Israelische Neonazis:
Hakenkreuze in Synagoge bei Tel Aviv
Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem
In der Nacht zum Donnerstag, während in Israel noch der
Unabhängigkeitstag gefeiert wurde, sprühten unbekannte Täter in der großen
Synagoge von Petach Tikwa, östlich von Tel Aviv, Hakenkreuze und den Namen
"Hitler" auf die Marmorsäulen, den Torah-Schrank und heilige Bücher. Im
Laufe des Donnerstags verurteilte Oberrabbiner Jonah Metzger die
Schmierereien. Die Polizei vermutete gemäß Rundfunkberichten zunächst, dass
es sich um Mitglieder der Satanssekte handle, eine kleine Gruppe von
Fanatikern, die schon grausame Morde verübt hat und über die ansonsten nur
wenig bekannt ist.
Inzwischen ist die Polizei nicht einmal sicher, ob die Schmähung der
Synagoge von einer Gruppe oder nur von einem Täter verübt worden war.
Inzwischen ist die Rede von "Neonazis" als mögliche Täter.
Auf den Fußboden war der Name einer in Israel völlig unbekannten deutschen
Pop-Gruppe, "Rammstein" (in der Synagoge mit einem "SS" geschrieben) in
schwarzer Farbe gesprüht. Gemäß einem Fernsehbericht vom Freitag Abend stehe
diese Gruppe "Neo-Nazi-Kreisen" nahe.
Da alle Tora-Rollen geschändet und auf den Boden geworfen waren, zogen es
die am Morgen angekommenen Betenden, darunter auch Holocaustüberlebende,
vor, ihr Frühgebet im Freien zu verrichten, "denn wo wir hinschauten, sahen
wir Hakenkreuze, christliche Kreuze und den Namen Hitler".
Neonazis sind in Israel als organisierte Gruppe unbekannt. Aber vor einem
Jahr wurde ein aus Russland stammender Soldat mit einem eintätowierten
Hakenkreuz am Arm entdeckt. Er lebte in der Siedlung Ariel in den besetzten
Gebieten und behauptete, dass er Juden hasse. Die Ermittlungen der Polizei
wurden nie veröffentlicht. Der Ermittler Haim Fadlon sagte nur: "Es läuft
einem da kalt den Rücken runter. Offenbar leben hier im Lande Leute die per
Internet-Chat über Nazi-Rituale diskutieren und darüber reden, die Juden
auszulöschen." Im Mai 2005 meldete die Zeitung Maariv, eine Gruppe von 20
Neonazis aufgedeckt zu haben. Doch die Polizei war unschlüssig, wie sie
gegen die Gruppierung vorgehen sollte, weil es in Israel keine Gesetze gibt,
die eine Verbreitung von Nazi-Gedankentum verbieten.
Schon vor zwei Jahren berichtete der Haaretz von einer Homepage israelischer
Neonazis im Internet unter dem Titel "Die weiße israelische Union". Die "gut
organisierte Seite" sei in russischer Sprache verfasst und enthielt eine
Hitlerabbildung in israelischer Militäruniform. Der Staatsanwalt leitete
eine kriminelle Untersuchung gegen die Betreiber der Homepage ein.
In den Jahren 2002 bis 2003 wurden mindestens 500 antisemitische Vorfälle in
Israel registriert, darunter Schmierereien in Synagogen und Vandalismus auf
jüdischen Friedhöfen, die Einwanderern aus den GUS Ländern zugeschrieben
wurden. |