
Intifada im Klassenzimmer:
Bühne unterm Palituch
Ein Berliner Jugendtheater betreibt
antiisraelische Propaganda. Kein Grund für den Senat, es nicht zu fördern.
Von Patrick Neu
Jungle World 21 v.
24.05.2006
Integrationsprojekte werden in Berlin vor allem dann gerne
mit öffentlichen Mitteln gefördert, wenn sie es als ihr Vorhaben bezeichnen,
Vorurteile abzubauen und ein besseres Miteinander zu fördern. Ein solches
Projekt ist das Berliner "Jugendtheater für Frieden und Gerechtigkeit –
gegen Antisemitismus und Islamophobie". Vom Beauftragten des Senats für
Integration und Migration, Günter Piening, wurde die Theatergruppe, die zum
Verein "Olle Burg", einer Kinder- und Jugendeinrichtung des Bezirks Moabit,
gehört, in das Programm gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und
Antisemitismus aufgenommen.
Das nächste Projekt der Gruppe soll ein Bühnenstück über das Leben der
Shoah-Überlebenden und amerikanisch-jüdischen Friedensaktivistin Hedy
Epstein sein. Das klingt erst einmal gut. Wenn man das Wirken der
Theatergruppe kennt, liegt jedoch der Verdacht nahe, dass die Entscheidung,
ein Stück über Epstein aufzuführen, damit zu tun haben könnte, dass diese
immer wieder zweifelhafte Vergleiche zwischen Israel und Nazi-Deutschland
zieht.
Denn im vergangenen Jahr führte die Gruppe das Stück "Intifada im
Klassenzimmer!?" auf. Darin werden Vergleiche zum Nationalsozialismus und
zur Shoah angestellt, um die Situation von Arabern und Moslems in
Deutschland und die der Palästinenser darzustellen. Bilder aus
Vernichtungslagern werden auf eine Leinwand hinter der Bühne projiziert. Es
fallen Sätze wie: "Panzer im heiligen Land, dann sprengen sich die Menschen
in die Luft."
Dass diese Darstellungen wohl auch den Überzeugungen der 13- bis 20jährigen
Schauspieler entsprechen, machte die Aussage eines der Jugendlichen nach
einer der Vorführungen deutlich: "Früher wurden die Juden vergast. Okay,
schlimm. Aber jetzt machen sie das gleiche in Palästina, nicht alle Juden,
aber die Israelis."
Die Texte des Stücks stammen von Ahmed Shah, dem künstlerischen Leiter des
Projekts. Der Aktivist der Organisation Linksruck hat auch einen Beitrag für
den Sammelband "Israel und der palästinensische Befreiungskampf" verfasst.
Darin nennt er die Palästinenser "Opfer des Imperialismus", die "durch
Gewalt zionistischer Terrororganisationen und in Komplizenschaft mit der
größten imperialistischen Macht der Welt, den USA, aus ihrer Heimat
vertrieben" worden seien. Dass er sich in seinen Ausführungen davon
distanziert, "einen Vergleich einiger Gräueltaten des israelischen Staates
mit den Handlungen der Nazis anzustrengen", wirkt vordergründig. Der
jüdischen Bevölkerung spricht er zwar großzügig das Existenzrecht zu. Doch
seine Ablehnung des jüdischen Staates Israel kann er nur schwer verbergen.
Der israelische Staat sei ein "zionistischer, d.h. rein jüdischer, der auf
der Verschmelzung von Religion und Staat beruht, diesen als Heimstätte aller
Juden weltweit versteht und allen Juden volle Staatsbürgerrechte garantiert,
zugleich aber Palästinensern, die dort geboren sind, ihr Rückkehrrecht
versagt".
Die Berliner Zeitungen berichteten voller Begeisterung über das Stück. Auf
der Website des DGB Berlin-Brandenburg wurde es als "schonungslos, offen,
teils auch schockierend, auf jeden Fall ehrlich" gelobt. Es wurde mit dem
Jugendpreis "Goldener Alex 2005" der SPD ausgezeichnet. Zudem hat die Gruppe
den "Dreikönigspreis für Integration" des Diözesenrats Berlin erhalten.
Bei den Proben für das Stück wurde die Truppe von einem Filmteam begleitet.
Im daraus entstandenen Dokumentarfilm "21 Moabit – The Making of Intifada
im Klassenzimmer" kann man dann unter anderem sehen, wie der mit einem
Palituch bekleidete Shah und seine Schützlinge, etliche von ihnen mit
Palästinensertuch-Halsketten ausgestattet, auf dem Gelände der Gedenkstätte
Auschwitz herumspazieren.
Im Juni soll das Stück in der Berliner Kulturfabrik Lehrter Straße und im
Fez Wuhlheide gespielt werden.
hagalil.com
26-06-2006 |