische Bomben getötet, mehr als 10 000 Palästinenser, darunter mehrere hundert Frauen und Kinder, sitzen in israelischen Gefängnissen.

Die Israelis haben das Heft in der Hand. Die Palästinenser reagieren nur. Selbst wenn die Palästinenser ihren Widerstand gegen die Besatzung einstellen, fährt die israelische Armee damit fort, palästinensische Führer zu töten. Und die jetzige Operation ist besonders provokativ. Ich glaube, die Israelis wollen die Palästinenser zu Hand­lungen provozieren, die gegen die Road Map und die Beschlüsse des UN-Sicherheitsrates verstoßen.

Wie kommt man zum Friedensprozess zurück?

Es ist ein Konflikt zwischen zwei Blinden. Die palästinensische Seite ist durch Hoffnungslosigkeit und Frustration geblendet. Wir verlieren die Hoffnung auf ein normales Leben für uns, für unsere Kinder; wir verlieren die Hoffnung, unsere Wirtschaft entwickeln, unsere Institutionen aufbauen und eine demokratische Gesellschaft errichten zu können. Die Hoffnungslosigkeit macht uns blind. Aber auch die andere Seite ist blind, und zwar blind durch Arroganz.

Daher braucht es einen sehenden Dritten. Zum Beispiel könnte das Deutschland sein, das eine große Freundschaft zu Israel pflegt, aber auch den Palästinensern eng verbunden ist. Eine solche Partei – auch die Europäische Union, die USA oder Russland – wird dringend gebraucht, damit sie uns und den Israelis einen Weg zeigt, der den Palästinensern eine vollständige Souveränität in den Grenzen von 1967 und den Israelis Sicherheit bringt. Dann könnten beide Seiten zu Frieden und Entwicklung beitragen, nicht nur im Nahen Osten, sondern in der ganzen Welt.

Interview: Stefan Wirner / Deniz Yücel

hagalil.com 11-07-2006

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